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Koch-Show-Küche mit Sushi-Bar

Weiße Zimmereinrichtung mit einigen Edelholzmöbeln für den Öko-Chic, große Küche mit Ess-Bar, so wohnt heute der Trendbewusste. Gezeigt werden die neuen Möbelkreationen und Wohnideen auf der internationalen Einrichtungsmesse, die bis zum 20. Januar in Köln stattfindet.

Von Beatrix Novy |
    Männer für die Hausarbeit zu gewinnen, sprach einmal ein Kabarettist, sei gar nicht schwierig: Man müsse ihnen nur die richtigen Geräte bieten; nach dem Vorbild des beliebten Aufsitz-Rasenmähers also zum Beispiel den Aufsitz-Staubsauger, dann gäbe es an den Kneipentresen nur noch ein Thema: welche Marke, wieviel Leistung bei wieviel PS, toller Wendekreis und so weiter.

    Einen ähnlichen Ansatz verfolgt offenbar der große Küchenhersteller, der auf der Möbelmesse die Küche für den Mann präsentiert: Männern, sagt der Vertreter der Firma, müsse man küchenästhetisch schon anders kommen, um sie endgültig an den Herd zu bewegen, also: mit sehr glatten gebürsteten Kiefer-Oberflächen, sehr strengen Aluminium-Rahmen, starren Rechteck-Formen, dunklen Grautönen. Es fehlt nur das Porsche-Motoren-Geräusch beim Anwerfen des Backofens, um den Chef de Cuisine in Stimmung zu bringen.

    Art of Kitchen ist einer der vielen Themenbereiche, mit denen die Möbelmesse sich wie jedes Jahr auf der Spur der großen Lebenstrends hält: Näher dran am Zeitgeist kann man angesichts der Explosion der Fernseh-Kochshows nicht sein. "Auf einer riesigen Bühne werden die modernen Küchentempel als anziehende Kraftfelder der Begegnung zelebriert", schwärmt die Messe-Eigenwerbung, und wahrlich: Im Konzept weitläufiger Gesamtinszenierungen, das sich die Messe-Gestalter für dieses Jahr zurechtgelegt haben, wirken die Küchen gewaltig.

    Die schon etwas ältere Erkenntnis, dass die Küche das Zentrum häuslicher Geselligkeit ist, findet ihren Ausdruck neuerdings in der Ess-Bar, dem Großmodul in der Küchenmitte mit eingebautem Herd, Tischplatte, Barhockern. Wie in der Sushi-Bar oder auf der Hühnerstange sitzen die Tafelnden aufgereiht, den Blick auf den weißdiamant lackierten Schrank mit neon-erleuchteter Edelstahlarbeitsfläche, der eingerahmt ist von zwei Backöfen. Nein, dies ist kein Modell für die Gastronomie, sondern für den Privathaushalt. Wie gut da gekocht wird, darauf haben solche hochdesignten Küchen übrigens nachweislich keinen Einfluss.
    Ansonsten ist durch weitläufige Gesamtinszenierungen, offenere Stände und klare Orientierungen eine neue Übersichtlichkeit, ein Gefühl von "weniger ist mehr" in die Messe gekommen, die durchaus gut tut. Auch das schwierige Geschäft der Innovation in einer Branche, die immer gleichzeitig auf das Bewährte setzen muss, zeigt einige Höhepunkte.

    Gewiss, das Bett mit den fünf Motoren und fünf elektronisch individuell einstellbaren Liegelagen - die Memory-Funktion für das Fernsehen, für das Essen und was sonst noch alles - dieses Bett also gehört wieder in die Liga der ermüdenden Wellness-Ideen, auf die hoffentlich keiner gewartet hat. Aber dies bleibt Ausnahme, das Misstrauen legt sich wieder beim Anblick des Multi-Funktions-Sofas, das schlau gemacht ist: Eine bodenlange Lehne wird durch eine rotierende Schiene zum Polster, das aus dem Sofa eine Lümmelwiese oder ein Doppelbett macht; die Lehne hochgestellt und zurückgefahren verwandelt das Sofa sich wieder in das kubisch strenge Möbel, das derzeit Möbelmode ist. Gerade in Halle Elf mit den von Kuratoren verlesenen Ausstellern kann kaum was schiefgehen: Hier sieht man, im formalen Einklang mit der Standarchitektur, Regale und Schrankwände des Designers Peter Maly, die seltsame Schrägen aufweisen und doch funktional sind: Auf das Regal für große und kleine Bücher hat man sehr wohl gewartet, allerdings taugt das Maly-Modell für nicht sehr viele Bücher.

    Zum Eindruck der Übersichtlichkeit tragen die klösterlichen Formen bei: Drei Bretter im langen Rechteck: ein Tisch. Zwar stechen mitunter bunteste Kissen- und Decken aus dem vornehmen Weiß- und Grautönen hervor, aber sie dienen der Aufmunterung in einer Kulisse, in der vornehmes Weiß den Ton angibt und die Farben guter Hölzer, Massivhölzer zumal, die ausdrücklich in den sogenannten Mega-Trend des Ökologischen - in Möbelmesse-Diktion sagt man Öko-Chic dazu - einbezogen sind.

    Puristisch auch der lange weiße Tisch eines Schweizer Herstellers, der einen kleinen Schlitz aufweist: Da steckt man den I-Pod rein und raus kommt Musik aus unter dem Tisch angebrachten Lautsprechern. Das ist die revolutionäre Entmaterialisierung des Wohnzimmers. Nur ein paar Stände weiter werden weiß lackierte Edelstahl-Glas-Regale für CDs präsentiert - wenn die wüssten!