Freitag, 19. April 2024

Archiv

Köln beruft Hein Mulders
Es ist gerade kein Vergnügen, Opernintendant in Köln zu werden

Hein Mulders soll neuer Intendant der Oper Köln werden. Für ein künstlerisches Profil stehe er zwar nicht, kommentiert Stefan Keim. Doch nach der Debatte um die kurzfristige Nichtverlängerung von Birgit Meyer sei in Köln schon viel gewonnen, wenn es nur auf der Bühne Mord und Totschlag gebe.

Ein Kommentar von Stefan Keim | 12.04.2021
    Ein Mann mit dünner, ovaler Brille und Drei-Tage-Bart ist im Porträt zu sehen, er hält den Mund leich geöffnet, die Hände gestikulieren erhoben, etwas unter dem Gesicht.
    Der Niederländer Hein Mulders soll Kölner Opernintendant werden. (dpa-news / picture-alliance)
    Der Aufschrei war groß, als Ende letzten Jahres bekannt wurde, dass die Stadt Köln den Vertrag der Opernintendantin Birgit Meyer nicht verlängert. Sogar die deutschsprachige Opernkonferenz – die Leitungen der großen Musiktheater – protestierte in einem offenen Brief, bescheinigte der Intendantin eine gute Arbeit und fragte, wie ein Nachfolger in so kurzer Zeit überhaupt einen anspruchsvollen Spielplan zusammenstellen könne. Denn schon im Sommer 2022 wird nun in Köln gewechselt.

    Vor allem in der Oper keine Bäume ausgerissen

    Zwei bis drei Jahre Vorbereitungszeit sind im internationalen Operngeschäft normal, weil gute Leute durch längerfristige Verträge gebunden sind. Die Aufgabe ist nun bei Hein Mulders gelandet. Er leitet seit acht Jahren das Aalto-Musiktheater und die Philharmonie in Essen. Vor allem in der Oper hat er keine Bäume ausgerissen. Vorher unter der Leitung von Stefan Soltesz galt Essen als eines der wichtigsten Musiktheater Deutschlands, dann folgte ein jäher Absturz, auch beim Publikum. Inzwischen hat sich das Haus auf mittlerem Niveau stabilisiert und produziert gelegentlich einen Achtungserfolg. Eine "künstlerische Handschrift", wie sie sich Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker von Mulders verspricht, ist in Essen nicht zu erkennen. Aber große kulturpolitische Kompetenz ist in Köln schon lange nicht mehr in Sicht, man erinnere sich nur an das Debakel um die Ernennung des neuen Schauspieldirektors, der nach einem großen öffentlichen Aufschrei seine Bewerbung zurückzog.

    Schlammschlacht um Birgit Meyer

    Die Ernennung von Hein Mulders passt ins Bild. Er ist ein sympathischer, offener Mensch, einer, mit dem man reden kann. Beim Essener Skandal um den zurückgetretenen Geschäftsführer Berger Bergmann im letzten Jahr blieb Mulders vorsichtig taktierend in Deckung. Er ist kein Uwe-Eric Laufenberg, mit dem die Kölner Oper die spannendste Zeit der letzten Jahrzehnte hatte, der aber auch oft und gern für Streit sorgte. In Köln gibt es mit Francois-Xavier Roth einen mit großen Machtbefugnissen ausgestatteten Generalmusikdirektor. Und eine ausgeprägte Neigung zum Intrigieren. Um Birgit Meyer gab es zuletzt eine Schlammschlacht mit anonymen E-Mails und zum Teil absurden persönlichen Vorwürfen. Wahrscheinlich war es gar nicht so leicht für die Headhunter, die bei der Besetzung solcher Positionen aktiv werden, überhaupt einen passenden Kandidaten zu finden. Hein Mulders muss nun erst einmal die Ersatzspielstätte weiterführen und den Umzug ins hoffentlich irgendwann sanierte Opernhaus schaffen. Wobei die Stadt gerade 14 Millionen Euro aus dem Sanierungskredit verzockt hat, weil sie das Geld bei der Pleitebank Greensill angelegt hatte. Doch das ist eine andere Geschichte. Auf jeden Fall ist es gerade kein Vergnügen, Opernintendant in Köln zu werden. Hein Mulders steht mit seiner ausgleichenden, ruhigen Art zwar nicht für künstlerisches Profil. Aber wahrscheinlich muss die Oper Köln ohnehin erst einmal bescheidener denken. Wenn es in den nächsten Jahren nur auf der Bühne Mord und Totschlag gibt, scheint schon viel gewonnen.