Hamilton Smith steigt von der Bühne runter und ist sofort von Fans umringt. Eine kleine Japanerin lässt sich mit dem Nobelpreisträger fotografieren. Andere halten ihm Blöcke und Stifte hin und bitten um ein Autogramm. Keine Frage: Hamilton Smith ist ein Superstar in der Wissenschaft. 1978 hat er den Medizin-Nobelpreis bekommen, für die Entdeckung der Restriktionsenzyme. Ende der 90er hat das menschliche Genom mitentschlüsselt. Heute ist Hamilton Smith 79 Jahre alt und arbeitet immer noch - am J. Craig Venter Institute in den USA. Zusammen mit seinen Kollegen hat er gerade das erste künstliche Bakterium geschaffen.
"Was ich gemacht habe? Im Labor gesessen und kleine DNA-Stückchen hergestellt. Und mir dann überlegt, wie wir diese DNA-Stückchen zusammenpuzzeln können."
Genauer gesagt: Er hat ein natürliches Bakteriengenom im Labor nachgebaut, das Erbgut des Bakteriums Mycoplasma mycoides. Anschließend hat er dieses künstliche Erbgut in ein anderes Bakterium transplantiert. Das Ergebnis war eine funktionstüchtiges Mycoplasma-mycoides-Bakterium. Im Stadttheater in Lindau hat Hamilton Smith jeden einzelnen Arbeitsschritt vorgestellt und anschließend mit den Nachwuchswissenschaftlern diskutiert. Darunter auch der Mikrobiologe Reindert Nijland aus den Niederlanden.
"Ich finde es fantastisch, dass sie das geschafft haben, ein Meilenstein in der Biologie. Ich habe seine Arbeit jahrelang verfolgt, all die Veröffentlichungen im Fachmagazin 'Science'. Jetzt treffe ich Hamilton Smith zum ersten Mal, das ist wirklich aufregend. Ich hoffe sehr, dass ich noch persönlich mit ihm sprechen kann."
Eines Tages könnten Forscher maßgeschneiderte Genome im Labor zusammenbauen und Bakterien schaffen, die ganz bestimmte Eigenschaften haben. Sie könnten zum Beispiel Biodiesel synthetisieren oder Wirkstoffe für Medikamente herstellen. Noy Bassik, ein Doktorand aus den USA, ist begeistert.
"Als Mediziner glaube ich schon, dass man Bakterien kreieren kann, die zum Beispiel Krebs bekämpfen können, weil sie Vitamine und Zucker im Körper zu einer Art Chemotherapie machen können. Aber das wird mindestens noch 50 Jahre dauern."
Und bis dahin haben die Forscher noch eine Menge Arbeit vor sich, meint der Niederländer Reindert Nijland.
"Irgendwann wird das passieren, ja. Aber es wird nicht ausreichen, einfach nur Genome zu bauen. Man muss genau wissen, wie genau eine Bakterienzelle funktioniert, und vor allem: wie die Gene zusammenwirken. Wenn man das nicht verstanden hat, wird man nie eine maßgeschneiderte Zelle herstellen können, die auch tatsächlich funktioniert."
Welche Funktion haben die einzelnen Gene überhaupt, und wie beeinflussen sie sich gegenseitig. Das haben noch nicht einmal die Wissenschaftler vom Venter-Institut vollständig durchschaut, gibt Hamilton Smith zu. Der Nobelpreisträger musste sich aber auch die eine oder andere kritische Frage von den Nachwuchsforschern gefallen lassen. Renuka Nayak, Biologie-Doktorandin aus den USA:
"Einer hat gefragt, ob das künstliche Mycoplasma mycoides nicht vielleicht Millionen von Menschen infizieren könnte. Und Hamilton Smith sagte: nun ja, wir haben uns bislang nicht infiziert. Er hat nicht gesagt: nein, es ist nicht möglich, sich damit zu infizieren. Da mache ich mir schon Sorgen. Dass Forscher vielleicht etwas schaffen, das sich dann doch ganz anders verhält, als sie es sich vorgestellt haben."
Eine junge Molekularbiologin aus Barcelona sieht das ähnlich.
"Was, wenn ein Labor wirklich einen Krankheitserreger herstellt. Und dieser Krankheitserreger in die Umwelt gelangt und unser Immunsystem nicht auf ihn eingestellt ist. Im Moment mag es zwar noch nicht möglich sein, hochkomplexe Organismen zu schaffen. Aber wenn wir mit Bakterien anfangen - wer weiß, wo das hinführt."
Über die Risiken müsse man offen diskutieren, fordert sie. Und Hamilton Smith gibt ihr Recht:
"Die Studenten sind sehr intelligent. Die Fragen waren vielseitig und klasse, ich bin ziemlich beeindruckt. Es war sehr gut."
Frage an die Studenten: Hätte Hamilton Smith einen zweiten Nobelpreis verdient? Noy Bassik aus den USA sagt: Für das künstliche Bakterium müsste er dann schon den dritten Nobelpreis bekommen. Den zweiten, den hätte Hamilton Smith für die Entschlüsselung des menschlichen Genoms verdient.
Der Deutschlandfunk berichtet vom 60. Nobelpreisträgertreffen in Lindau
"Was ich gemacht habe? Im Labor gesessen und kleine DNA-Stückchen hergestellt. Und mir dann überlegt, wie wir diese DNA-Stückchen zusammenpuzzeln können."
Genauer gesagt: Er hat ein natürliches Bakteriengenom im Labor nachgebaut, das Erbgut des Bakteriums Mycoplasma mycoides. Anschließend hat er dieses künstliche Erbgut in ein anderes Bakterium transplantiert. Das Ergebnis war eine funktionstüchtiges Mycoplasma-mycoides-Bakterium. Im Stadttheater in Lindau hat Hamilton Smith jeden einzelnen Arbeitsschritt vorgestellt und anschließend mit den Nachwuchswissenschaftlern diskutiert. Darunter auch der Mikrobiologe Reindert Nijland aus den Niederlanden.
"Ich finde es fantastisch, dass sie das geschafft haben, ein Meilenstein in der Biologie. Ich habe seine Arbeit jahrelang verfolgt, all die Veröffentlichungen im Fachmagazin 'Science'. Jetzt treffe ich Hamilton Smith zum ersten Mal, das ist wirklich aufregend. Ich hoffe sehr, dass ich noch persönlich mit ihm sprechen kann."
Eines Tages könnten Forscher maßgeschneiderte Genome im Labor zusammenbauen und Bakterien schaffen, die ganz bestimmte Eigenschaften haben. Sie könnten zum Beispiel Biodiesel synthetisieren oder Wirkstoffe für Medikamente herstellen. Noy Bassik, ein Doktorand aus den USA, ist begeistert.
"Als Mediziner glaube ich schon, dass man Bakterien kreieren kann, die zum Beispiel Krebs bekämpfen können, weil sie Vitamine und Zucker im Körper zu einer Art Chemotherapie machen können. Aber das wird mindestens noch 50 Jahre dauern."
Und bis dahin haben die Forscher noch eine Menge Arbeit vor sich, meint der Niederländer Reindert Nijland.
"Irgendwann wird das passieren, ja. Aber es wird nicht ausreichen, einfach nur Genome zu bauen. Man muss genau wissen, wie genau eine Bakterienzelle funktioniert, und vor allem: wie die Gene zusammenwirken. Wenn man das nicht verstanden hat, wird man nie eine maßgeschneiderte Zelle herstellen können, die auch tatsächlich funktioniert."
Welche Funktion haben die einzelnen Gene überhaupt, und wie beeinflussen sie sich gegenseitig. Das haben noch nicht einmal die Wissenschaftler vom Venter-Institut vollständig durchschaut, gibt Hamilton Smith zu. Der Nobelpreisträger musste sich aber auch die eine oder andere kritische Frage von den Nachwuchsforschern gefallen lassen. Renuka Nayak, Biologie-Doktorandin aus den USA:
"Einer hat gefragt, ob das künstliche Mycoplasma mycoides nicht vielleicht Millionen von Menschen infizieren könnte. Und Hamilton Smith sagte: nun ja, wir haben uns bislang nicht infiziert. Er hat nicht gesagt: nein, es ist nicht möglich, sich damit zu infizieren. Da mache ich mir schon Sorgen. Dass Forscher vielleicht etwas schaffen, das sich dann doch ganz anders verhält, als sie es sich vorgestellt haben."
Eine junge Molekularbiologin aus Barcelona sieht das ähnlich.
"Was, wenn ein Labor wirklich einen Krankheitserreger herstellt. Und dieser Krankheitserreger in die Umwelt gelangt und unser Immunsystem nicht auf ihn eingestellt ist. Im Moment mag es zwar noch nicht möglich sein, hochkomplexe Organismen zu schaffen. Aber wenn wir mit Bakterien anfangen - wer weiß, wo das hinführt."
Über die Risiken müsse man offen diskutieren, fordert sie. Und Hamilton Smith gibt ihr Recht:
"Die Studenten sind sehr intelligent. Die Fragen waren vielseitig und klasse, ich bin ziemlich beeindruckt. Es war sehr gut."
Frage an die Studenten: Hätte Hamilton Smith einen zweiten Nobelpreis verdient? Noy Bassik aus den USA sagt: Für das künstliche Bakterium müsste er dann schon den dritten Nobelpreis bekommen. Den zweiten, den hätte Hamilton Smith für die Entschlüsselung des menschlichen Genoms verdient.
Der Deutschlandfunk berichtet vom 60. Nobelpreisträgertreffen in Lindau