Archiv


Klimaschutz im Schatten der Finanzkrise

Die Energie Baden-Württemberg AG veranstaltet nun schon zum dritten Mal ihren Deutschen Klimakongress in Berlin. Klimaschützer betrifft natürlich den Geschäftsbereich der EnBW. Der Kongress mit führenden internationalen Fachleuten findet im Vorfeld der nächsten Klimaschutzkonferenz der Vereinten Nationen - ab kommende Woche in Polen -, statt. Philip Banse in unserem Berliner Studio, gerät der Klimaschutz durch die gegenwärtige Finanzkrise ins Hintertreffen?

Von Philip Banse |
    Klimaschutz hat gerade in der Krise eine wirtschaftliche und eine politische Dimension. Die einen sagen: Der Klimaschutz wird in den nächsten zwei Jahren auf jeden Fall massiv abgebremst werden. Das prognostiziert etwa Norbert Walter, Chefvolkswirt der Deutschen Bank:

    "Ich bin sicher, dass die tiefe Rezession am Ende wegen der fehlenden Investitionen auch den Klimaschutz verlangsamt. Wir werden nicht so viele neue Kraftwerke bauen, weil die Nachfrage nach Energie in dieser Rezession dramatisch sinken wird. Und dies bedeutet, dass man dann neue Technik nicht in dem Umfang einbaut, wie es unter besseren ökonomischen Bedingungen gewesen wäre."

    Diesem eher kurzfristigen Dämpfer und Forderungen der Wirtschaft nach einem Moratorium im Klimaschutz wird aber die Politik entschlossen entgegentreten, da waren sich viele Teilnehmer des Klimaschutzkongresses einig. Zu diesen Optimisten zählt Prof. Hans Joachim Schellnhuber, Leiter des Potsdaminstituts für Klimafolgenforschung. Er glaubt, dass sich die Industrienationen bei den Klimakonferenzen jetzt in Posen und vor allem kommendes Jahr in Kopenhagen auf ambitionierte CO2-Minderungsziele festlegen werden: Ein Reduktionsziel von 80 Prozent bis 2050 hält Schellnhuber in den Industrieländern für möglich, trotz Finanzkrise. Der Grund hat fünf Buchstaben und zieht demnächst ins Weiße Haus um:

    "Das hängt vor allem mit dem Faktor Obama zusammen, das ist einfach eine neue Lichtgestalt, die die Weltbühne betritt und der wird genau in dieser Richtung argumentieren. Er hat klar gemacht, dass er sehr viel schneller als gedacht in die internationale Klimapolitik einsteigen will. Also diejenigen, die gedacht haben: Naja, Obama wird jetzt erstmal zwei Jahre sein eigenes Haus in Ordnung bringen, die werden sich täuschen. Obama wird auf der internationalen Bühne Führerschaft für die USA reklamieren und er wird sie auch umsetzen."

    So wie sie jahrelang den weltweiten Klimaschutz torpediert haben, so werden die USA ihn nun vorantreiben, sagt auch Deutsche Bank Volkswirt Walter – und das liege nicht nur an Obama:

    "Es gibt in den USA eine ganz neue Haltung auch des Kongresses auch in solchen Fragen. Die Europäer, die mit den Japanern glaubten, sie seien Monopolisten des Klimaschutzes, werden sehr überrascht sein von der Wucht und der Entschlossenheit und der Kompetenz einer Klimapolitik, die nicht nur durch die Politik auf den Weg gebracht wird, sondern auch durch engagierte Unternehmen. Ob das Walmart ist oder ob das General Electric ist, in beiden Riesenfirmen sind solche Orientierungen selbstverständlich heute."

    Ökonom Walter forderte, dass Staaten in der Krise investieren müssten, allerdings vor allem in Projekte, die das Klima schützen. Eine Kfz-Steuer-Befreiung wie von der Bundesregierung geplant, die alle Autos, auch die Spritfresser verbilligt, sei falsch. Unterstützung für Klimaschutz auch in der Krise signalisierte auch ein bedeutender Industrievertreter, EnBw-Vorstand Hans-Peter Villis:

    "Brauchen wir eine Pause im Klimaschutz, wie es manche Stimmen fordern, noch bevor wir damit richtig begonnen haben? Ich sage: Nein. Wir brauchen ebenso einen Schirm für unsere Mutter Erde wie es einen Schirm geben wird für unsere Finanzwelt."

    Unter so einem Schirm versteht jedoch jeder etwas anderes. EnBw werde seine Investitionen trotz Finanzkrise nicht zurückfahren, so Vorstandschef Villis. Deutschlands drittgrößter Energieversorger werde genauso viel in erneuerbare Energien investieren, wie in konventionelle Kraftwerke. Denn der Atomausstieg sei aus demselben Grund falsch, wie es ein Verzicht auf die Kohle wäre: Beide Techniken würden bis auf weiteres weltweit eingesetzt, die deutsche Industrie müsse sie klimafreundlich machen.