Aus dem dickwandigen Bottich aus rostfreiem Stahl vorne auf dem Dozentenpult, wabert weißlicher Dampf. Und sobald Jérôme Lévy ein Häufchen Dosenschlagsahne auf einem Stahllöffel in den Topf taucht, brodelt es ganz gewaltig. Gefüllt ist er mit 196 Grad Minus kaltem Stickstoff. Lévy, dessen Firma sich auf den Vertrieb von flüssigem Stickstoff spezialisiert hat, trägt einen Laborkittel, Kälte abweisende Handschuhe und eine Schutzbrille. Nach einer guten Minute holt er den Löffel aus dem Bottich und präsentiert ein Häubchen aus tief gefrorener Sahne. Nun, eher halbgefroren, muss er zugeben:
"Ich habe nicht lang genug gewartet. Normalerweise ist die Speise richtig durchgefroren, wenn sich an ihrer Oberfläche keine Bläschen mehr bilden. Ich habe es zu eilig gehabt - das Lampenfieber."
Bei dieser futuristisch anmutenden Zubereitungsmethode, Schockfrosten genannt, entstehen kleine Eiskristalle, die ohne Knirschen im Mund schmelzen. Lévy schwört, dass der flüssige Stickstoff die Aromen pusht und neue Gaumenfreuden kreiert. Ausgetüftelt hat dieses Verfahren Hervé This in seinem Pariser Labor. Seit bald zwanzig Jahren erforscht der Chemiker, Pionier unter den Molekulargastronomen, die molekularen Prozesse, die bei der Zubereitung von Speisen ablaufen. Sein erklärtes Ziel: die Kochkunst zu revolutionieren. Dank wissenschaftlich basierter Rezepte soll jede Speise auf Anhieb gelingen. Nun gibt Lévy einige Tropfen Olivenöl in seinen Kochtopf. Und fischt eine Art Olivenöl-Gries heraus. Kleine Kristalle, die in der Handwärme wieder flüssig werden, wie zwei Testesser in der ersten Reihe bestätigen:
"Das ist schon sehr eigen."
"Es braucht einige Sekunden, bis man was schmecken kann."
"Super, aber befremdlich."
Die Kristallisierung von eigentlich flüssigen Zutaten ist nur eine Möglichkeit, flüssigen Stickstoff in der Küche einzusetzen. Denn die tiefe Kälte bewirkt auch ähnliche molekulare Prozesse, wie sie beim Erhitzen von Speisen eintreten. So "kocht" Lévy bei minus 196 Grad ein russisches Ei: heraus kommt ein rundes Eigelb, außen fest, innen jedoch flüssig.
"Ohlala - da wird Essen zum Abenteuer. Das Ei schmeckt nach Artischocke."
Die Kundschaft für den flüssigen Stickstoff findet Lévy am ehesten unter den Küchenprofis: Starköche, Großküchen, Industrie. Doch andere Verfahren der molekularen Küche kann auch jeder Hobbykoch nutzen: beispielsweise Speisen innovieren mit Agar, einem traditionellen Geliermittel aus Algen. Beim Molekularkochkurs im Pariser Hörsaal werden da leicht glitschige, fast transparente Nudeln in allen möglichen Formen gezeigt. Sie werden nicht aus Teig geformt, sondern, dank Agar, aus klassischem Erdbeer-Sirup geliert. Ein Konditor, der an der Berufsschule lehrt, bleibt jedoch skeptisch:
"Wir stellen uns hier gerade die Frage, ob es den Technikern möglich ist, diese Algenkügelchen noch geschmacklich zu trimmen. Es ist ja ganz prima, neue Zubereitungsmittel an der Hand zu haben. Aber neben der Augenfreude muss das ja auch eine Gaumenfreude bringen. Mit meinen Schülern habe ich Minze-Kaviar zubereitet, eines der Hitrezepte der molekularen Küche. Die Schüler hatten viel Spaß am Kochen, aber nicht am Essen."
Geschmacklich sind einige Innovationen der molekularen Küche noch nicht ausgereift genug für eine industrielle Fertigung, meint auch ein Vertreter der Lebensmittelindustrie. Doch für Francoise Poujet, die beruflich hochwertiges Olivenöl bewirbt, hat Olivenöl-Gries aus dem Stickstoff-Bottich unbedingt Zukunft.
"Da werden wir doch wieder zu Kindern, die neue Spiele entdecken. Die Molekularküche produziert ästhetisch hochwertige Speisen. Das macht Lust, Neuheiten in der Küche einzuführen."
"Ich habe nicht lang genug gewartet. Normalerweise ist die Speise richtig durchgefroren, wenn sich an ihrer Oberfläche keine Bläschen mehr bilden. Ich habe es zu eilig gehabt - das Lampenfieber."
Bei dieser futuristisch anmutenden Zubereitungsmethode, Schockfrosten genannt, entstehen kleine Eiskristalle, die ohne Knirschen im Mund schmelzen. Lévy schwört, dass der flüssige Stickstoff die Aromen pusht und neue Gaumenfreuden kreiert. Ausgetüftelt hat dieses Verfahren Hervé This in seinem Pariser Labor. Seit bald zwanzig Jahren erforscht der Chemiker, Pionier unter den Molekulargastronomen, die molekularen Prozesse, die bei der Zubereitung von Speisen ablaufen. Sein erklärtes Ziel: die Kochkunst zu revolutionieren. Dank wissenschaftlich basierter Rezepte soll jede Speise auf Anhieb gelingen. Nun gibt Lévy einige Tropfen Olivenöl in seinen Kochtopf. Und fischt eine Art Olivenöl-Gries heraus. Kleine Kristalle, die in der Handwärme wieder flüssig werden, wie zwei Testesser in der ersten Reihe bestätigen:
"Das ist schon sehr eigen."
"Es braucht einige Sekunden, bis man was schmecken kann."
"Super, aber befremdlich."
Die Kristallisierung von eigentlich flüssigen Zutaten ist nur eine Möglichkeit, flüssigen Stickstoff in der Küche einzusetzen. Denn die tiefe Kälte bewirkt auch ähnliche molekulare Prozesse, wie sie beim Erhitzen von Speisen eintreten. So "kocht" Lévy bei minus 196 Grad ein russisches Ei: heraus kommt ein rundes Eigelb, außen fest, innen jedoch flüssig.
"Ohlala - da wird Essen zum Abenteuer. Das Ei schmeckt nach Artischocke."
Die Kundschaft für den flüssigen Stickstoff findet Lévy am ehesten unter den Küchenprofis: Starköche, Großküchen, Industrie. Doch andere Verfahren der molekularen Küche kann auch jeder Hobbykoch nutzen: beispielsweise Speisen innovieren mit Agar, einem traditionellen Geliermittel aus Algen. Beim Molekularkochkurs im Pariser Hörsaal werden da leicht glitschige, fast transparente Nudeln in allen möglichen Formen gezeigt. Sie werden nicht aus Teig geformt, sondern, dank Agar, aus klassischem Erdbeer-Sirup geliert. Ein Konditor, der an der Berufsschule lehrt, bleibt jedoch skeptisch:
"Wir stellen uns hier gerade die Frage, ob es den Technikern möglich ist, diese Algenkügelchen noch geschmacklich zu trimmen. Es ist ja ganz prima, neue Zubereitungsmittel an der Hand zu haben. Aber neben der Augenfreude muss das ja auch eine Gaumenfreude bringen. Mit meinen Schülern habe ich Minze-Kaviar zubereitet, eines der Hitrezepte der molekularen Küche. Die Schüler hatten viel Spaß am Kochen, aber nicht am Essen."
Geschmacklich sind einige Innovationen der molekularen Küche noch nicht ausgereift genug für eine industrielle Fertigung, meint auch ein Vertreter der Lebensmittelindustrie. Doch für Francoise Poujet, die beruflich hochwertiges Olivenöl bewirbt, hat Olivenöl-Gries aus dem Stickstoff-Bottich unbedingt Zukunft.
"Da werden wir doch wieder zu Kindern, die neue Spiele entdecken. Die Molekularküche produziert ästhetisch hochwertige Speisen. Das macht Lust, Neuheiten in der Küche einzuführen."