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Klimawandel
Eismassen beeinflussen die Bewegung von Magma

Gletscher haben ein sehr hohes Gewicht. Amerikanische Forscher wollten deshalb wissen, wie das Gewicht des Eises die Prozesse unter der eingedrückten Erdkruste beeinflusst - es könnte mit der Schmelze zu mehr Vulkanausbrüchen kommen, so ein Ergebnis.

Von Monika Seynsche | 28.12.2015
    Eine Kette von Eisbergen im grönländischen Thule.
    Eisberge/Grönland: Auch hier bewegt sich durch den abnehmenden Druck des Eises die Magma wohl mehr. (imago stock&people)
    "Wir wollten in erster Linie herausfinden, ob der Druck des Eises groß genug ist, um geschmolzenes Magma aus der tieferen Erdkruste in oberflächennahe Bereiche zu pressen. Wenn das so wäre, könnte es erklären, warum die Erde an einigen Stellen unter dem grönländischen und anderen Eispanzern warm ist."
    Um eine Antwort auf diese Frage zu finden, hat Nathan Steven von der Pennsylvania State University ein simples Computermodell mit Daten zum Gewicht des Eises, den Eigenschaften der Erdkruste und dem Fließverhalten von Magma gespeist.
    "Die Antwort scheine Ja zu sein", sagt Nathan Steven. Seinen Berechnungen zufolge drückt das Gewicht des Eises so stark auf die Erdkruste, dass in ihr Risse entstehen, durch die das Magma wandern kann. Nach Ansicht seines Chefs, Richard Alley könnte sich so ein bislang rätselhaftes Phänomen erklären lassen.
    "Grönland besteht eigentlich aus altem, kalten Gestein. Kein Ort, an dem man Vulkane erwarten würde. An den Rändern gab es zwar mal vulkanische Aktivität, aber das ist schon sehr lange her. Und trotzdem findet sich mitten unter dem Eispanzer eine Region, in der wir einen starken Wärmefluss aus dem Erdinneren beobachten, der das Eis von unten anschmilzt. Dort ist schätzungsweise ähnlich viel Wärme im Gestein, wie im Yellowstone-Nationalpark, mit seinen Geysiren und heißen Quellen. Und die Frage ist: Wo kommt diese Wärme im Gestein unter Grönland her?"
    Es könnte der Druck des Eises sein, der heißes Magma an dieser Stelle in die oberen Bereiche der Erdkruste gelangen lässt. Richard Alley geht allerdings nicht davon aus, dass unter Grönland irgendwann ein Vulkan ausbrechen könnte. Dafür sei hier zu wenig heißes Magma im Untergrund vorhanden. In anderen Weltregionen dagegen könnten Veränderungen der Eispanzer im Zuge des Klimawandels durchaus zu mehr Vulkanausbrüchen führen.
    "Wenn wir auf der menschlichen Zeitskala bleiben, also uns die nächsten 100 Jahre anschauen, so ist es gut möglich, dass etwa die Gletscherschmelze in Island die Druckverhältnisse im Untergrund so verändern wird, dass die vulkanische Aktivität zunimmt. Dazu gibt es bislang sehr wenig Forschung, aber aus der Vergangenheit wissen wir, dass nach dem Ende der letzten Eiszeit plötzlich ungewöhnlich viele Vulkane ausbrachen. Wir müssen diese Möglichkeit also im Auge behalten und weiter erforschen."
    Im isländischen Untergrund liegen viele Magmakammern nahe der Oberfläche. In ihnen herrscht ein hoher Druck, unter anderem durch das Gewicht der Eispanzer darüber. Nimmt dieser Druck von oben ab, könnten sich Risse in den Decken der Magmakammern bilden, durch die das flüssige Gestein an die Oberfläche strömt. Ähnliche Prozesse erwartet Richard Alley für die fernere Zukunft am Südpol.
    "Wir wissen, dass unter der Westantarktis viele Vulkane liegen. Sollte dort viel Eis verschwinden, ist es gut möglich, dass die vulkanische Aktivität zunimmt. Das ist natürlich noch keine Vorhersage, aber ein sehr interessantes Forschungsgebiet. Wenn wir die Erde sehr stark aufheizen, und sehr viel Eis schmilzt könnte das Vulkanausbrüche fördern."
    Das Problem dabei: Es könnte sich ein selbst verstärkender Prozess entwickeln. Denn jeder Vulkanausbruch unter Eis lässt lässt innerhalb kürzester Zeit gewaltige Eismengen schmelzen, sodass anschließend noch weniger Gewicht auf dem Untergrund lastet.