Liebesgeschichten sind aus dem heutigen Theater verschwunden, seit gut 40 Jahren findet sich dazu kein aktuelles Stück. Bei Kleists Helden hingegen heißt es, "ein Leben ohne Liebe ist der Tod" und ihr Autor, der noch mit seinem Selbstmord Mut bewies, lässt ohne Angst vor Gefühlen oder Peinlichkeiten Engel und Kampfhunde der Liebe agieren. Die französische Psychoanalytikerin Michèle Jung glaubte daher noch im Jahre 2000, ihm für Werk und Person "perverse Strukturen" nachweisen zu müssen.
Nicht zuletzt mit der Figur des Achill, dank der plausiblen Gestaltung durch den Schauspieler Eric Ruf, werden in "Penthesilea" solche kunstfernen Thesen ad absurdum geführt. Dieser griechische Feldherr, zunächst mit Jean Liermiers kluger Regie als ein charmanter Macho ausgewiesen, gelangt allmählich zu einer so starken, dabei durchaus männlichen Sanftmut, dass er sich ganz ohne Waffen der Amazonenkönigin stellen kann. Wie er in der Begegnung mit ihr gelöst dasitzt, mit gekreuzten Armen, und sie traumverloren ansieht und begehrt, das macht körperlich nachvollziehbar, weshalb seine Liebe diesen Helden schließlich zur spöttischen Absage an alle Ideologien von Krieg bringt. Rufs Ton gelassener Ironie brachte das Publikum damit sogar zum Lachen.
Die "action" in diesem Stück findet im Off statt. Einerseits verwies die Regie auf deren Schauplatz und Protagonisten mit der Projektion knapper Zwischentitel à la Brecht, andererseits informiert Kleist darüber nur durch Beobachter aus der Ferne. Dieses dramaturgische Aufbauelement wurde mit einem treffenden Regieeinfall hervorgehoben: Meroes dramatische Reportage von Penthesileas Liebesraserei - wie sie mit ihren Hunden und den eigenen Zähnen Achill zerfleischt -, findet vor dem geschlossenen Vorhang statt. Das Ereignis entzieht sich der Darstellbarkeit auf der Bühne, dafür dass es stattgefunden hat jedoch, bürgte in der direkten Konfrontation mit dem Publikum die Aussage der Zeugin. Selbst die bloße Berichterstattung erfasst Meroe so heftig, dass sie Penthesileas Aktionen "nachspielt", eine bewundernswerte schauspielerische Leistung zwischen Pantomime und Kommentar.
Mit Léonie Simagas Penthesilea stand eine emanzipierte junge Frau im Mittelpunkt, die bei aller Erregtheit nie in theatralisches Pathos verfiel. Sie, die hilfesuchend ihre Gefährtinnen oft leidenschaftlich umarmt, bewahrt gegenüber Achill die körperliche Distanz der Königin, die sich der weiblichen Verführungskraft noch nicht sicher ist. Mit dunkler Hautfarbe und langem schwarzen Haar war diese Penthesilea ein Bild der romantischen "schönen Wilden". Ein ideales Paar, so hätte man von ihr und Achill gesagt, hätte sie nicht sterbend erst sich von der ideologischen Verpflichtung als kriegerische Anführerin befreien können.
Auftritte von Amazonen, wie aus Bildern griechischer Vasen entsprungen, trugen zur Assoziation von Antike bei, so wie andererseits die Offiziersjacken der Griechen zu der von heutigem Militär. Die Inszenierung schlug weiten Bogen zwischen mythischer Vorzeit und Moderne.
Ein blau-schwarz gesprenkelter Himmel hinter einer grau steinernen Landschaft verlieh der tragischen Grundstimmung Ausdruck.
Im "Käthchen von Heilbronn" regieren die Cherubim der Liebe, aber von deren Glanz war nichts zu spüren. Gerne hätte man mit der bösen schönen Kunigunde von Anna Mouglalis doch etwas Perverses erlebt, André Engels Inszenierung jedoch war schlicht fade. Sie hatte sich mit einem gotisch angehauchten Ruinenschauplatz, angesiedelt zwischen "Herr der Ringe" und Phantasie Land, mit Dauermusikuntermalung à la Stummfilm, mit dampfenden Nebeln, mit Stimmen aus dem Off, stilistisch auf Kintopersatz festgelegt und weder der lebendigen Sprache Kleists noch dem Temperament der Schauspieler Luft gelassen. Von wenigen interessanten Einfällen abgesehen – so beispielsweise einer überraschend prüden Reaktion des elfenhaften Käthchens auf die ungestüme Liebeserklärung ihres Zukünftigen –, verlief diese brenzlig zarte Liebesgeschichte wie eine Scharade mit Kleiderpuppen.
Nach dem Theater der Glanz des Lebens. Auf dem nächtlichen Pariser Boulevard Bessières schön geschminkte Frauen, Stöckelschuhe, Glitzerstrümpfe, elegante Pelze. Doch der Schein trügt, die Schönen, die auf ihre Freier warten, sind eigentlich Männer. Aber auch hier brennt die Liebe, gegen Geld. Was heißt da "pervers"?
Nicht zuletzt mit der Figur des Achill, dank der plausiblen Gestaltung durch den Schauspieler Eric Ruf, werden in "Penthesilea" solche kunstfernen Thesen ad absurdum geführt. Dieser griechische Feldherr, zunächst mit Jean Liermiers kluger Regie als ein charmanter Macho ausgewiesen, gelangt allmählich zu einer so starken, dabei durchaus männlichen Sanftmut, dass er sich ganz ohne Waffen der Amazonenkönigin stellen kann. Wie er in der Begegnung mit ihr gelöst dasitzt, mit gekreuzten Armen, und sie traumverloren ansieht und begehrt, das macht körperlich nachvollziehbar, weshalb seine Liebe diesen Helden schließlich zur spöttischen Absage an alle Ideologien von Krieg bringt. Rufs Ton gelassener Ironie brachte das Publikum damit sogar zum Lachen.
Die "action" in diesem Stück findet im Off statt. Einerseits verwies die Regie auf deren Schauplatz und Protagonisten mit der Projektion knapper Zwischentitel à la Brecht, andererseits informiert Kleist darüber nur durch Beobachter aus der Ferne. Dieses dramaturgische Aufbauelement wurde mit einem treffenden Regieeinfall hervorgehoben: Meroes dramatische Reportage von Penthesileas Liebesraserei - wie sie mit ihren Hunden und den eigenen Zähnen Achill zerfleischt -, findet vor dem geschlossenen Vorhang statt. Das Ereignis entzieht sich der Darstellbarkeit auf der Bühne, dafür dass es stattgefunden hat jedoch, bürgte in der direkten Konfrontation mit dem Publikum die Aussage der Zeugin. Selbst die bloße Berichterstattung erfasst Meroe so heftig, dass sie Penthesileas Aktionen "nachspielt", eine bewundernswerte schauspielerische Leistung zwischen Pantomime und Kommentar.
Mit Léonie Simagas Penthesilea stand eine emanzipierte junge Frau im Mittelpunkt, die bei aller Erregtheit nie in theatralisches Pathos verfiel. Sie, die hilfesuchend ihre Gefährtinnen oft leidenschaftlich umarmt, bewahrt gegenüber Achill die körperliche Distanz der Königin, die sich der weiblichen Verführungskraft noch nicht sicher ist. Mit dunkler Hautfarbe und langem schwarzen Haar war diese Penthesilea ein Bild der romantischen "schönen Wilden". Ein ideales Paar, so hätte man von ihr und Achill gesagt, hätte sie nicht sterbend erst sich von der ideologischen Verpflichtung als kriegerische Anführerin befreien können.
Auftritte von Amazonen, wie aus Bildern griechischer Vasen entsprungen, trugen zur Assoziation von Antike bei, so wie andererseits die Offiziersjacken der Griechen zu der von heutigem Militär. Die Inszenierung schlug weiten Bogen zwischen mythischer Vorzeit und Moderne.
Ein blau-schwarz gesprenkelter Himmel hinter einer grau steinernen Landschaft verlieh der tragischen Grundstimmung Ausdruck.
Im "Käthchen von Heilbronn" regieren die Cherubim der Liebe, aber von deren Glanz war nichts zu spüren. Gerne hätte man mit der bösen schönen Kunigunde von Anna Mouglalis doch etwas Perverses erlebt, André Engels Inszenierung jedoch war schlicht fade. Sie hatte sich mit einem gotisch angehauchten Ruinenschauplatz, angesiedelt zwischen "Herr der Ringe" und Phantasie Land, mit Dauermusikuntermalung à la Stummfilm, mit dampfenden Nebeln, mit Stimmen aus dem Off, stilistisch auf Kintopersatz festgelegt und weder der lebendigen Sprache Kleists noch dem Temperament der Schauspieler Luft gelassen. Von wenigen interessanten Einfällen abgesehen – so beispielsweise einer überraschend prüden Reaktion des elfenhaften Käthchens auf die ungestüme Liebeserklärung ihres Zukünftigen –, verlief diese brenzlig zarte Liebesgeschichte wie eine Scharade mit Kleiderpuppen.
Nach dem Theater der Glanz des Lebens. Auf dem nächtlichen Pariser Boulevard Bessières schön geschminkte Frauen, Stöckelschuhe, Glitzerstrümpfe, elegante Pelze. Doch der Schein trügt, die Schönen, die auf ihre Freier warten, sind eigentlich Männer. Aber auch hier brennt die Liebe, gegen Geld. Was heißt da "pervers"?