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Kölle Allah!

Die angekündigte Gründung des ersten "Türkischen Karnevalsvereins Deutschlands" (TKVD), natürlich in Köln, hat sich als Scherz dreier Fernsehkomiker entpuppt. Eigentlich schade, hätte doch ein Türkischer Karnevalsverein gut in die Domstadt gepasst. Meint zumindest der Kölner Autor Bernd Imgrund.

Von Bernd Imgrund |
    Der Kölner verkleidet sich ja gern und im Prinzip bei jeder Gelegenheit. Nehmen wir nur mal die kölschen Stämme. Es gibt kölsche Nejerköpp, kölsche Mongolen und kölsche Chinesen. Politisch so richtig koscher ist das alles nicht. Die Chinesen zum Beispiel kommen vom Takuplatz, der nach einem deutschen Massaker während des Boxeraufstands benannt ist. Und Neger, nun ja, der Begriff hat doch ziemlich ausgedient heutzutage. Warum also gibt es eigentlich keine kölschen Türken?

    Kölsche Türken - das wäre die Marktlücke, da stimmt von vorne bis hinten alles. Die brauchen sich nicht zu verkleiden, und die brauchen das Brauchtum nicht zu studieren, weil sie's mit der Muttermilch eingesogen haben.

    Zum Beispiel die Sache mit dem Bartwuchs. Dieser enorme genetische Vorteil, dass so ein kölscher Türke sich mit 12 schon das erste mal richtig rasieren kann. Der kölsche Karnevalist an sich trägt einen buschigen Schnäuzer, und wenn ihm keiner wächst, klebt er sich einen an. Probleme, die der kölschtürkische Karnevalist gar nicht kennt - vielleicht höchstens, dass er sich den an den Mundwinkeln runtergezogenen Schnauz an Weiberfastnacht mal ordentlich hochzwirbelt.

    Problematisch hingegen, dass der Moslem keinen Alkohol trinkt. Es gibt da so Bands und Interpreten, ich will jetzt hier keine Namen nennen, aber: Die erträgt man nüchtern einfach nicht!

    Und da hilft auch kein Kopftuch!

    Andererseits: Es gibt da Parallelen, die sind nicht so einfach von der Hand zu weisen. Denken wir mal nur an die sprachliche Ebene:

    Was sind die Lieblingsbuchstaben der Türken? - Das ö und das ü.

    Und was steckt in Kölle? Und in Höhner und in Bläck Fööss? Und worauf endet Kamellö? Und wie schreibt man Strüüssjer?.

    Mit anderen Worten: Ein türkischer Karnevalsverein, das wäre die Symbiose zweier Kulturen, die eigentlich schon immer zusammengehörten. Das wäre nicht multi-kulti, sondern kulti-kulti, das Ende der Parallelgesellschaft. Wo andere nur über Integration reden, wird sie in Köln vorangetrieben, Döner und Halver Hahn gehen jetzt Hand in Hand. Ab sofort gibt es Lammfleisch im Röggelchen und Gouda im Fladenbrot. Hauptsache: Alles ist irgendwie verkleidet.

    Der Kölner Karneval beginnt stets am 11.11. eines jeden Jahres, und zwar um 11 Uhr 11. Da macht man sich zum Narren, zieht sich die Pappnase auf und schunkelt durch bis Aschermittwoch, das ist meistens irgendwann im Februar. Und kaum hat man die Kostüme abgelegt, zieht auch schon der CSD durch die Stadt. Da verkleidet man sich als knackiger Bauarbeiter oder Lederheld und schunkelt durch bis zum Abwinken. Aber dann. Aber dann kommt der Sommer, und bis zum nächsten 11.11. ist es noch lang hin. Saure-Gurken-Zeit, die Narrenkappe verschimmelt im Keller, Motten zerfressen die Wolfgang-Petry-Perücke.

    Auch hier jedoch schüfe eine Kölsch-Türkische Spaßguerilla Abhilfe, man denke nur an den Ramadan. Dieses Jahr ist sein Beginn für den 22. August ausgerechnet, und weil das ein Mondfest ist, dauert das volle 30 Tage.

    Mitten in die sommerliche Kostümierungsödnis hinein: ein Fest voller wallender Gewänder, reizender Schleier und herb-männlicher Gesichtsbehaarung. Die moslemisch-katholische Hymne gibt es ja schon, sie stammt von einer Band mit gigantischen Schnäuzern und einem schwer integrativen ö im Namen: Die Karawane zieht weiter, dä Sultan hät Doosch.

    Darauf ein kräftiges Kölle Allah oder Ölööf.