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Kochblogbücher
Vom Foodblog zum Kochbuch

Immer mehr erfolgreiche Foodblogger veröffentlichen ihre Rezepte auch als normale Kochbücher. Die neue Konkurrenz bringt Bewegung in den Markt. Doch der Schritt vom Digitalen zurück ins Analoge ist eine Herausforderung nicht bloß kulinarischer Art.

Von Juliane Neubauer |
    Blick auf eine Tisch mit einer Pfanne Gambas, Weißbrot und Wein
    In letzter Zeit allerdings gäbe es eine Art Epidemie der Amateure, die den Kochbuchmarkt überschwemmten, meint ein Kochbuchautor. (deutschlandradio.de / Daniela Kurz)
    Sophia Hoffmann trägt blondes schulterlanges Haar, viele bunte Tattoos und oft eine Schürze, denn sie kocht für ihr Leben gern. Seit vier Jahren teilt sie ihre Erlebnisse am Herd mit der Welt über einen Foodblog. "Oh, Sophia" heißt der und hat mittlerweile viele Tausend Leser. Um noch mehr Menschen mit ihren verspielten, veganen Rezepten zu erreichen, entschied Hoffmann sich ihre Rezepte, ganz analog, in einem Buch zu veröffentlichen.
    "Also für mich ist dieses erste Buch wirklich ein Resümee aus den letzten Jahren, also das ist schon viel zusammengetragen eben, vom Blog, aber auch von meinen Dinner-Abenden, was jetzt noch nicht irgendwo in Rezeptform veröffentlicht war, was ich nur schon mal gekocht hatte für Leute, aus den Kochkolumnen, die ich geschrieben hab. Aus diesen drei Teilen ist das so ein Konglomerat würde ich sagen."
    Sophia Hoffmann ist eine von vielen Foodbloggerinnen, die ihre Kochleidenschaft nun auch in Büchern vermarkten. Ein Trend, der sich seit knapp drei Jahren langsam entwickelt hat. Die "Kochblogbücher" sprießen aus allen Verlagen. Natürlich vor allem aus einem Grund, weil sie sich gut verkaufen. Stephanie Wenzel leitet die Kochbuchredaktion des Gräfe und Unzer Verlags, der deutschlandweit für seine Kochbücher bekannt ist. Wenzel erklärt, warum die Zusammenarbeit mit Bloggern ihr besonders gut gefällt:
    "Die Foodblogger die wollen dann eigentlich auch mehr eingebunden sein bei der ganzen ästhetischen Umsetzung. Die wollen also die verschiedenen Layoutschritte verfolgen. Bei den Fotoproduktionen wollen sie oft mit dabei sein und wir finden da natürlich klasse."
    Qualitative Unterschiede
    Hildegard Möller zählt sich noch zu den klassischen Kochbuchautoren. Sie hat keinen Blog.
    Dafür hat sie schon zehn Kochbücher veröffentlicht. Obwohl sie denkt, dass es, was die Rezeptsprache und -konzeption angeht schon qualitative Unterschiede gibt, bewundert sie die oftmals jungen Blogger doch für ihre Weltgewandtheit.
    "Also ich muss ja ehrlicher Weise gestehen, dass die Blogger also ja ziemlich die Nase vorn haben, die sind einfach, was die neuesten Trends angeht sind die halt auch so ziemlich auf Zack und können das dann natürlich auch ganz schnell umsetzen auf ihren Blogs und wenn sie Glück haben wird dann natürlich daraus auch schnell ein Kochbuch gemacht."
    Schnell ein Kochbuch daraus machen, eine Formulierung, die bei Jürgen Dollase die Alarmglocken klingeln lassen.
    Seit über 15 Jahren schreibt der Maler, Musiker und Journalist unter anderem für die Frankfurter Allgemeine Zeitung kulinarische Kolumnen, rezensiert Kochbücher.
    Trivialitäten in Buchform
    Er erinnert sich zurück an eine Zeit, in der nur Experten ihr Küchenwissen über Bücher verbreiteten. Vor Hundert Jahren waren es zum Beispiel Köchinnen, die für Köchinnenschulen arbeiteten, gibt Dollase zu bedenken. In letzter Zeit allerdings gäbe es eine Art Epidemie der Amateure, die den Kochbuchmarkt überschwemmten. Das traditionelle, über Jahrzehnte erlangte Küchenwissen würde verdrängt. Ein Zustand den Dollase den Verlagen zum Vorwurf macht.
    "Ich glaube schon, dass das Auftauchen dieser trivialen Ideen in Büchern so etwas ist, wie eine Bestätigung dafür, dass man jetzt auch buchfähig ist, das das Buch noch immer heute einen Stellenwert hat, der oberhalb des Netzes eigentlich liegt. Und wenn jetzt diese Trivialitäten in Buchform erscheinen, ist das eine Aufwertung dieses Bereichs, das finde ich nicht gut und da muss ich die Verlage auch hart kritisieren."
    Ob viele veröffentlichte und verkaufte Kochbücher vielleicht ein Zeichen für eine steigende Lust am Kochen sei? Nein, sagt Jürgen Dollase. Kochbücher seien einfach ein schönes Geschenk und schön anzuschauen. Nichtkocher an den Herd locken, das könnte selbst das beste Kochbuch nicht.
    Sophia Hoffmann ist durchaus bewusst, dass sie gestandenen Kochbuchautorinnen vielleicht noch nicht ganz das Wasser reichen kann, das Geheimnis zum Erfolg scheint sie trotzdem gelüftet zu haben.
    "Ich habe schon einen sehr hohen Anspruch, ich will natürlich auch, dass meine Rezepte funktionieren. Ich hab zum Beispiel auch das Foodstyling selber gemacht und ich sag mal so, man lernt immer noch was dazu und ich hab jetzt nicht die Erfahrung, wie jemand, der seit zehn Jahren Kochbücher schreibt, aber ich habe halt eine wahnsinnige Leidenschaft für das, was ich mach."