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Klonen oder nicht Klonen

Preisverleihung. - Gestern wurde in Berlin der Ernst-Schering-Preis verliehen. Der Preis gehört zu den renommierteren der Zunft und zählt mit Christiane Nüsslein-Volhart auch eine spätere Nobelpreisträgerin zu seinen Auserwählten. Diesjähriger Preisträger ist Ian Wilmut vom schottischen Roslin-Institut - bekannt vor allem durch das Klonschaf Dolly.

    Von Michael Lange

    Ich kenne meinen Platz hinter Dolly,

    sagt Ian Wilmut, Dollys Schöpfer, mit einem Lächeln, und beantwortet geduldig die Fragen nach dem Befinden des sechs Jahre alten, von Rheuma geplagten Klon-Schafs,

    Ich bin froh, Ihnen mitteilen zu können, dass unsere Behandlung gegen Dollys Arthritis anschlägt. Nur ein Bein ist immer noch etwas steif. Wir wissen zwar nicht wie lange, aber zur Zeit kann sie ein ganz normales Leben führen.

    Ob der Klonprozess für Dollys Arthritis verantwortlich ist, kann Ian Wilmut immer noch nicht sagen. Nicht selten leiden auch nicht geklonte, jüngere Schafe in der Region an Gelenkproblemen, erklärt er,

    Ein Hinterbein ist krank. Und Dolly hat sich öfter als andere Schafe auf die Hinterbeine gestellt - für die Fotografen. Möglicherweise hat dies die Entstehung der Arthritis gefördert.

    Egal, ob Klon-Arthritis oder Folgen der Star-Allüren - das Klonen von Tieren bleibt eine unsichere Sache. Die Labor-Arbeit ist ein ständiges Ausprobieren. Ian Wilmut will deshalb herausfinden, was beim Klonen in den Zellen wirklich abläuft: Was passiert, wenn ein Zellkern aus einer erwachsenen Körperzelle in eine Eizelle gespritzt wird, die kein eigenes Erbgut mehr besitzt? Wie gelingt es der Eizelle, den alten Zellkern so zu programmieren, das er zur Embryozelle wird? Wilmut:

    Das Magische am Klonen sind bestimmte Eiweiße in der Eizelle. Diese Faktoren steuern die genetische Information im Zellkern. Sie schalten Gene an oder aus. Vielleicht brauchen wir ja mehr von diesen Faktoren oder andere, um den Zellkern besser zu organisieren und Risiken auszuschalten. Diese Eiweiße jedenfalls machen die ganze Arbeit.

    Wilmuts Forschung könnte das Klonen also sicherer machen. Weniger Versuch und Irrtum. Weniger Totgeburten oder Behinderungen. Zunächst bei Tieren und später möglicherweise bei Menschen.

    Es ist wahrscheinlich, dass es eines Tages möglich sein wird, Menschen zu klonen. Ich bin allerdings strikt dagegen. Was mich besorgt macht, ist das Schicksal eines geklonten Kindes. Ein Franz Beckenbauer - Klon wird nicht unbeschwert leben können. Die Gesellschaft wird von ihm erwarten, dass er ein großer Fußballspieler wird.

    Und diese Belastung und Fremdbestimmung will Ian Wilmut keinem Kind zumuten. Was das so genannte therapeutische Klonen menschlicher Zellen angeht, vertritt Wilmut eine andere Position. Ein Embryo als winziger Zellhaufen sei keine menschliche Person. Und wenn sich solch ein Embryo durch Klonen aus den Körperzellen eines Patienten herstellen lässt, mit der Absicht den Patienten zu heilen, dann müsse das ausprobiert werden. Und genau das hat Ian Wilmut vor.

    In Großbritannien ist diese Forschung vor mehr als einem Jahr nach längeren Diskussionen grundsätzlich erlaubt worden. Bis Wilmut loslegen kann, muss er jedoch das Votum mehrerer Komitees abwarten: wissenschaftliche, klinische und ethische Gremien müssen ihr Einverständnis geben. Wilmut:

    Die Genehmigung ist ein langsamer, sorgfältiger Prozess. Es kann noch bis zu zwölf Monaten dauern, bis wir mit der Forschung anfangen dürfen?

    Dann müssen die Forscher zunächst Zellen sammeln. Körperzellen, die die Zellkerne mit dem Erbgut liefern - und Eizellen, die die Kerne umprogrammieren. Etwa hundert Stück müssten es schon sein - für die ersten Versuche. Frauen, die aus anderen Gründen an den Eierstöcken operiert werden, müssten freiwillig Eizellen spenden - ohne Bezahlung - betont Ian Wilmut, und ergänzt:

    Ich bin dankbar für jede Eizelle.