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Knicks in der Kritik

In Schleswig-Holstein versucht die Landesregierung, den Schutz von "Knicks" konsequenter umzusetzen. Die Wallhecken sind ein kleines Stück Natur in der Agrarlandschaft. Doch was für bedrohte Pflanzen und Tiere eine Oase ist, das finden viele Landwirte einfach nur lästig.

Von Dietrich Mohaupt |
    Es geht um grundsätzliche Fragen: Für Ina Walenda vom Bund für Umwelt- und Naturschutz BUND in Schleswig-Holstein sind die typischen Wallhecken ein extrem schützenswertes Gut in einer ansonsten sehr aufgeräumten Kulturlandschaft:

    "Schleswig-Holstein ist ja nun Agrarland - 70 Prozent der Landesfläche werden ja noch landwirtschaftlich genutzt, und davon werden über 90 Prozent intensiv landwirtschaftlich genutzt. Das heißt: Es braucht noch Rückzugsräume für Tiere, für Pflanzen - und das sind eben die Knicks. Knicks fungieren als Biotopverbundsysteme, sie sind die grüne Infrastruktur inmitten einer intensiv genutzten Landschaft."

    Um diese grüne Infrastruktur zu schützen, hat der für Landwirtschaft und Umwelt zuständige Minister des Landes, Robert Habeck von den Grünen, im Juni eine neue Verordnung erlassen. Darin ist unter anderem festgelegt, dass künftig ein 50 Zentimeter breiter Saumstreifen auf beiden Seiten der Knicks nicht mehr bewirtschaftet werden darf. Bei allem Verständnis für Umwelt- und Naturschutz - das sei ein nicht akzeptabler Eingriff in die Nutzungsrechte an seinem Eigentum, beklagt Landwirt Uwe Muxfeld. Auf seinem Land stehen rund 10 Kilometer Knicks:

    "Ich habe eine Betriebsfläche von 90 Hektar - bewirtschaften können wir 85 Hektar, weil die verbleibenden fünf Hektar jetzt schon reine Knickfläche sind. So - wenn wir jetzt nach der neuen Verordnung wirtschaften, dann wird sich diese Fläche mehr als verdoppeln, so dass wir auf über zehn Prozent meiner Betriebsfläche in diesen Schutzraum reinkommen. Und das ist für mich ein wirtschaftlicher Schaden, den ich so nicht hinnehmen kann."

    Gemeinsam mit zwei Berufskollegen hat Uwe Muxfeld deshalb vor dem Oberverwaltungsgericht in Schleswig Klage gegen die neue Knickschutzverordnung eingereicht - mit Unterstützung des Bauernverbandes. Wie gesagt - es geht um grundsätzliche Fragen, betont Verbandspräsident Werner Schwarz:

    "Also - die Bauern fasst es wirklich an, wenn es um das Eigentum geht. Hier geht es nicht direkt um das Eigentum, sondern um die Einschränkung der Nutzung - und das fasst die Bauern an und deswegen können wir im Moment nicht mit dem einverstanden sein, was Herr Habeck in Sachen Saumstreifen vorgeschlagen hat."

    Unter dem Strich gehen den Landwirten in Schleswig-Holstein so rund 3.500 Hektar Fläche verloren, rechnet Schwarz vor. Der grüne Minister Habeck hört sich diese Klagen geduldig an. Dass er sich mit seiner Verordnung bei den Landwirten nicht besonders beliebt gemacht habe, sei ihm schon klar, meint er. Als Landwirtschafts- und Umweltminister könne er aber nicht nur die ökonomischen Interessen der Bauern berücksichtigen:

    "Es ist auch meine Aufgabe, auch auf die nicht-ökonomischen Güter - also Wasser, Luft, Boden, Arten - zu achten. Und der Knick ist nun einmal der entscheidende Lebensraum in Schleswig-Holstein, wo sich Arten zurückziehen können und fortpflanzen können, und wir müssen feststellen, dass die Knicks leiden unter der intensiveren Landwirtschaft und die Maßnahmen, die wir ergriffen haben, sind - so finde ich - noch immer mit Augenmaß und unter Berücksichtigung der Belange der Landwirtschaft getroffen worden."

    Genau das bestreitet der Bauernverband aber - die neue Knickschutzverordnung sei eine Art Enteignung, so der Vorwurf in Richtung Ministerium. Ein allzu durchsichtiges Manöver, meint dazu Ina Walenda vom BUND:

    "Also wir halten das Geschrei das Bauernverbandes für ein reines Wahlkampfgetöse im Vorfeld der Bundestagswahl am 22. September. Die Regelungen, die jetzt kommen, die neuen Knickschutzbestimmungen, die richten sich nach geltendem Naturschutzrecht, es gibt auch ein Urteil des Oberlandesgerichts in Schleswig, das das noch einmal bestätigt."

    Und auch der Minister setzt auf die Zeit nach der Bundestagswahl - und auf Dialog mit den Bauern in einer dann wieder deutlich entspannteren Atmosphäre.