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Kleiner Chip, großes Potential

So kritisch der Einsatz dieser Chips vor allem im Zusammenhang mit Menschen auch ist – in der Logistik können die Funketiketten etliche Probleme lösen. Denn überall da, wo bislang Barcodes auf Packungen mit Handscannern abgetastet wurden oder die Warenbestände per Hand gezählt wurden, da bringen die so genannten RFID-Tags ein erstaunliches Rationalisierungspotential. Vorreiter dabei ist der Metro-Konzern.

Von Detlev Karg | 05.02.2005
    Ausgerechnet ein deutscher Handelskonzern hat sich im Handel an die Spitze der RFID-Technik gesetzt und lässt die Konkurrenz aus den USA erst einmal alt aussehen. Marktführer WalMart wird RFID erst ab 2005 testen, die britische Tesco ebenfalls. Die Metro AG aber bastelt schon jetzt an der Zukunft. Wie etwa an dem rasselnden Hängesortierer im RFID Innovation Testcenter im rheinischen Neuss. In einem Schienensystem hängen hier Damenkostüme und Röcke fein säuberlich am Bügel und warten darauf, auf einzelne Filialen verteilt zu werden. Gewöhnlich ist das stupide Handarbeit: 30 Röcke nach Berlin, 50 Mäntel nach Köln, immer mit dem Strichcodescanner in der Hand. Doch der Neusser Hängesortierer ist schlau: Er erkennt die kleinen Chips mit Antenne im Etikett des Herstellers, die dafür durch eine kleine Schleuse rasseln, ähnlich einem Metalldetektor an Flughäfen:

    ...so, der nimmt’s jetzt auf, der wählt natürlich den optimalen Abstand, damit auch richtig gelesen wird, denn wenn Sie zwei, drei zusammen haben, die nicht gelesen werden, dann haben Sie ein Problem. Das wird dann hier auch für den Abstand entsprechend vorbereitet, sie werden jetzt gelesen, Sie sehen hier die Nummer der einzelnen Artikel und der Sorter sortiert dann direkt auf die richtige Filiale zu...

    ...erklärt Gerd Wolfram, bei dem Düsseldorfer Handelskonzern verantwortlich für alles rund um das Thema Funketiketten und RFID. Erst kürzlich haben SAP und Infineon eine Logistikplattform mit der Funktechnik vorgestellt. Hintergrund ist, dass sich die Hersteller endlich auf einheitliche Normen geeinigt haben. Federführend ist das Gremium EPC Global, das die Normierung vom AutoID Center, einer Tochter des MIT, übernommen hat. EPC steht für Electronic Product Code. Dieser verzeichnet in einer Bitfolge Informationen etwa über Produkt, Hersteller und Datum. Der Zahlenvorrat ist so groß, dass damit theoretisch alle produzierten Güter der Welt einmalig erfasst werden können. Doch zurück in das neonhelle Testcenter nach Neuss. Dort läuft bereits eine Steuerungssoftware, die alle Geräte und Etiketten miteinander verbindet. Die Verwaltung funktioniert internetbasiert: jede Palette und jedes Transportgerät haben eigene IP-Adressen. Ralf Nieder von IBM Deutschland demonstriert:

    Also mit dieser Applikation hier werden sämtliche Stationen, die hier stehen, angezeigt und sind auch alle untereinander verbunden. Das heißt, diese IP-Adressen hier signalisieren die einzelnen Stationen, die sich in dem Raum befinden: 11.59 Uhr, sechs Einheiten gelesen. Man kann dann an der ID sehen, um welche Tags es sich handelt.

    In einem künftigen Warenwirtschaftssystem lässt sich so jedem Artikel, jeder Palette und jedem Transportsystem eine eigene Homepage mit allen Informationen zuordnen. Der Warenfluss wird nahe an der Echtzeit hoch automatisiert ablaufen. Dafür muss freilich auch alles erkannt und gelesen werden. 20 Großlieferanten der Metro testen nun schrittweise, ob und wie das klappt. Etwa mit dem intelligenten Gabelstapler:

    Also wir nehmen die Palette jetzt zunächst einmal auf. Die Palette ist aufgenommen und gelesen worden. Durch die Datenbank weiß ich was auch wirklich drauf ist: Ariel. Und dann bekommen wir die Information, dass wir die Palette Ariel auf den Zielplatz eins legen sollen. Denn das System weiß: der ist leer. Da fährt die Palette jetzt hoch und wir haben immer eine genaue Sicherheit wo was ist und das System weiß auch, was Sie machen müssen.

    Derzeit hapert es freilich noch mit der Erkennung. Die verwendeten Funkfrequenzen im Bereich von 900 Kilohertz und 13,56 Megahertz können etwa durch Metalldosen gestört werden, so dass die Erkennungsrate nicht immer hundertprozentig ist, sagt Stephan Pape vom Logistiker DHL, der ebenfalls in Neuss testet:

    Es hängt von der Ware ab. Wir haben welche mit 100 Prozent, wir haben, wenn da etwa Penatencreme drauf ist, von 70 bis 75 Prozent. Im Augenblick setzen wir, sozusagen aber nur Standard-Antennen ein, die aus anderen Industrien kommen. Und da ist uns jetzt versprochen worden, dass eine neue Antenne kommt, die wollen wir in den nächsten Wochen testen, wo das eben besser wird.

    Noch wird es dauern, bis RFID sich ähnlich durchgesetzt hat wie der Strichcode. In der Logistik wird das schnell gehen, was mit Endprodukten ist, ist eine andere Frage, auf die auch die Datenschützer noch Antworten suchen.