In der bösen Komödie des Heinrich von Kleist steckt eine unerreichbare, aber tief humane Seite: Wo ein Gott Mensch wird, seine Tarnung aufgibt und aus lauter irdischem Narzissmus als ein anderer Mann erkannt werden will, buhlt er eigentlich um eine neue Identität. Er will von Alkmene, mit der er, als deren Ehemann getarnt, eine himmlische Liebesnacht verbracht hat, als ein anderer Mann gesehen und geliebt werden. Man erkennt: Die Identität, ist allen Botschaften der Erscheinungsindustrie zum Trotz keine individuelle Setzung, keine private Entscheidung des Einzelnen und muss ausgehandelt werden: Man ist, wer man ist, nur wenn die anderen einen auch so sehen. Andererseits entsteht all der Ärger aber, weil der leibhaftige Amphitryon als Feldherr ständig außerhäusig zu tun hat und sich die Alkmene den Ehegemahl ständig vorstellen muss, und daher leicht Trugbildern aufsitzen kann.
Diese Alkmene wohnt in dem modernen Kubus, einem Architekteneigenheim, in dem man sich gut eine Gruselgeschichte à la David Lynch vorstellen könnte. Und sie ist normalerweise allein in ihrem knallroten Schlafzimmer. Die Menschen in Stefan Bachmann Inszenierung sind vor allem einsam, Männer und Frauen leben in getrennten Welten und allzu leicht können Jupiter und sein himmlischer Kumpane Merkur die brüchigen Beziehungen der Menschen aufmischen. Wobei die Alkmene der Anne Ratte Polle gleicht zu Beginn, wenn sie es nicht fassen kann, dass ihr Ehegemahl die schöne Liebesnacht leugnet und in finstere Eifersucht verfällt, ihr Kleidchen hebt, ihre Dessous vorzeigt und ein Diadem, das sie sich um die Taille gebunden hat - als Unterpfand der unvergesslichen Nacht. Während einer ganzen Szene hält die Schauspielerin diese provozierende Pose durch, so als wollte sie sagen: Glotzt nur, wenn ich doch nichts anderes bin, als Projektionsfläche eurer Erwartungen. Die auch sonst puppenhaft übersteigerte, bisweilen burleske Gestik der Aktrice tut ein Übriges: Die feinen psychologischen Komplikationen, die in Kleist Alkmenen-Seele aufwuchern, bleiben an diesem Abend unerkannt. Stefan Bachmann will doch eher auf die Farce hinaus, lässt lustige Soundeffekte hören, lässt eine Sequenz gleich viermal spielen, so als entstünden in dem Stück außer Identitäts- auch Zeitparadoxien: Handlungsschleifen, aus denen die Figuren nicht mehr herausfinden. Aber diese Doppelgänger, Geister, Wiederkehrer, ansonsten Stars in Grusel- und Mystery- Filmen, sind hier noch einmal ganz im festen Regisseurs-Glauben ans gute alte Theater unterwegs. Hier ist nichts unheimlich, und vor allem nicht das Umschlagen der Komödie in tragische Verlorenheit. Wenn sich Abgründe auftun, weil alles aus den Angeln gehoben wird, was Alkmene, Amphitryon, Sosias und Charis an Selbstgewissheiten kennen, dann stolpern sie höchstens. Sie haben etwas von der Unzerstörbarkeit von Comic-Figuren. Nur am Ende, wenn das Götterrätsel gelöst ist, wird Bachmanns Inszenierung deutlicher. Die beiden Eheleute erkennen sich nicht mehr, rufen einander vergeblich, irren ins Dunkel. Und das berühmteste "Ach" der Theatergeschichte, kommt hier aus der Kulisse, aus dem Nirgendwo. Von dort, will sagen, von der Weltreise nach der Kunstpause ins Theaterleben zurückgekehrt, ist Stefan Bachmann bei seiner Rückkehr nach Berlin sofort wieder ganz da, wo man ihn vermutet hätte.
Diese Alkmene wohnt in dem modernen Kubus, einem Architekteneigenheim, in dem man sich gut eine Gruselgeschichte à la David Lynch vorstellen könnte. Und sie ist normalerweise allein in ihrem knallroten Schlafzimmer. Die Menschen in Stefan Bachmann Inszenierung sind vor allem einsam, Männer und Frauen leben in getrennten Welten und allzu leicht können Jupiter und sein himmlischer Kumpane Merkur die brüchigen Beziehungen der Menschen aufmischen. Wobei die Alkmene der Anne Ratte Polle gleicht zu Beginn, wenn sie es nicht fassen kann, dass ihr Ehegemahl die schöne Liebesnacht leugnet und in finstere Eifersucht verfällt, ihr Kleidchen hebt, ihre Dessous vorzeigt und ein Diadem, das sie sich um die Taille gebunden hat - als Unterpfand der unvergesslichen Nacht. Während einer ganzen Szene hält die Schauspielerin diese provozierende Pose durch, so als wollte sie sagen: Glotzt nur, wenn ich doch nichts anderes bin, als Projektionsfläche eurer Erwartungen. Die auch sonst puppenhaft übersteigerte, bisweilen burleske Gestik der Aktrice tut ein Übriges: Die feinen psychologischen Komplikationen, die in Kleist Alkmenen-Seele aufwuchern, bleiben an diesem Abend unerkannt. Stefan Bachmann will doch eher auf die Farce hinaus, lässt lustige Soundeffekte hören, lässt eine Sequenz gleich viermal spielen, so als entstünden in dem Stück außer Identitäts- auch Zeitparadoxien: Handlungsschleifen, aus denen die Figuren nicht mehr herausfinden. Aber diese Doppelgänger, Geister, Wiederkehrer, ansonsten Stars in Grusel- und Mystery- Filmen, sind hier noch einmal ganz im festen Regisseurs-Glauben ans gute alte Theater unterwegs. Hier ist nichts unheimlich, und vor allem nicht das Umschlagen der Komödie in tragische Verlorenheit. Wenn sich Abgründe auftun, weil alles aus den Angeln gehoben wird, was Alkmene, Amphitryon, Sosias und Charis an Selbstgewissheiten kennen, dann stolpern sie höchstens. Sie haben etwas von der Unzerstörbarkeit von Comic-Figuren. Nur am Ende, wenn das Götterrätsel gelöst ist, wird Bachmanns Inszenierung deutlicher. Die beiden Eheleute erkennen sich nicht mehr, rufen einander vergeblich, irren ins Dunkel. Und das berühmteste "Ach" der Theatergeschichte, kommt hier aus der Kulisse, aus dem Nirgendwo. Von dort, will sagen, von der Weltreise nach der Kunstpause ins Theaterleben zurückgekehrt, ist Stefan Bachmann bei seiner Rückkehr nach Berlin sofort wieder ganz da, wo man ihn vermutet hätte.