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Kleine Jobs mit großem Aufwand

Minijobber sind in verschiedenen Bereichen der Wirtschaft nicht mehr wegzudenken. Geld übrig haben sie in der Regel nicht, weshalb vermutlich nur wenige freiwillig in die Rentenversicherung einzahlen werden, wie es nun geplant ist.

Von Susanne Grüter | 07.04.2012
    "Morgens, wenn man aufsteht gegen 6 Uhr, hat in der Nacht irgendwann der Fahrer einen Riesenstapel Prospekte, einzeln geschnürt, vor die Türe gestellt. Das heißt erst einmal, diese schweren Pakete reintragen und dann müssen wir sie sortieren. Die Reihenfolge ist vorgegeben von der Firma, die den Auftrag erteilt. Das Vorsortieren dauert cirka 2,5 Stunden. Und dann werden die gleich an die Haushalte verteilt."

    Jeden Samstagmorgen rotiert Brigitta Leuschner zu Hause am großen Esstisch. Meistens hilft ihr ihr Lebensgefährte dabei, mit flinken Handgriffen die verschiedenen Supermarkt-Broschüren zu bündeln und in eine Kiste zu legen. Rund 600 Mal fassen die beiden zu, bevor Brigitta Leuschner die volle Kiste auf einen Handkarren schleppt und ihre Tour startet.

    "Wenden in drei Zügen mit der Fahrradkarre, die jetzt sehr schwer ist. Und ich freue mich immer, wenn es leichter wird so nach und nach, weil man muss das ganze Gewicht hinter sich herziehen beim Laufen.

    Heute ist es ein schöner Frühlingstag, da geht es, aber im Winter, wenn es dann noch dunkel ist und 20 Grad Minus, das ist schon hart.

    Das muss man auch erst einmal raus haben, wo überall Häuser noch sind.

    Man bekommt ein anderes Gefühl zu Prospekten und Briefkästen, ich muss mal gerade ... (Briefkastengeräusch). Hier steht zum Beispiel, dass man sie nicht gefaltet reinwerfen darf. Jeder Briefkasten hat eine andere Vorstellung, wie er gerne die Prospekte haben möchte."

    Seit nunmehr einem Jahr gewinnt Brigitta Leuschner höchst intime Kenntnisse über die Postkästen in einem Kölner Vorort. Dank ihres Minijobs. Die 44-jährige, alleinerziehende Mutter macht das allerdings nicht zum Vergnügen, sondern muss die Haushaltskasse aufbessern. Bekannte hatten sie auf eine Stellenanzeige aufmerksam gemacht. Nach beharrlicher Bewerbung hat es dann mit dem Broschürenaustragen geklappt. Doch die Sache mit dem schnellen Nebenverdienst ist nicht so einfach.

    "Ich habe auch anfangs gedacht, wenn da steht 400-Euro-Job, dass man die 400 Euro kriegt im Monat, nein, man kriegt sie nicht, man kriegt dann fünf bis sechs Euro die Stunde. Und bis 400 Euro zusammenkommen, muss man schon eine Menge Stunden schieben."

    Brigittas Lohn wird nicht pauschal berechnet, sondern hängt von der Menge der ausgeteilten Prospekte ab.

    "Das Erste wird mit 1,75 Cent bezahlt, das Zweite dann, also der zweite Stapel, wird mit 0,75 und ab dem dritten Prospekt sind es 0,25 Cent pro Prospekt. Und man freut sich eigentlich, wenn zehn Prospekte daliegen. Es ist zwar mehr Arbeit zum Sortieren, aber man weiß auch, am Ende des Monats gibt es 20 Euro mehr."

    Wenn es gut läuft, kann sie zwischen 130 und 150 Euro im Monat mit diesem Minijob verdienen. Brigitta Leuschner hat aber noch weitere Einnahmequellen.

    "Das ist einmal mein Hauptberuf als Maskenbildnerin bei einem öffentlich-rechtlichen Sender. Und dann betreue ich ein behindertes Kind und die Prospekte. Ich muss es dem Hauptarbeitgeber mitteilen und um Erlaubnis bitten. Und wenn es erlaubt ist, dann kann ich den Nebenjob ausführen. Ich denke mal, dass es einfach darum geht, dass man nicht im selben Job arbeitet, dass man nicht mit der Konkurrenz dann sozusagen im Bunde ist, artverwandte Berufe dürfte ich nicht ausführen."

    Ohne ihre Nebentätigkeiten käme Brigitta Leuschner nur schwer über die Runden. Der Vorteil der 400-Euro-Jobs: Sie kann das verdiente Geld netto einstecken. Brigitta Leuschner profitiert einerseits davon, andererseits befürchtet sie, dass diese Jobs reguläre Arbeitsstellen verdrängen könnten.

    "Das ganze Gefüge wird ausgehebelt, weil ich bin ja
    festangestellt, zahle da meine Sozialabgaben, aber kein 400-Euro-Jobber zahlt wirklich die Sozialabgaben. Und das ist natürlich für die Firmen, zwei Billiglöhner, also 400-Euro-Jobber sind natürlich um einiges günstiger, als wenn man die ganzen Lohnabgaben abgeben müsste."

    400-Euro-Jobs sind besonders in solchen Branchen gefragt, in denen flexible Arbeitszeiten vorherrschen. Sie sind einerseits beliebt, andererseits gelten sie als schlecht bezahlt, als sogenannte prekäre Beschäftigung. Für Arbeitgeber ist vor allem attraktiv, dass sie Minijobber stundenweise und nach Bedarf einsetzen können.

    "Das Drehwerk ist ein Kulturzentrum oder ein Kulturbetrieb in der Provinz, also mitten in Wachtberg in einem kleinen Ort Adendorf bei Meckenheim. Adendorf hat ungefähr 1.600 Einwohner. Und wir haben uns gedacht, da muss Kultur hin. Und das ist das Drehwerk mit einem kleinen Kino, 45 Sitzplätze, einer Kleinkunstbühne mit bis maximal 70 Plätzen und einem kleinen Bistro-Restaurant."

    Rudi Knorr macht zwei Jobs. Der Mittfünfziger betreibt eine Agentur für Kinowerbung und zusätzlich das Kulturzentrum mit Bistro, ist also freier Unternehmer - und Arbeitgeber.

    "Wenn Sie jetzt zum Beispiel in die Küche schauen, da hatten wir bis vor Kurzem immer nur einen Koch, jetzt haben wir zwei Köche. Die sind sogar Vollzeit beschäftigt, weil wir im Moment einen sehr großen Andrang haben. Zudem haben wir in der Küche natürlich noch Aushilfskräfte zum Beispiel als Spüler oder Zureicher oder kalte Küche. Das sind Minijobber, die wir dann holen, wenn wir die Personen nötig haben. Ähnlich ist es im Servicebereich: Da haben wir zurzeit leider keine Vollzeitkraft, aus dem einfachen Grunde, weil wir keine finden."

    "Laura, machst Du mir bitte einen Kakao mit Sahne und Cappuccino mit aufgeschäumter Milch."

    Auf seine drei Minijobberinnen kann sich Rudi Knorr verlassen. Wenn bei ihm ad hoc der Teufel los ist oder eine Veranstaltung ansteht, greift er zum Telefon und mindestens eine der Aushilfen springt ein.

    "Sie brauchen die Kohle. Da ist jetzt im Moment jemand, die studiert, sie braucht ein bisschen finanzielle Hilfe. Die andere ist eine junge Mutter, der Mann verdient zu wenig. Und die andere, die sagt eben, ich möchte ein bisschen meine Freizeit schön gestalten und mein normales Gehalt reicht dafür nicht aus. Ich möchte schön in den Urlaub fahren. Und da finanziert sie sich eben manchen Urlaub von diesem Nebenjob."

    Als Arbeitgeber muss Rudi Knorr auf jeden Fall seine Minijobber anmelden, auch wenn die selbst nicht sozialversicherungspflichtig sind. Er fahre mit ihnen günstiger als mit Vollzeitkräften, sagt er, aber scharf rechnen müsse er trotzdem.

    "Von den 400 Euro beziehungsweise, wenn sie nur 350 verdienen, wenn sie eben von der Stundenanzahl nicht höher kommen, muss man von diesem Lohn 30 Prozent an die Bundesknappschaft abführen. Das heißt, wenn man beispielsweise einen Lohn hat von 7,50 Euro netto bei einem Minijobber, muss man 30 Prozent draufrechnen. Und dann kommt man schon fast an die 10-Euro-Grenze, das, was wir zahlen."

    Welche Rechte haben geringfügig Beschäftigte? Über diese Frage gibt es zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern immer wieder Meinungsverschiedenheiten. Für Rudi Knorr eine klare Sache:

    "Wir haben eine Minijob-Kraft, die im Büro arbeitet, die hat feste Zeiten, ganz klare, fest umrissene Zeiten, die hat natürlich auch Urlaubsanspruch und auch Krankheitsanspruch. Wenn sie aber immer Minijobber haben, die nur nach Bedarf geholt werden, das heißt, man hat keinen Vertrag für eine feste Stundenanzahl im Monat oder freitags abends musst Du immer da sein, also immer nur dann, wenn man sie braucht, holt man sie, dann gibt es diesen Anspruch nicht."

    So interpretiert Rudi Knorr die Rechtslage. Die Gastronomiebranche ist hart umkämpft, der Konkurrenzdruck enorm. Da kommt es vor, dass gesetzliche Auflagen umgangen werden. So hat es zumindest Brigitta Leuschner einmal erlebt. Bevor sie begonnen hat, Prospekte zu verteilen, hat sie elf Monate lang auf 400-Euro-Basis gekellnert. Ihr Anspruch auf Lohnfortzahlung bei Krankheit wurde ignoriert.

    "Offiziell hat man die Rechte. Das Problem ist nur, dass die Arbeitgeber, die 400-Euro-Jobber beschäftigen, keine Rücksicht darauf nehmen. Während des Kellnerns habe ich im Krankenhaus gelegen für vier Tage. Und ich habe dann meinen Arbeitgeber darauf angesprochen, der hat mich dann für total verrückt erklärt. Und er hat es also komplett verweigert und hat gesagt, wenn ich darauf bestehen würde, könnte ich mir was anderes suchen, dann wäre ich falsch. Er würde mir dann vielleicht das Geld bezahlen, aber dann sollte ich erst mal zum Arbeitsgericht gehen."

    Dann hat sie das Handtuch geworfen und den Prospekt-Job angenommen. Später fiel dann auf, dass der frühere Arbeitgeber sie bei der Knappschaft nicht abgemeldet hatte.

    "Das war mir auch bis dahin neu, dass die natürlich versuchen, so viele 400-Euro-Jobber wie möglich angemeldet zu haben, weil dann können sie einen zum Beispiel mit 800 Euro beschäftigen. Dann arbeiten die schwarz, kriegen das Geld. Und er rechnet es über einen, den er nicht abgemeldet hat, rechnet das dann ab. Die wissen schon alle ganz genau, wie sie es hinkriegen. Wenn ich jetzt zum Beispiel nie wieder in einen 400-Euro-Job gegangen wäre, hätte er munter meinem Namen weiter dafür verwendet, Schwarzarbeiter zu beschäftigen."

    Einer, der solche unlauteren Praktiken kennt und genau weiß, was Arbeitgeber müssen und Arbeitnehmer dürfen, ist Erik Thomsen. Er ist der Leiter der Minijobzentrale der Knappschaft in Essen.

    "Wir betreuen rund sieben Millionen Minijobber und etwa über zwei Millionen Arbeitgeber in Deutschland. Es gibt sicherlich einige schwarze Schafe, was das Thema Minijobs und Anmeldung betrifft. Diese schwarzen Schafe würde es aber auch geben, wenn es keine Minijobs gäbe, weil dann könnte man ja auch jemanden als Teilzeitkraft anmelden und ihm im Nachhinein noch bestimmte Geldbeträge für weitere Tätigkeiten geben. Das ist kein Problem der Minijobs, sondern ein Problem der Ehrlichkeit oder der Steuermoral von Arbeitgebern in Deutschland."

    Täglich werden in der Behörde viele Tausend Anmeldungen, die per Brief kommen, geöffnet und eingescannt. Manche suchen auch Rat bei der Minijobzentrale. Wiederkehrende Frage dabei: Muss der Arbeitgeber grundsätzlich zahlen, wenn der Minijobber krank wird? Antwort: Er muss, aber er kann sich bei der Minijobzentrale 80 Prozent der Lohnkosten wieder zurückholen. Weitere Frage: Was passiert, wenn der Arbeitgeber nicht fristgerecht zahlt? Dann lässt Erik Thomsen automatisch und computergesteuert Mahnschreiben verschicken – etwa 150.000 im Monat.

    "Es sind überwiegend kleinere Arbeitgeber in bestimmten Branchen beispielsweise Reinigungsbranche, die schon mal eher in wirtschaftliche Schwierigkeiten kommen, aber es gibt auch andere Beispiele. Denken Sie aktuell an Schlecker, wo wir auch Gläubiger sind."

    Ein Thema, das Erik Thomsen Sorgenfalten auf die Stirn treibt. Überhaupt, die Zahlungsmoral vieler Betriebe lasse zu wünschen übrig. Wenn Arbeitgeber auch auf Mahnungen nicht reagieren, lässt Thomsen zwangsvollstrecken oder sogar Gewerbeuntersagungsverfahren einleiten. Doch seine große Zukunftsaufgabe sind die privaten Haushalte. Thomsen schätzt, dass noch immer 95 Prozent ihre Haushaltshilfe nicht angemeldet haben und schwarz beschäftigen. Aktuell bereitet sich seine Behörde auf eine Umstellung bei der Rentenversicherungspflicht von 400-Euro-Jobbern vor.

    "Im Moment ist es ja auch schon so, dass ein Mini-Jobber erklären kann, dass er seine Rentenversicherungsbeiträge aufstocken will, damit er in der Rentenversicherung bestimmte Vorteile hat. In Zukunft wird es so sein, dass die Mini-Jobber erklären müssen, wenn sie nicht rentenversicherungspflichtig arbeiten wollen."

    Thomsen rechnet damit, dass die meisten keine Rentenbeiträge zahlen wollen. Denn ein Drittel aller Minijobber hat einen sozialversicherungspflichtigen Hauptberuf. Und viele arbeiten im Durchschnitt nur 2,5 Jahre als Minijobber, etwa 40 Prozent hören schon nach einem Jahr auf. Das, so Thomsen, deute darauf hin, dass nur wenige ihr ganzes Leben lang Minijobber blieben. Altersarmut sei folglich kein vornehmliches Problem der 400-Euro-Jobber, sondern ein Problem aller Geringverdiener, ob versicherungspflichtig oder nicht. Außerdem meint Thomsen:

    "Die Zahl der Minijobs ist zum Beispiel nur um 2,8 Prozent gewachsen, die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten um neun Prozent. Also, da sieht man, dass es einen volkswirtschaftlichen Verdrängungseffekt durch Minijobs nicht gibt. Was natürlich nicht ausschließt, dass das in einzelnen Betrieben in Ausnahmefällen durchaus so sein kann."

    In der Gastronomie jedenfalls sind 400-Euro-Jobber nicht mehr wegzudenken. Rudi Knorr, Betreiber der Kleinkunstkneipe Drehwerk bei Meckenheim, benötigt vor allem flexible Kräfte, die Teilzeit arbeiten und günstig sind.

    "Man sieht oft, wenn der Laden brummt: Hoch, der verdient aber Geld. Das ist OK dann, da fängt man aber manche Löcher mit auf, die man vorher gar nicht gesehen hat. Löhne sollen steigen, das finde ich auch, aber dann muss auch der Preis stimmen, dann muss auch das stimmen, dann muss die Leistung, die man erbringt, auch adäquat bezahlt werden. Und das ist in unserem Land leider so, dass man immer nur das Billigste haben will. Und das geht nicht gut."

    Außerdem müsse man als Gastronom jederzeit auf unangenehme Überraschungen gefasst sein.

    "Vor Kurzem ist mir eine Auflage gemacht worden vom Kreis, zusätzlich Schalldämmung zu machen. Das hat mich 20.000 Euro gekostet. Hallo, wo kommen denn die 20.000 Euro her, habe ich einen Goldesel? Nee,´nen Goldesel habe ich nicht, also muss ich das erwirtschaften. Ja, wo erwirtschafte ich das? Entweder muss ich an den Löhnen kürzen, habe ich nicht gemacht. Oder ich muss mehr Umsatz machen. Das habe ich Gott sei Dank in den letzten Monaten gemacht: Was wäre gewesen, wenn ich ihn nicht gemacht hätte? Hallo, Tür zu, dicht."

    An diesem Abend ist die Aushilfskraft für das Kino ausgefallen und der Chef muss selbst ran.

    400-Euro-Jobs sind gefragt und gefürchtet zugleich. Die Gewerkschaften würden sie am liebsten abschaffen, weil sie die Niedriglöhner als Konkurrenz zu den regulären Beschäftigten sehen. Rudi Knorr glaubt nicht, dass die Gewerkschaften das durchsetzen können, sollte es aber doch geschehen, wäre die Lage für den Gastronomen klar:

    "Wenn ich keine Arbeitskräfte mehr finde, die in diesem Segment arbeiten können, dann mache ich das Drehwerk zu."

    Auch Brigitta Leuschner, die Multijobberin aus dem Raum Köln, hätte Existenznöte, würden die 400-Euro-Jobs abgeschafft. Aber auch sie rechnet nicht damit, dass das passieren wird. Was die freiwillige Rentenversicherung angeht, gibt es bei ihr nicht viel zu überlegen.

    "Man hat leider nichts über, um was für die Rente zu tun. Und noch einen 400-Euro-Job mehr aufnehmen, nur damit man noch irgendwas sich zur Seite legen kann? Also, das Geld ist nicht da. Wenn im Monat 20 Euro übrig bleiben, ohne dass man luxuriös lebt, in der Woche habe ich 50 Euro für Lebensmittel zur Verfügung. Und man fährt tanken. Und man ist so viel Geld los, dass es dafür in der Woche einfach dreimal Pfannekuchen gibt."

    Wann immer sie neben ihrem Hauptjob als Maskenbildnerin und dem Prospekteaustragen Zeit hat, kümmert sich Brigitta Leuschner um den behinderten, 18 Jahre alten Michael. Immerhin kann ihr Michaels Vater dafür zehn Euro die Stunde zahlen.

    "Wir schreiben zusammen, ne, wir üben schreiben: Baum und Haus und Papa und Hase, ne, kannst Du auch schreiben, Michael. Und Opa, Opa kannst Du auch schreiben, genau. Möchtest Du mal zeigen, wie Du Orgel spielen kannst?"

    "Als alleinerziehender Vater mit einem behinderten Kind ist man für jede Hilfe dankbar. Und wenn man dann noch so ´ne nette Nachbarin dann hat, die sich bereit erklärt, das zu machen, das ist eine große Hilfe. Man muss ja den Leuten auch vertrauen können."

    "Orgel, das machst Du super Michael, klasse."
    Auch Brigitta Leuschner ist alleinerziehend und kann jeden Cent gebrauchen. Mit dem Auto verteilt sie die letzten Werbeprospekte an die Haushalte, die sie mit der Handkarre schlecht erreichen kann – wie jeden Samstag.

    "Mein Sohn ist in der 10. Klasse, kommt jetzt in die 11. Ich denke mal, das Studium wird wieder ´ne teure Sache. Deshalb denke ich mal, ich werde es auf jeden Fall noch so lange aufrechterhalten, bis das Kind aus dem Gröbsten raus ist. Das ist die Planung. So, der nächste Briefkasten wartet."

    Brigitta Leuschner empfindet es nicht als Problem, 400-Euro-Jobs zu haben. Eigentlich macht ihr die Arbeit auch Spaß. Aber es stört sie, dass Minijobbern oft die gesellschaftliche Anerkennung versagt bleibt.

    "Das sind niedere Jobs, die will keiner machen. Also wird man auch gleich als niederes Volk von der Umwelt gesehen. Und manchmal fühlt man sich ja sehr unwohl in seiner Haut, weil es wird keiner sagen: Hey, das ist `ne Heidenarbeit, die dahinter steckt, sondern die Leute sehen es, die muss dankbar sein, dass sie überhaupt einen Job hat. Als 400-Euro-Jobber hat man das Gefühl, man ist es nicht wert, mit Respekt behandelt zu werden."

    Schöne neue Arbeitswelt - Sendereihe zur Gegenwart und Zukunft unserer Jobs