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Knochen aus der Spritze

Medizin. - In Freiburg kommen zur Zeit die Gewebezüchter der Welt zum "Weltkongress tissue engineering" zusammen. Organzüchtung gehört zwar immer noch zu den weit entfernten Wunschzielen der Branche, doch bei Haut und Knochen können sie bereits Einiges vorweisen. Etwa den Knochen aus der Spritze.

    Bei normalen Knochenbrüchen sorgt der Organismus selbst dafür, dass die Lücke verschwindet. Knochenbildende Zellen wandern in die Bruchstelle ein und bilden neues Gewebe, das nach einer gewissen Zeit ausgehärtet wie der restliche Knochen ist. "Dieser Prozess tritt nun nach einigen Erkrankungen oder Operationen nicht ein, wenn etwa ein größeres Stück Knochen fehlt, oder der Knochen nach größeren Entzündungen weggeeitert ist, oder bei Osteoporose, dann reicht das Potential des Knochens nicht aus", erklärt Björn Stark, Professor für plastische Chirurgie an der Universitätsklinik Freiburg.

    An Starks Klinik hat man daher bereits früh an der Gewebezüchtung geforscht, um mit Material aus dem Labor die Lücke zu schließen. Die Universität Freiburg stellt zusammen mit den in ihrem Umkreis entstandenen Biotechnologiefirmen ein bundesdeutsches Zentrum auf diesem Gebiet dar. Bei den Laborknochen verfolgen die Freiburger zwei Wege. "Man kann versuchen einen festen Knochen zu machen, der dann festgeschraubt oder irgendwie verankert werden muss, die andere Möglichkeit ist, dass man etwas einbringt, dass dann im Körper Knochen bildet", so Stark. Für den vorgefertigten festen Knochen gibt es nur wenige Anwendungen, außerdem ist eine Operation notwendig. Doch für den anderen Weg, den "Knochen aus der Spritze" gibt es zahlreiche Anwendungen. Es handelt sich um knochenbildende Zellen, die aus der Hüfte des Patienten entnommen und im Labor vermehrt werden.

    Zusammen mit Nährstoffen und einem Fibrinkleber werden die Zellen dann in der Nähe des Bruches unter die Haut des Patienten gespritzt. Von dort aus werden mehrere Millionen knochenbildende Zellen von Alarmstoffen zur Bruchstelle gelockt und beginnen dort Knochen zu bilden, wie beim natürlichen Prozess auch. Ein so geflickter Knochen hält besser als die beste Prothese. In Zellkulturen und Tierversuchen hat sich das Verfahren bereits bewährt. Möglicherweise können schon im kommenden Jahr die ersten klinischen Tests vorgenommen werden.

    [Quelle: Michael Lange]