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Klimaschutz auf dem Acker
Traktoren sollen umweltschonender fahren

Bei Traktoren geht es mittlerweile wie bei Pkw auch darum, ob sie mit einer sauberen Abgastechnik ausgestattet sind. Dafür sorgen inzwischen Vorschriften der EU. Die Landmaschinenhersteller haben schon reagiert, doch auf den Feldern kommt der Wandel nur schleppend voran.

Von Annette Eversberg | 02.11.2015
    Ein Traktor beim Kartoffelanbau.
    Ein Traktor beim Kartoffelanbau. (imago / Chromorange)
    Jaguar heißt der neue Feldhäcksler für die Maisernte, der in der Präsentationshalle des Landtechnikherstellers Claas in Harsewinkel steht. Fast zwei Etagen hoch, ausgestattet mit mehr als mannshohen Reifen. Das Herzstück ist der enorme Dieselmotor mit der Abgasreinigungsanlage, der mehr als ein Drittel der Zugmaschine einnimmt. So groß muss er sein, weil der Abgasfilter für die rund 800 PS-Maschine besonders viel Platz einnimmt, erläutert Dr. Eberhard Nacke, Chef der Abteilung für Produktstrategie des Landtechnikherstellers.

    "Wir haben einen zweiten Verbrennungsstoff mit eingeführt, das sogenannte Adblue. Das ist ein Harnstoff. Und diesen Harnstoff setzen wir zusätzlich zum Diesel ein, um im Rahmen einer Nachverbrennung hier am Ende tatsächlich die Richtlinie in Richtung Feinstaub auf der einen Seite und in Richtung Stickoxiden erreichen zu können." Damit erfüllt die Landmaschine die gesetzlich vorgegebenen Abgasnormen, sagt Eberhard Nacke. "In diesem Feldhäcksler setzen wir die Abgasstufe IV bereits um und werden in den nächsten Jahren daran arbeiten, dass wir auch die nächste Abgasstufe V in diesem Häcksler realisieren werden."
    Kritik an Motorentests
    Wie bei den PKWs werden diese Abgasnormen von der EU vorgegeben. Nicht ohne Grund. Denn mit 34 Prozent tragen Land- und Forstmaschinen zu den Rußpartikelemissionen bei. Professor Stefan Böttinger vom Institut für Agrartechnik der Universität Hohenheim: "Auch für diese Maschinen gibt es ganz klare Gesetze, wann welche Abgasmengen ausgestoßen werden. Diese Gesetze sind zeitlich gestaffelt, dass eben die Maschinen seit ungefähr 1999 eingeführt werden in den Markt, und sie sind auch noch nach Leistungsklassen gestaffelt. Sodass auch die letzte aktuelle Stufe von Euro IV zum 1.1.2014 eingeführt worden ist."

    Die Menge an Stickoxiden und Feinstaub wurde damit zu über 90 Prozent reduziert. Allerdings bemängelt das Umweltbundesamt, dass der Gesetzgeber die Einführung der neuesten Technik gestreckt hat. Über immerhin mehr als 20 Jahre. Auch die Prüfung der Motoren durch TÜV und Kraftfahrtbundesamt vor der Auslieferung der Maschinen hält das Umweltbundesamt für unzureichend. Stefan Böttinger: "Es gibt für die Tests und für die Abgasgesetzgebung Motorzyklen, die durchgefahren werden müssen, um die verschiedenen Betriebsabläufe irgendwie nachzubilden. Das entspricht natürlich nie hundertprozentig dem, was der eine oder der andere Landwirt auf seinen Feldern einsetzt. Aber das ist immer der Kompromiss, den man mit so einem Testzyklus machen muss."
    Nur wenige alte Maschinen werden ersetzt
    Derzeit laufen in Brüssel die Beratungen über die weitere Absenkung der Feinstaubgrenzwerte im Rahmen der Abgasnorm V. Stefan Böttinger und auch das Umweltbundesamt gehen aber davon aus, dass Motoren künftig auch unter realen Bedingungen getestet werden. "Das ist die kommende Regel, dass man auch im Feld nachweisen muss, dass diese Abgasreinigungssysteme funktionieren und auch über längere Zeit funktionieren, nicht nur dann, wenn der Motor ganz neu ist, sondern auch noch nach einer gewissen Anzahl von Jahren."

    Landmaschinen sind auch von der regelmäßigen Abgasuntersuchung befreit – so der TÜV Nord. Die Hersteller haben ihre Hausaufgaben gemacht. Nicht so die Landwirtschaft. Nur drei Prozent der Maschinen werden pro Jahr durch neue ersetzt. Der Anteil von Landmaschinen mit – laut Gesetz - veralteter oder ganz ohne Abgastechnik ist noch immer sehr hoch. Gründe sind der hohe Landmaschinenpreis und auch die Investitionsplanung über 20 Jahre und mehr. Gleichzeitig ist der Dieselverbrauch der Landwirtschaft sogar leicht gestiegen. Und damit auch die C02-Emissionen, die bei den Abgasnormen vom Gesetzgeber überhaupt noch nicht berücksichtigt wurden. Darauf wollen die Hersteller – so Eberhard Nacke – diesmal nicht erst warten.

    "Das ist auch das Ziel unserer freiwilligen Selbstverpflichtung. Wir möchten den Anteil Diesel und damit auch den Anteil CO2-Emissionen, den unsere Maschinen verursachen, pro Tonne produziertem Weizen oder Futtermittel, deutlich reduzieren."