Archiv


Klimawandel gefährdet Welternährung

"Globale Kilmaerwärmung und Ernährungssicherung", so wissenschaftlich neutral war das Thema der 34. Umwelttagung der Universität Hohenheim in Stuttgart am vergangenen Freitag formuliert. Die vorgetragenen Erkenntnisse dagegen waren teilweise alarmierend, vor allem, wenn man an das doch sehr zähe Ringen denkt, das jedem Fortschritt in Sachen Umweltschutz, Entwicklungshilfe oder Friedenssicherung vorangeht.

Von Cajo Kutzbach |
    Das Klima erwärmt sich schneller, die Ackerflächen werden weniger und die Zahl der hungernden Menschen wächst. Das ist ein Dilemma, mit dem sich nicht nur Umweltgruppen, oder die Politik, sondern auch Firmen befassen. Der Biologe Dr. Manfred Kern untersucht beim internationalen Saatguterzeuger Aventis CropScience in Frankfurt den Zeitraum um 2025:

    Nach unseren Analysen gehen wir davon aus, dass wir bis zum Jahre 2025 weltweit die Nahrungsproduktion verdoppeln müssen. D.h. wir müssen mehr Lebensmittel produzieren auf dem Acker, als in den letzten 10000 Jahren zusammen. Und wenn man dann die verschiedenen Agrotechnologien und Ressourcen der Welt so betrachtet, inklusive der Klimamodifikation, dann haben wir natürlich eine Aufgabe, die nicht leicht zu stemmen ist.

    Zwar hilft uns die Natur zur Zeit noch die Auswirkungen unserer Abgase zu lindern, indem sie Kohlendioxid bindet. Aber das endet um 2050. Einerseits wachsen die Bäume eben nicht in den Himmel, andererseits macht der Klimawandel ihnen mancherorts sehr zu schaffen. Prof. Wolfgang Cramer vom Postdam-Institut für Klimafolgenforschung:

    Ein anderer Faktor ist der, dass in vielen Regionen auf Grund der Klimaerwärmung ein zusätzliches Pflanzenwachstum nicht mehr möglich ist, sondern die Pflanzen sogar absterben, wie wir es erwarten zum Beispiel in Bereichen des südamerikanischen Regenwaldes. Und das ist ja dann eine Kohlenstoffquelle, da wird Kohlenstoff ganz massiv durch Trockenheit und zusätzliche Waldbrände wieder in die Atmosphäre entlassen.

    Wer denkt, dass das uns in Europa nicht berührt, weil sich bei uns das Klima nicht so drastisch ändern wird, irrt, wie Prof. Andreas Troge, Präsident des Umweltbundesamtes Berlin, erklärt:

    Das bedeutet nicht, dass wir unsere tierische Produktion so aufrecht erhalten werden können, denn die tierische Produktion hängt zu einem starken Maße von dem Futtermittelanbau - ich sage mal - am Rio de la Plata ab. Das heißt, wenn diese Regionen durch Regenausfälle, Verschiebung der globalen Wind- und Feuchtigkeitsrichtung beeinträchtigt werden, dann ist natürlich die Futtermittelgrundlage gefährdet.

    Die Beratungsfirma Daimler SystemConsult hat ermittelt, dass in mehreren Ländern Nordafrikas und des mittleren Ostens in 15 Jahren das Trinkwasser erschöpft ist, wenn sie so weiter wirtschaften, wie bisher, aber selbst, wenn sie ihre Landwirtschaft, die weltweit 70 Prozent des Trinkwassers zur Bewässerung verbraucht, ändern, schiebt das die Katastrophe nur auf 50 Jahre hinaus. Dort kann dann auch die grüne Gentechnik nicht mehr helfen, auf die Manfred Kern einige Hoffnung setzt:

    Ein gentechnisch modifizierter Mais für Europa oder USA hergestellt, wächst in Äthiopien nicht. Aber eine Insekten-resistente Varietät in die Maissorten Äthiopiens zu transportieren, das ist ein technologisches, labortechnisches Problem. Und da brauchen wir finanzielle Unterstützung, denn das ist per se kein Markt, aber insektenresistenter Mais würde natürlich entscheidend dazu beitragen, umweltverträglicher und Ertrags-sichernder Weise auch in Äthiopien Mais zu produzieren.

    Nur 5 Pflanzen liefern 90 Prozent der Welternährung. Reagiert nur eine auf Klimaänderungen führt schon das zwangsläufig zu großen Problemen. Prof. Andreas Troge nennt einen möglichen Ausweg: Vielfalt!

    Die ursprünglich in diesen Ländern regional heimischen Pflanzen, die zu einem erheblichen Teil sogar verdrängt wurden durch die Allerweltskulturpflanzen, die auch dort angebaut werden. Wenn wir also dieses Erbe der biologischen Vielfalt wieder mobilisieren, glaube ich, dass wir auch in diesen Ländern Anpassungsstrategien im Landbau fahren können.

    Bei der Größe der Aufgabe könnte es sein, dass man Beides wird tun müssen. - Und damit alles nicht noch schlimmer wird, müssen die Abgase heute schon verringert werden.

    Ja ganz genau. Es gibt aus der jetzigen Senkenfunktion der Biosphäre heraus überhaupt kein Argument damit zu warten jetzt unsere Emissionen zu reduzieren. Es ist in der Öffentlichkeit manchmal so dargestellt worden, dass wir über die Biosphäre eine Milderung des Klimaproblems bekommen. Das ist nur von kurzer Dauer und wird verstärkt auf uns zurück kommen in etwa 50-80 Jahren.