Archiv

Kölner Journalistenschule
Ran an die Wirtschaft

Seit 50 Jahren bildet die Kölner Journalistenschule für Politik und Wirtschaft junge Medienmacher aus - finanziert zur Hälfte von Unternehmen. Im Gegenzug dürfen die Wirtschaftsvertreter schon früh Kontakte zum journalistischen Nachwuchs knüpfen.

    Eine junge Frau trägt am 28.09.2017 in Berlin im Stadtteil Mitte eine Jutetasche mit der Aufschrift "IRGEN DWAS MITM EDIEN" für "Irgendwas mit Medien".
    Einen von vielen Wegen in den Journalismus bieten die verlagsunabhängigen Journalistenschulen in Köln und München an. (picture alliance / Wolfram Steinberg)
    Knapp ein Dutzend Schülerinnen und Schüler sitzt in einem Klassenraum der Kölner Journalistenschule für Politik und Wirtschaft. Auf dem Stundenplan heute steht nicht etwa Meldung schreiben oder einen gebauten Beitrag für den Hörfunk produzieren, sondern ein großes Mineralölunternehmen.
    "Die Sicherheitsvorkehrungen sind massiv schärfer geworden, das ist wohl so, es wird alles fünf Mal kontrolliert…" Vor der Klasse steht die Energie-Expertin einer Wirtschaftszeitung, bereitet die Schülerinnen und Schüler auf ihren Besuch bei dem Mineralölunternehmen vor. Denn dieses ist Sponsor der Schule - und bekommt somit die Möglichkeit, mit den Schülerinnen und Schülern in Kontakt zu kommen.
    Sponsoren haben keinen Einfluss auf Ausbildung
    "Wir haben relativ viele unterschiedliche Partner, wir haben keinen Hauptsponsor und wir legen auch großen Wert darauf, die Unabhängigkeit von diesen Sponsoren sicher zu stellen. Das heißt, die sprechen in keiner Weise mit, wenn es um die Konzeption der Ausbildung geht", sagt Ulric Papendick. Er ist seit drei Jahren geschäftsführender Direktor der KJS – und weiß um den Eindruck, der entstehen könnte, wenn Unternehmen als Sponsoren seiner Schule auftreten.
    "Kooperationsvereinbarung" steht über den Verträgen, die mit den Unternehmen geschlossen werden und wodurch in etwa die Hälfte des Etats der KJS gedeckt wird. Denn als unabhängige Schule nimmt die KJS zwar Ausbildungsgebühren, bekommt staatliche Unterstützung, ist aber auch auf Sponsorengelder angewiesen.
    Regelmäßige Besuche in Unternehmen
    "Sie bekommen die Gelegenheit, sich einmal im Verlauf der vierjährigen Ausbildung mit unseren Schülern auszutauschen. Das heißt, wir besuchen die Sponsoren mit unseren Schulklassen, in der Regel ist das so ein halber Tag, manchmal auch ein Tag, und dort veranstalten unsere Sponsoren dann Diskussionsrunden zu unterschiedlichen Themen, es geht meistens um das Unternehmen, es geht um die Branche und es geht um Themen, die diese Branche bewegen."
    Vorteil für die Unternehmen: Sie kommen frühzeitig in Kontakt mit den potentiellen künftigen Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner in den Redaktionen. Durch die Vielzahl der Sponsoren sieht Papendick keine Abhängigkeit seiner Schule. Die Vorbereitung verhindere, dass einzelne Schüler manipuliert würden.
    Münchner DJS setzt auf anderes Finanzierungsmodell
    Bei der Deutschen Journalistenschule, kurz DJS, der zweiten verlagsunabhängigen Journalistenschule in München, geht man einen anderen Weg: "Naja, die knappste Ressource bei der DJS ist ja die Zeit. Es gibt so viel zu lernen – und wir haben nur 15 Monate, um den Schülerinnen und Schülern das beizubringen, was sie brauchen, um gute Journalisten zu werden. Da gibt es auch nur beschränkte Zeit dafür, sich mit Unternehmen und Pressestellen zu treffen", sagt Schulleiterin Henriette Löwisch.
    Die DJS finanziert sich über staatliche Mittel, einen Förderkreis von Ehemaligen, aber auch durch einen Trägerverein. Vereinzelt gibt es auch Kooperationen mit Unternehmen, auch Auftragsarbeiten, die direkt finanziert werden.
    "Interessenskonflikte sind praktisch schon angelegt"
    Löwisch ist dennoch zurückhaltend: "Von Geldgebern finanzierte Projekte sind fast schwieriger, denn da sind ja Interessenskonflikte praktisch schon angelegt. Journalismus muss ja ergebnisoffen arbeiten, das heißt: Kein Geldgeber kann eigentlich wirklich kontrollieren, was herauskommt bei so einem Projekt. Es muss eine Firewall aufgebaut werden zwischen den Geldgebern und den Schülern."
    Ein Umstand, den man bei der Kölner Journalistenschule ebenfalls so sieht – und dessen Lösung auch überzeugend wirkt: "Naja, es wirkt erstmal professionell, es muss aber auch professionell geframed werden. Das heißt, es muss klar sein in den Seminaren, dass die Studierenden fit gemacht werden für die Auseinandersetzungen auch mit diesen Unternehmen", sagt Frank Überall. Als Professor in Köln ist er direkt an der Journalistenausbildung beteiligt, zudem ist er Vorsitzender der Gewerkschaft Deutscher Journalistenverband.
    "Sehr gute Vorbereitung auf diesen Beruf"
    "Es ist insofern eine Notlösung, weil das natürlich immer nur die Unternehmen einschließt, die auch Geld haben. Das heißt, ich muss irgendwo sehen, dass ich auf andere Art und Weise im Lehrplan unterbringe, dass es auch die kritische Seite gibt." Er meint, beispielsweise Gewerkschaften und Nicht-Regierungsorganisationen im Lehrplan zu platzieren.
    Doch unabhängig von der Finanzierung erscheint für KJS-Direktor Papendick der Kontakt zu Unternehmen ein wichtiger Baustein zu sein: "Ich hab, bevor ich hier zu dieser Schule gekommen bin, lange als Wirtschaftsjournalist gearbeitet, und ich denke, dass es eine sehr gute Vorbereitung auf diesen Beruf ist, wenn man eben schon vorher mal erlebt hat, wie präsentiert sich ein Unternehmen, wie versucht ein Pressesprecher oder auch ein Manager das Unternehmen darzustellen. Dass man auf die Art und Weise ja auch lernt, wie kann man so etwas hinterfragen, wie geht man einfach um mit denen in einer solchen Situation. Deswegen, ja, in der Tat, das ist durchaus etwas, was, ich glaube, inhaltlich wichtig ist und was wir so gesehen auf jeden Fall machen sollten."
    Unabhängig von notwendigen finanziellen Mitteln.