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Kleben mit DNA

Forscher aus Harvard haben eine ungewöhnliche Anwendung für DNA gefunden, den Träger der Erbinformation: Sie verwenden das Biomolekül als Klebstoff, um winzige Würfel zu verbinden. Selbst wie sich die Mikrowürfel miteinander verbinden, lässt sich mithilfe der DNA genau vorherbestimmen. Der DNA-Klebstoff kann sozusagen programmiert werden. Auf diese Weise könnten in Zukunft Zellen zu einem Gewebe zusammengesetzt werden.

Von Michael Böddeker | 18.09.2013
    Vier Buchstaben gibt es im genetischen Alphabet der DNA: T, A, G und C. Diese Basen sind die Bausteine der DNA. Und immer verbindet sich A mit T, während sich jedes C an ein G bindet. So funktioniert es seit Milliarden Jahren in jeder lebenden Zelle. Auf diese Weise sind die beiden Stränge der DNA-Doppelhelix miteinander verbunden.

    Ali Khademhosseini von der Harvard Medical School in Boston wollte etwas anderes miteinander verbinden: winzige Würfel aus Hydrogel.

    "Hydrogele kann man am besten mit Wackelpudding vergleichen. Sie bestehen hauptsächlich aus Wasser und werden von einem Netzwerk aus Polymeren zusammengehalten. Das Material hat so ähnliche Eigenschaften wie unsere Körper. Die bestehen auch vor allem aus Wasser."

    Die winzigen Gelwürfelchen im Labor des Bioingenieurs sind in der Größenordnung von menschlichen Zellen. An den Seitenflächen der Würfel hatten die Forscher lange DNA-Stränge verankert. Die dienten als Klebstoff.

    "Die Würfel schwimmen in einer Lösung. Und wenn darin ein Würfel zufällig auf einen anderen trifft, der eine klebrige Oberfläche hat, dann bleiben die beiden aneinander kleben - wenn sie darauf programmiert sind."

    Diese Programmierung funktioniert über die DNA-Sequenz - also die Abfolge der genetischen Buchstaben. Sie bestimmt, welcher Würfel an welchem anderen Würfel festklebt. Nur bestimmte vorher genau definierte DNA-Sequenzen verbinden sich miteinander - nämlich die mit den zueinanderpassenden Basen. Dafür gibt es unzählige Möglichkeiten: Mehrere Würfel hintereinander wie in einer Kette, Paare aus jeweils zwei verschiedenen Würfeln, Strukturen, die wie ein "T" aussehen ...

    "Wir können im Prinzip jedes beliebige Gebilde herstellen. Dafür müssen wir nur die verschiedenen Seiten unserer kleinen Bauklötzchen entsprechend programmieren. So können wir aus dem Gel alle möglichen Strukturen machen."

    Die kleinen Gelblöcke haben so ähnliche Eigenschaften wie die Matrix, die im menschlichen Körper die Zellen umschließt. Deshalb kann man auch im Gel verschiedene Zellen einschließen. Ali Khademhosseini und seine Kollegen wollen so in Zukunft im Labor Zellen im Gel miteinander in Verbindung bringen.

    "Wir haben am Anfang verschiedene Zellen in diesen kleinen würfelförmigen Bauklötzchen - zum Beispiel Zellen für Blutgefäße und Zellen für den Herzmuskel. Die bringen wir dann mit unserem programmierbaren Klebstoff in unmittelbare Nähe zueinander. Und ab da erledigen die Zellen den Rest der Arbeit. Sie erkennen ihre Umgebung, verbinden sich miteinander und bilden ein Gewebe. Solche künstlich hergestellten Gewebe könnte man dann für Medikamententests verwenden, oder sogar zum Transplantieren."

    Um noch präziser genau die richtigen Bauklötze aneinander zu binden, haben die Forscher auch schon mit anderen Verfahren experimentiert, statt die Gelwürfelchen einfach nur in einer Lösung herumschwimmen zu lassen, bis sie zufällig aufeinandertreffen.

    "Man könnte die kleinen Gelwürfel auch mit einem 3-D-Drucker in unmittelbare Nähe zueinander bringen. Und sobald sie sich nahe sind, setzen sie sich von allein zur gewünschten Struktur zusammen."

    Doch bis eines Tages ganze Gewebe oder Organe aus dem 3-D-Drucker kommen, zusammengeklebt mit DNA, werde es wohl noch eine Weile dauern, sagt Ali Khademhosseini.

    " Wir machen zwar große Fortschritte. Der Heilige Gral wäre es, einmal ein komplettes menschliches Herz im Labor künstlich herzustellen. Aber davon sind wir sicher noch ein paar Jahrzehnte entfernt." "