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Kleckern statt Klotzen

Die Hersteller von Waschmitteln und Reinigern lassen sich in ihrem Kampf gegen Flecken und Dreck auf die Kooperation mit echten Schmutzfinken ein. Externe Testlabors testen das Können der Saubermacher mit besonders hartnäckigen Sudeleien, deren Zusammensetzung sie streng geheim halten.

Von Nils Ehrenberg | 27.07.2011
    "Wir können den Schmutz nicht aus unserer Welt verbannen."

    Und das ist auch ganz gut so, denn immerhin verdient Thomas Leucht damit sein Geld. Seit zehn Jahren leitet er das Prüflabor Weber & Leucht im hessischen Fulda. Hersteller von Fleckensalzen, Vollwaschmitteln, Badreinigern und Autopolituren lassen hier testen, ob die eigenen Produkte halten, was sie den Kunden versprechen: strahlend weiße Wäsche und glänzende Oberflächen.

    "Waschmittel werden ständig weiterentwickelt. Der Kunde schickt dann eben seine neue Waschmittelrezeptur, sein neues Produkt zu uns ins Labor. Wir klären dann die Details auch ab und beginnen dann, die Textilien zunächst anzuschmutzen, zu waschen und dann auch die Reinigungsleistung zu bewerten. So wie man es sich in jedem Labor üblicherweise vorstellen kann. Es gibt eine Probe, einen Auftrag, das Abarbeiten und dann einen Bericht."

    In den Laboren am Stadtrand von Fulda herrscht strikte Arbeitsteilung. Ein Raum steht voll mit laufenden Waschmaschinen, in einem anderen simulieren Bewitterungsgeräte Sonnenlicht und Regen. Im dritten Raum schließlich, dem Schmutzlabor, wird vollautomatisch gekleckert, befleckt und dreckig gemacht, was das Zeug hält. Am Linearwischprüfstand zum Beispiel bewegt sich ein mechanischer Schlitten in einem Metallrahmen hin und her und verschmutzt dabei nach und nach eine Fliese. Und in einer anderen Ecke dreht sich eine motorisierte Stange um sich selbst:

    "Dieser Prüfstand dient dazu, die Flecksubstanzen in Textilien einzureiben. Sie sehen hier ein Stempelkissen, dieses Stempelkissen wird mit einem Schmutz versehen und dann gewährleistet ein definierter Anpressdruck und auch eine Umdrehungsgeschwindigkeit dieses Kissens letzten Endes das mechanische Eintragen des Schmutzes."

    Dass sich bei Weber & Leucht nur die Maschinen und nicht die Mitarbeiter dreckig machen, hat einen einfachen Grund. Alle Testverfahren sind nach DIN und ISO genormt, müssen also einem definierten Standard genügen, der sich nur ohne den Unsicherheitsfaktor Mensch realisieren lässt. Alle Maschinen sind allerdings so konzipiert, dass sie menschliche Bewegungen wie zum Beispiel das verzweifelte Herumreiben an einem Hemdfleck möglichst realistisch nachbilden.

    "Dies bezeichnen wir deswegen bei uns auch gerne als Realschmutz."

    Die normgerecht UND realistisch verschmutzten Stoffe landen dann in einer der vielen Waschmaschinen. Jetzt schlägt die große Stunde des Testwaschmittels. Auch in der Trommel ist natürlich alles genormt, selbst die Wasserqualität wurde dank eigener Wasseraufbereitung voreingestellt. Schließlich werten die Mitarbeiter die Testwäsche aus.

    "Viele Verschmutzungen gerade auf Textilien erkennt man nicht bei allen Lichtsituationen. Deshalb simulieren wir hier in dieser Lichtkabine zunächst mal unterschiedliche Lichtarten. Das reicht vom Tageslicht bis zum Neonlicht, das man in Büroräumen kennt, aber auch zum UV-Licht, wenn es zum Beispiel um den Weißgrad von Textilien geht. Und man sieht hier schon sehr deutlich, dass sich also diese Verschmutzungen unter verschiedenen Lichtsituationen unterschiedlich darstellen. Es gibt auch Verschmutzungen, die erkennt man zum Beispiel im Tageslicht überhaupt nicht, aber im Neonlicht, wenn man also im Büro sitzt, wär das zum Beispiel gut erkennbar."

    Am Ende steht dann der Abschlussbericht. Die wichtigste Information für den Hersteller eines Waschmittels ist dabei meist nur eine Zahl.

    "Die Reinigungsleistung wird dann sehr genau ausgedrückt in Prozent, nämlich wie viel Prozent Verschmutzungsanteil war zum Beispiel ein Waschmittel oder ein Reinigungsmittel in der Lage von der Oberfläche zu entfernen."

    Doch ein vollständig entfernter Soßenfleck gibt noch lange keine Eins im Zeugnis. Denn für eine gute Endnote muss ein Waschmittel mit jeder nur denkbaren Art von Schmutz fertig werden.

    "Zurzeit greifen wir auf circa 60 verschiedene Testschmutze zurück", "

    sagt Thomas Leucht. Zur Palette gehören zum Beispiel Tee, verschiedene Fruchtsäfte, exotische Gewürze wie Safran, Baumharz und Pollen. Doch man kann nicht alles, was Flecken macht, einfach im Laden kaufen. So ist häufig Kreativität gefragt. Pollen zum Beispiel bezieht Thomas Leucht von einem Imker, Blut bekommt er im Schlachthaus, und beim Taubenzüchterverein gibt es:

    " "Vogelkot."

    Diese besonders bei Auto- und Markisenbesitzern gefürchtete, aggressive Verschmutzung konnte Thomas Leucht nach langwierigen Analysen schließlich sogar im Labor nachmischen. Bei der Frage nach der genauen Rezeptur von Vogelkot hält er sich allerdings bedeckt.

    "Wenn man den Aufwand der Entstehung eines solchen Testschmutzes betrachtet und da auch Entwicklungszeiten von einem halben bis zu einem ganzen Jahr die Regel sind, dann kann man sich natürlich auch vorstellen, dass die Rezepturen der jeweiligen Testschmutze Firmengeheimnis sind und wir auch sehr sorgsam mit diesen Informationen umgehen."