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Klimawandel in Zentralamerika
Aufstieg der Ägyptischen Tigermücke

Die UN-Klimakonferenz in Lima soll die Grundlage für ein neues Weltklima-Abkommen schaffen. Viele Länder in Süd- und Zentralamerika leiden schon jetzt unter den Folgen des Klimawandels - und der Ägyptischen Tigermücke.

Von Markus Plate | 27.11.2014
    2013 erlebte Zentralamerika die schlimmste Dengue-Epidemie der vergangenen zehn Jahre. Fast 50.000 Infizierte in Costa Rica, gut 10.000 in Nicaragua, mindestens 60 Todesfälle zwischen Guatemala und Panama. Der Journalist Mario Angulo war fast einem Monat lang arbeitsunfähig:
    "Erst habe ich gedacht, das sei eine schwere Grippe. Als dann Gelenk- und Knochenschmerzen dazukamen, schrillten bei mir die Alarmglocken. Ich hatte sogar hämorrhagisches Denguefieber, den schweren Verlauf, der lebensbedrohlich ist. Das war schon sehr heftig, ich war die ganze Zeit im Bett und komplett ausgeknockt."
    Überträgerin des Übels ist Aedes aegypti, die schon gefährlich klingende Ägyptische Tigermücke. Denn die hat es in sich. Der Moskito überträgt neben Dengue auch Gelbfieber und in Zentralamerika neuerdings auch Chikungunya – ebenfalls eine tropische Infektionskrankheit, die früher aber nur in Afrika und Südasien gab. Die Tigermücke ist also Nutznießerin der Globalisierung. Aber auch den Klimawandel findet sie richtig gut.
    Im Zentrum von Costa Ricas Hauptstadt San José sitzt Chefmeteorologe Juan Carlos Fallas vor Aktenbergen und bunten Computerstatistiken in seinem holzvertäfelten Büro. Die Auswirkungen des Klimawandels seien in Zentralamerika dramatisch:
    "Vor allem die Mindesttemperaturen steigen. Die Höchsttemperaturen könnten bis Ende des Jahrhunderts um bis zu acht Grad ansteigen. Die Erwärmung begünstigt die Ausbreitung der Tigermücke. Früher hatten nur die Küstenregionen das Problem, heute haben wir den Moskito auch in der Hauptstadtregion, auf ungefähr 1000 Meter Höhe. Das zeigt uns, dass es neben meteorologischen auch biologische Veränderungen durch den Klimawandel gibt."
    Aufstieg der Tigermücke erhöht die Fallzahlen von Dengue
    Der Aufstieg der Tigermücke erhöht die Fallzahlen von Dengue und Chikungunya. Denn einige Millionenstädte Zentralamerikas liegen in Höhenlagen: Guatemala-Stadt auf 1500 Metern, Honduras Hauptstadt Tegucigalpa auf 900 Metern, San Salvador nur auf 650.
    Professor Marco Boza macht seinen täglichen Rundgang durch das altehrwürdige Hospital Calderón Guardia, Geburtsort und Symbol des öffentlichen Gesundheitssystems Costa Ricas. Das Fachgebiet des 45jährigen sind tropische Infektionskrankheiten.
    "Wo immer es die Tigermücke und Menschen gibt, können sich Dengue und Chikungunya ausbreiten, so wie es zuletzt 2013 passiert ist, als wir Zehntausende Dengue Infizierte hatten. Beide können nur symptomatisch behandelt werden, mit Elektrolyten und Paracetamol. Dengue klingt bei normalem Verlauf nach drei Wochen wieder ab, bei Chikungunya können aber über Monate starke Gliederschmerzen auf. Man stelle sich vor, was das für eine Volkswirtschaft bedeutet, über Monate Arbeitskräfte zu verlieren, weil Fünfzehntausend Menschen Chikungunya haben."
    Oder 30.000 Fälle, wie Mitte September in San Salvador. Der Klimawandel, so Boza, habe aber dafür gesorgt, dass verschiedene Krankheiten häufiger werden. Grippewellen kommen früher und bleiben länger, Durchfallerkrankungen nehmen durch den Temperaturanstieg zu.
    Der Tigemücke per sozialen Medien das Wasser abgraben
    Der Tigermücke das Wasser abgraben. Costa Ricas staatliche Krankenkasse wirbt in Massen- und sozialen Medien dafür, Gefäße, Autoreifen oder Regenrinnen trocken zu halten. El Salvador hat Trupps in Wohngegenden geschickt, um dem Moskito mit Insektiziden Herr zu werden. Weniger Mücken, weniger Erkrankungen, das gelte gerade in Zeiten des Klimawandels, sagt Professor Boza:
    "Wenn wir als Land, als Dorf, als Familie daran arbeiten, die Brutstätten des Moskitos zu vernichten, dann werden wir sehr schnell eine deutliche Verringerung der Infektionszahlen von Dengue und Chikungunya in ganz Lateinamerika sehen."