Archiv


Klimafreundlicher Bio-Anbau gefragt

Die Nachfrage nach Bio-Lebensmitteln übersteigt das heimische Angebot deutlich. Doch ist es angesichts des gebotenen Klimaschutzes opportun, Ökoprodukte massenweise zu importieren? Darüber berät der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft auf seiner Herbsttagung in Berlin

Von Dieter Nürnberger |
    Im Grunde geht der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) davon aus, dass man im Vergleich zum konventionellen Anbau auf jeden Fall eine bessere Klimabilanz habe. Aber es ist natürlich auch klar, dass erst einmal jede Art der Landbewirtschaftung Auswirkungen auf die natürlichen Ressourcen und auch das Klima hat. Der Bio-Boom hält in Deutschland weiterhin an, die Klimadebatte verschärft sich, und somit will man auf der Herbsttagung des Verbandes diese Frage detaillierter angehen. Der BÖLW ist da um Transparenz bemüht, was natürlich auch damit zusammenhängt, dass Bioware aus Übersee, aus fernen Ländern generell, zumindest zu Bedenken auf Seiten der Verbraucher geführt hat. Es gibt bereits Untersuchungen über die Klimaverträglichkeit des ökologischen Anbaus. Dietrich Schulz vom Umweltbundesamt in Dessau nennt deshalb auch Zahlen, die für den Bioanbau sprechen.

    "Vor allem dadurch, dass der Bioanbau die Einträge in das Grund- und auch die Oberflächengewässer mindert. Dieser Anbau führt ja auch ein Stickstoff-Mangelregime. Und es werden zudem keine synthetischen Pflanzenschutzmittel angewendet. Es gibt darüber hinaus aber auch seit rund zehn Jahren Untersuchungen zur Klimabilanz: Die Emissionen von Treibhausgasen sind pro Hektar im Ökolandbau etwa 60 Prozent geringer als im konventionellen Anbau. Stellt man die niedrigeren Erträge des Bioanbaus in Rechnung, bleiben etwa 20 bis 30 Prozent übrig, die der Ökolandbau klimafreundlicher ist."

    Das gelte somit für den Bioanbau im eigenen Land. Doch wie sieht die Klimabilanz aus, wenn Produkte etwa aus Neuseeland oder Südamerika nach Deutschland transportiert werden müssen? Eine etwas überraschende Antwort des Experten vom Umweltbundesamt.

    "Es kommt darauf an: Wenn Sie Kiwis in Deutschland anbauen, geht es darum, ob dieser in der freien Natur oder im Gewächshaus betrieben wird. Ein Gewächshaus braucht eine Heizung, auch müssen die Bauten erst einmal errichtet werden. Das muss man sich im Einzelfall anschauen. Es gibt beispielsweise ein Bilanz für Lammfleisch: Dieses kann klimafreundlicher sein, selbst wenn es aus Neuseeland kommt statt aus Deutschland."

    Der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft geht sogar davon aus, dass die gesamte Nahrungsmittelproduktion ganz generell rund 20 Prozent der Treibhause verursache. Eine Quote, die sehr hoch erscheint, aber Produktion und Transport kämen in diese Rechnung mit hinein, auch der Bau von Lagerstätten und deren Energiebedarf. Brot beispielsweise habe eine recht schlechte Klimabilanz, der Grund ist der sehr energieintensive Backprozess.

    Eine wissenschaftliche Lanze für den Bioanbau aus Klimasicht bricht auch Kurt-Jürgen Hülsbergen von der TU in München.

    "Ein Punkt, der auch international immer wichtiger wird, ist die Kohlenstoff-Bilanz. Dahinter steht Humus: Humusböden können als Senke für CO2 fungieren, nämlich dann, wenn es gelingt Humus aufzubauen. Und das ist ja eines der Ziele im ökologischen Landbau. Das liegt daran, dass man im Ökolandbau andere Fruchtfolgen realisiert."

    Und diese Schonung und auch Pflege des Bodens sei besser für die Klimabilanz, ein Vorteil, den der konventionelle Anbau natürlich nicht habe, so der Agrarexperte. Der BÖLW kann sich somit also bestätigt fühlen, doch bleibe auch hier der Anspruch, die entstehenden Treibhausgasemissionen zu minimieren. Alexander Gerber, der Geschäftsführer des BÖLW:

    ""Wir wollen natürlich auch hinsichtlich der Ökobilanz so gut wie möglich dastehen. Dann wird es aber auch sofort kompliziert. Der Ökoapfel aus Neuseeland, der mit dem Schiff kommt, ist von der Bilanz her nicht schlechter als der, der hierzulande im Herbst geerntet wird und im Lager liegt. Wir führen derzeit auch die Diskussion, ob man nicht Produkte, die per Flugzeug kommen sollen, ausschließt."

    Die Biobauern sehen sich somit also eher als Klimaschützer - zumindest im direkten Vergleich zum konventionellen Agrarbereich. Und man rät den Verbrauchern aus jeden Fall auch regional und saisonal einzukaufen: Auch dies sei dann ein Beitrag zum Klimaschutz.