Am Anfang war – der Airbag.
"Wir haben hier einen Sensor für Air-Bags der ersten Generation. Der Air-Bag braucht ja Sinnesorgane, um den Crash aufzunehmen. Und das macht eben die Sensorik."
Dr. Jiri Marek hält ein kleines Blechkästchen nach oben – ein Air-Bag-Sensor der ersten Generation, gebaut Anfang der 90er Jahre: In dem Blechkästchen befindet sich ein frei schwebender Stift. Bei einem Aufprall bewegt sich der Stift aufgrund seiner Trägheit schnell nach vorne, betätigt einen Schalter – und der löst den Air-Bag aus.
"Und wir haben dann diese Technik, die Mikro-Sensorik, entwickelt, um das Ganze viel kleiner zu machen, trotzdem noch sehr reproduzierbar und von der Qualität und Zuverlässigkeit sehr gut. Ein solcher Sensor ist dann in einem Kunststoffgehäuse und hat eine Größe von zwei oder drei Mal fünf Millimeter."
Vom Prinzip her funktioniert der Mikro-Prozessor, der den Air-Bag auslöst, so ähnlich wie sein "großer Bruder": Wiederum wirkt ein träges Masseteilchen, das beim Aufprall nach vorne schwingt, als eine Art Schalter. Allerdings: Die Mikro-Sensoren aus Reutlingen sind auf Halbleiterbasis aufgebaut – als kleine Chips auf einer Platine. Statt eines trägen Stiftes werden winzig Härchen verwendet; die sogenannte seismische Masse. Marek:
"Die ist an Federn aufgehängt, sehr klein, sehr winzig. Wenn ein Crash passiert, dann haben wir natürlich eine Trägheit. Die Masse bewegt sich, wird ausgelenkt. An diesen Federn wird sie dann entsprechend gehalten. Dann haben wir noch sehr kleine Fingerchen an der Struktur, so dass wir kapazitiv diese Auslenkung messen können."
Das Sensorelement wirkt wie ein elektrischer Kondensator, der eine Ladung aufnimmt. Durch die Auslenkung der winzigen "seismischen Masse" verändert sich die Aufnahmekapazität des Kondensators. Ein Bordrechner kann daraus die Auslenkung und damit die Wucht des Aufpralls berechnen. Danach entscheidet der Rechner, ob der Airbag ausgelöst wird oder nicht. Die fadenähnliche "seismische Masse’" ist dabei gerade mal 50 Mikrometer dick, also etwa zwei- bis drei Mal so stark wie ein menschliches Haar. Die Tragstrukturen sind ungleich feiner. Herauszufinden, wie aus solch winzigen Bauelementen Sensoren gebaut werden können, ist eines der Verdienste der Reutlinger Forscher. Ein anderer besteht darin, abseits des Airbags Mikrosensoren für weitere Anwendungen zu entwickeln, zum Beispiel für GPS-Navigationssysteme. Dr. Frank Melzner von Bosch Sensortec:
"Denn der GPS hat eine relativ geringe Auflösung, vielleicht fünf Meter in der Höhe, unser Drucksensor ein Viertel Meter. Schöne Situation beim Fahren bei manchen GPS-Systemen: Wir haben zwei parallele Straßen, die eine geht hoch, die andere runter. Des GPS kann die Höhe nicht richtig erkennen, kann auch nicht genau erkennen, auf welcher Fahrspur sie sind, zeigt die Höhe falsch an. Der Drucksensor kann erkennen: Sie sind hoch- oder runtergefahren. Sie sind jetzt im Tunnel oder auf der Brücke und bringt sie dann wieder auf die richtige Strasse."
Gerade in der Automobiltechnik ergeben sich eine Fülle von weiteren Einsatzmöglichkeiten für die Mikro-Sensoren aus Reutlingen: Sie messen den Ansaugdruck im Motor; die Daten sorgen für eine optimale Verbrennung und damit für geringeren Schadstoffausstoß. Oder sie überprüfen den Luftdruck im Inneren eines Reifens.
Die Mikrosensoren aus Reutlingen revolutionieren auch die Kommunikations- und Unterhaltungs-Elektronik. Sie machen Handys intelligent, denn sie analysieren die Richtung, aus der die Schwerkraft auf das Mobiltelefon wirkt. Je nach dem, ob es hochkant oder quer genutzt wird, richtet sich automatisch das Display danach aus. Andere Mikro-Sensoren schützen die Festplatten von Notebooks. Dr. Frank Melzner von Bosch Sensortec:
"Dort misst ein Beschleunigungssensor den freien Fall. Ist keine Schwerkraft mehr auf dem Laptop, dann ist ein freier Fall: Also der Laptop fällt herunter. Und der Sensor sendet ein Signal. Und innerhalb von 10, 20 Millisekunden wird die Festplatte abgeschaltet. Das heißt: Wenn der Laptop auf dem Boden aufkommt, ist der Laptop abgeschaltet und der Datenverlust vermieden."
Gerade die Anforderungen der Kommunikations- und Unterhaltungselektronik spornen die Reutlinger Tüftler dazu an, die Sensoren immer noch kleiner zu planen und zu bauen – mit Erfolg, so Michael Offenberg aus dem Reutlinger Forscher-Team:
"Als wir angefangen haben mit der Mikrosystemtechnik für Automobilanwendungen, waren die Sensoren etwa so groß wie ein Daumennagel. Und wir haben jetzt die Sensoren für die Consumer-Anwendungen noch deutlich verkleinert, so dass wir hier einen Sensor mit etwa Stecknadelgröße haben, der in diese Anwendungen hinein passt."
Die Mikro-Sensoren sind für Bosch zu einem einträglichen Geschäft geworden. Jährlich werden in Reutlingen 200 Millionen dieser Sensoren hergestellt. Tendenz: steigend. Zurzeit wird ein neues Halbleiter-Produktionszentrum gebaut. Dort sollen 800 neue Arbeitsplätze entstehen.
"Wir haben hier einen Sensor für Air-Bags der ersten Generation. Der Air-Bag braucht ja Sinnesorgane, um den Crash aufzunehmen. Und das macht eben die Sensorik."
Dr. Jiri Marek hält ein kleines Blechkästchen nach oben – ein Air-Bag-Sensor der ersten Generation, gebaut Anfang der 90er Jahre: In dem Blechkästchen befindet sich ein frei schwebender Stift. Bei einem Aufprall bewegt sich der Stift aufgrund seiner Trägheit schnell nach vorne, betätigt einen Schalter – und der löst den Air-Bag aus.
"Und wir haben dann diese Technik, die Mikro-Sensorik, entwickelt, um das Ganze viel kleiner zu machen, trotzdem noch sehr reproduzierbar und von der Qualität und Zuverlässigkeit sehr gut. Ein solcher Sensor ist dann in einem Kunststoffgehäuse und hat eine Größe von zwei oder drei Mal fünf Millimeter."
Vom Prinzip her funktioniert der Mikro-Prozessor, der den Air-Bag auslöst, so ähnlich wie sein "großer Bruder": Wiederum wirkt ein träges Masseteilchen, das beim Aufprall nach vorne schwingt, als eine Art Schalter. Allerdings: Die Mikro-Sensoren aus Reutlingen sind auf Halbleiterbasis aufgebaut – als kleine Chips auf einer Platine. Statt eines trägen Stiftes werden winzig Härchen verwendet; die sogenannte seismische Masse. Marek:
"Die ist an Federn aufgehängt, sehr klein, sehr winzig. Wenn ein Crash passiert, dann haben wir natürlich eine Trägheit. Die Masse bewegt sich, wird ausgelenkt. An diesen Federn wird sie dann entsprechend gehalten. Dann haben wir noch sehr kleine Fingerchen an der Struktur, so dass wir kapazitiv diese Auslenkung messen können."
Das Sensorelement wirkt wie ein elektrischer Kondensator, der eine Ladung aufnimmt. Durch die Auslenkung der winzigen "seismischen Masse" verändert sich die Aufnahmekapazität des Kondensators. Ein Bordrechner kann daraus die Auslenkung und damit die Wucht des Aufpralls berechnen. Danach entscheidet der Rechner, ob der Airbag ausgelöst wird oder nicht. Die fadenähnliche "seismische Masse’" ist dabei gerade mal 50 Mikrometer dick, also etwa zwei- bis drei Mal so stark wie ein menschliches Haar. Die Tragstrukturen sind ungleich feiner. Herauszufinden, wie aus solch winzigen Bauelementen Sensoren gebaut werden können, ist eines der Verdienste der Reutlinger Forscher. Ein anderer besteht darin, abseits des Airbags Mikrosensoren für weitere Anwendungen zu entwickeln, zum Beispiel für GPS-Navigationssysteme. Dr. Frank Melzner von Bosch Sensortec:
"Denn der GPS hat eine relativ geringe Auflösung, vielleicht fünf Meter in der Höhe, unser Drucksensor ein Viertel Meter. Schöne Situation beim Fahren bei manchen GPS-Systemen: Wir haben zwei parallele Straßen, die eine geht hoch, die andere runter. Des GPS kann die Höhe nicht richtig erkennen, kann auch nicht genau erkennen, auf welcher Fahrspur sie sind, zeigt die Höhe falsch an. Der Drucksensor kann erkennen: Sie sind hoch- oder runtergefahren. Sie sind jetzt im Tunnel oder auf der Brücke und bringt sie dann wieder auf die richtige Strasse."
Gerade in der Automobiltechnik ergeben sich eine Fülle von weiteren Einsatzmöglichkeiten für die Mikro-Sensoren aus Reutlingen: Sie messen den Ansaugdruck im Motor; die Daten sorgen für eine optimale Verbrennung und damit für geringeren Schadstoffausstoß. Oder sie überprüfen den Luftdruck im Inneren eines Reifens.
Die Mikrosensoren aus Reutlingen revolutionieren auch die Kommunikations- und Unterhaltungs-Elektronik. Sie machen Handys intelligent, denn sie analysieren die Richtung, aus der die Schwerkraft auf das Mobiltelefon wirkt. Je nach dem, ob es hochkant oder quer genutzt wird, richtet sich automatisch das Display danach aus. Andere Mikro-Sensoren schützen die Festplatten von Notebooks. Dr. Frank Melzner von Bosch Sensortec:
"Dort misst ein Beschleunigungssensor den freien Fall. Ist keine Schwerkraft mehr auf dem Laptop, dann ist ein freier Fall: Also der Laptop fällt herunter. Und der Sensor sendet ein Signal. Und innerhalb von 10, 20 Millisekunden wird die Festplatte abgeschaltet. Das heißt: Wenn der Laptop auf dem Boden aufkommt, ist der Laptop abgeschaltet und der Datenverlust vermieden."
Gerade die Anforderungen der Kommunikations- und Unterhaltungselektronik spornen die Reutlinger Tüftler dazu an, die Sensoren immer noch kleiner zu planen und zu bauen – mit Erfolg, so Michael Offenberg aus dem Reutlinger Forscher-Team:
"Als wir angefangen haben mit der Mikrosystemtechnik für Automobilanwendungen, waren die Sensoren etwa so groß wie ein Daumennagel. Und wir haben jetzt die Sensoren für die Consumer-Anwendungen noch deutlich verkleinert, so dass wir hier einen Sensor mit etwa Stecknadelgröße haben, der in diese Anwendungen hinein passt."
Die Mikro-Sensoren sind für Bosch zu einem einträglichen Geschäft geworden. Jährlich werden in Reutlingen 200 Millionen dieser Sensoren hergestellt. Tendenz: steigend. Zurzeit wird ein neues Halbleiter-Produktionszentrum gebaut. Dort sollen 800 neue Arbeitsplätze entstehen.