Archiv


Klimaschutz gegen Hunger

Die Beziehung zwischen Klima und Welternährung ist eines der zentralen Themen auf dem Internationalen Agrarseminar in Husum. Denn die Erderwärmung gefährdet auch die Landwirtschaft und damit die Ernährungsgrundlagen der Menschen - nahezu überall in der Welt.

Von Annette Eversberg |
    Mit Klimamodellen versucht man, möglichst genaue Vorhersagen über den Klimawandel zu treffen. Die modernen Modelle sind gekoppelt mit der demografischen Entwicklung. Denn die Menge an Treibhausgasen in der Atmosphäre hängt davon ab, wie Menschen künftig weltweit leben und wirtschaften wollen, erläutert Dr. Daniela Jacob vom Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg.

    "Wenn sich große Städte neu bilden, und wenn mehr Menschen auf der Erde leben als heute, dann stoßen sie auch mehr Schadgase aus. Und die Veränderung der Landoberfläche durch die menschliche Bevölkerung hat auch einen Einfluss auf das regionale Klima."

    Das Klima hat wiederum Einfluss auf die Welternährung. Schon heute hungern 2,5 Milliarden Menschen. Viele von ihnen verlassen das Land in der Hoffnung, in den Städten besser leben zu können. - in Afrika, aber auch in Indien oder Brasilien. Dr. Rafael Schneider von der Welthungerhilfe in Bonn:

    "Wenn jetzt die Klimaverhältnisse so sind, dass noch weniger landwirtschaftliche Erzeugnisse zu erwirtschaften sind, werden die Menschen noch weiter migrieren - erst einmal innerhalb der Länder, dann auch innerhalb der Regionen von den trockenen Gebieten in die feuchteren Gebiete, aber dann auch von Afrika hinaus."

    Der globale Klimawandel wird selbst das Angebot an Nahrungsmitteln in Spanien, Portugal und sogar in Italien verändern. Ausgedehnte Trockenperioden werden den Anbau von Getreide und Gemüse nachteilig beeinflussen. Um Migrationsströme aus Gründen des Nahrungsmangels zu verhindern, müssen neue Anbaukonzepte her. Auch die Bewässerung selber muss der veränderten Klimasituation angepasst werden. Rafael Schneider:

    "Wir können jetzt die Bewässerungsflächen nicht überdimensionieren und hoffen, dass das über Jahre gut geht, und dann bleiben in naher Zukunft die Niederschläge durch den Klimawandel aus. Das führt dann zu einer verstärkten Bodendegradation. Das heißt, wir müssen heute schon bei jedem Bewässerungsprojekt die Wasserverfügbarkeit in den kommenden Jahrzehnten mit berücksichtigen."

    Klimaprojekte können ihrerseits die Welternährung beeinflussen, wenn der Anbau von nachwachsenden Rohstoffen in Konkurrenz zur Produktion von Nahrungsmitteln tritt. Brasilien als Exporteur von Agrarprodukten hat seinen Zuckerrohranbau auf 22 Prozent der Anbaufläche ausgedehnt, um Bioethanol zu produzieren. Luiz Carvalho Concalves von der brasilianischen Botschaft in Bonn sieht darin jedoch Chancen:

    "Es gibt in Brasilien etwa 40 Millionen Menschen, die von staatlicher Hilfe abhängig sind, um zu überleben. Um diese Staatshilfe abbauen zu können, müssen wir Arbeitsplätze in wettbewerbsfähigen Sektoren haben. Das ist bei uns der Agrarsektor. Um Arbeitsplätze zu haben, müssen wir mehr exportieren."

    In Afrika führen solche Großplantagen dazu, dass zwar Arbeitsplätze geschaffen werden. Aber die Arbeiter verdienen so wenig, dass sie damit nicht genügend Nahrungsmittel kaufen können. Ein Teufelskreis, der sich noch verschärft, wenn auch produktionsstarke Länder wie Australien mit dem Klimawandel zu kämpfen haben, was mögliche Nahrungsmittelexporte verteuern wird durch hohe Produktionskosten. Hilary McCeachy von der australischen Botschaft in Bonn:

    "Im Jahr 2007 stellte die Regierung einen Wasserplan in Höhe von 6,2 Milliarden Euro vor. Dazu gehören auch 3,7 Millionen Euro für eine effiziente Infrastruktur zur Bewässerung. Also Wassermanagement ist für uns sehr, sehr wichtig."

    In den USA geht der Maisanbau zur Energiegewinnung zu Lasten des Weizenanbaus. Gänzlich ungeeignet zur Sicherung der Welternährung ist aus der Sicht der Welthungerhilfe der Handel mit Emissionsrechten, um das Abholzen der Urwälder zu verhindern. Rafael Schneider:

    "Es ist natürlich wichtig, die Urwälder zu schützen. Aber der Emissionshandel kann nur indirekt zur Hungerbekämpfung beitragen, weil nicht gesichert ist, dass die Mittel dann tatsächlich auch in die Landwirtschaft und in die Hungerbekämpfung eingesetzt werden. Also das wäre ein weiter Weg, wenn man vom Emissionshandel auf die Hungerbekämpfung schließen wollte."