In den letzten Jahren war ein objektiver Nutzen der Popkomm immer schwerer auszumachen: technologische Neuerungen, heute hektisch diskutiert und vor allem: propagiert - im nächsten Jahr schon wieder vergessen. Die Branche, auf Treibsand gebaut, wusste nicht, in welche Richtung sie flüchten sollte vor zwei sehr hartnäckigen, feindlichen Brüdern: sinkender Tonträgerabsatz der eine, explodierende CD-Rohling-Verkäufe der andere.
Die Popkomm gewann Profil als ein jährliches, zuverlässiges Forum für Cassandra-Rufe. Im nächsten Jahr ist sie fort, nach Berlin - und da gehört sie auch hin, darf der Kölner sich trösten...der allenfalls in einem früheren Leben zugeben mag, dass er die Popkomm 1989 vom ewigen Rivalen Düsseldorf stibitzt hat.
Popkomm demnächst also in Berlin, der Stadt der symbolischen Politik, deren industrielles Herz vollkommen dünnblütig gespeist wird - wie erst jüngst wieder einer Wirtschaftsstatistik zu entnehmen war.
Berlin, Köln, Düsseldorf; dringend hinzufügen ist Wuppertal. Dort ist in den 80er Jahren ein Mann namens Dieter Gorny aufgebrochen. Er hat es vom Bass-Lehrer an der städtischen Musikschule Wuppertal über den Popkomm-Chef bis zum Vorstandsvorsitzenden der VIVA Medien AG gebracht. Gorny aber ist mehr, er ist vor allem ist der Pop-Beauftragte der SPD! Zwar steht dieses Amt nominell dem früheren Ministerpräsidenten von Niedersachsen zu - und mit jenem teilt er auch die physiognomische Eigenschaft der dicken Backen. Im Gegensatz zu Sigmar Gabriel aber nutzt Dieter Gorny diese auch zum Pfeifen. Und er pfeift seit Jahren Melodien, die seinem Grossen Mentor gut gefallen.
Dieser Grosse Mentor war früher Minister, dann Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen, seit einem Jahr sitzt er in Berlin und zündet als Bundeswirtschaftsminister eine Idee nach der anderen: Wolfgang Clement.
Noch ist Gorny ihm nicht gefolgt, sondern mit VIVA lediglich auf die andere Rheinseite gezogen - in den Augen vieler Kölner hat er damit schon einen großen Teil der Strecke zurückgelegt. Die Popkomm in Berlin. Ein wirkliches Problem hat damit nur der Kölner Oberbürgermeister Fritz Schramma. Der Lieblings-Tor des deutschen Feuilletons bangt nun um eine Veranstaltung, die nicht auf der Liste der schützenswerten Kulturgüter steht, die sich aber als Wurmfortsatz der Popkomm zu einer Größe der Kölner Folklore entwickelt hat, das Ringfest.
Im Kölner Karnevalskalender besetzt das Ringfest die wirtschaftspolitisch strategische Position zwischen dem Christopher Street Day und dem 11. im 11., wenn der Motor des auch wirklich so genannten Karnevals wieder anspringt.
Link: mehr ...
1548.html