Christoph Schmitz: Im Jahre 1880 war das Werk vollendet. Nach einem guten halben Jahrtausend Bauzeit und einer langen Baupause. Die Kölner selbst und der preußische Staat finanzierten die Errichtung der gotischen Kathedrale. Um den Dom in seiner ganzen Pracht sehen zu können, kaufte der Zentrale Dombauverein die bis dicht an die Domfassade reichenden Häuser und Grundstücke, ließ die Gebäude abreißen und übergab das Areal der Stadt Köln. Das wurde natürlich vertraglich säuberlich geregelt, nämlich wie die Stadt mit diesem Freiareal umzugehen habe. Im Auftrag des Zentralen Dombauvereins hat die Historikerin Carolin Wirtz jetzt in den Archiven der Dombauverwaltung und des Erzbistums Köln recherchiert. Sie hat Korrespondenzen gesichtet, Berichte, Protokolle aus der Zeit der Domfreilegung. Und sie hat die Originale der Grundstücks-Kaufverträge gelesen. Barbara Schock-Werner, Dombaumeisterin, ist es richtig, wenn man als Fazit formuliert, wie es auch der Präsident des Dombauvereins, Michael Hoffmann, getan hat: Weder das Museum Ludwig an der Ostseite des Doms, noch das Römisch-Germanische Museum an der Südseite hätten je gebaut werden dürfen?
Barbara Schock-Werner: Das ist richtig. Weder die beiden Museen noch - und das ist ganz wichtig - die Domplatte an sich hätte je so gebaut werden dürfen, wenn die Stadt Köln sich an die von ihr selbst geschlossenen Verträge gehalten hätte.
Schmitz: Erklären Sie unseren Hörern noch, was ist die Domplatte.
Schock-Werner: Ja, das ist die in den späten 60er-Jahren gebaute Domumgebung, die auf der einen Seite die Tiefgarage unter dem Roncalliplatz vorsah, auf der anderen Seite die Trankgasse überbaute und das Ganze sozusagen mit der damals populären Schwellenniederlegung verbunden hat. Denn bis dahin hatten alle drei großen Eingänge des Domes Treppenanlagen vor sich, und auf der West- und auf der Nordseite wurden die niedergelegt beziehungsweise das Niveau so hochgezogen, dass die Treppen verschwunden waren, sodass man heute sozusagen mit dem Rollbrett oder mit dem Fahrrad in den Dom fahren kann und diese ganze unglaublich hässliche Umgebung so entstanden ist.
Schmitz: Was sagen denn die Verträge genau zur Domumgebung, zur Freilegung?
Schock-Werner: Sie sagen ganz genau, dass sie geschlossen wurden, um dem Dom ein würdiges Umfeld zu geben und zu erhalten, und dass sie nur dem Verkehr und der Erholung dienen durften, die übereigneten Grundstücke. Dass sie nicht bebaut werden dürfen, steht da drin. Sie wurden ja gekauft und geschenkt, um die darauf stehenden Häuser niederzulegen und eben sozusagen ein würdiges Domumfeld zu schaffen. Und das ist ja bis heute nicht erreicht.
Schmitz: Und gebaut wurde ja auch kräftig. Wer hat denn diese Verträge mit wem geschlossen?
Schock-Werner: Der Zentral-Dombau-Verein, der ja die Vollendung des Domes zu einem großen Teil neben der preußischen Regierung finanzierte, wollte nicht nur den Dom vollenden, sondern er wollte auch ein, nach den städtebaulichen Vorstellungen des 19. Jahrhunderts angemessenes Domumfeld haben und hat dazu große Geldmittel aufgewendet. Da aber natürlich die Baufluchtlinien und auch die teilweise verbundenen Enteignungen nur die Stadt Köln sozusagen durchführen durfte, wurden die Grundstücke der Stadt Köln übereignet im Einzelvertrag. Es sind ganz viele aufeinanderfolgende Verträge eben mit diesen Auflagen, dadurch ein würdiges Domumfeld zu erhalten.
Schmitz: Das heißt, die Stadt Köln hat sich 1880 dazu verpflichtet, nicht mehr zu bebauen, nachdem die Gebäude um den Dom herum geschleift worden waren, um den Dom als neu errichtetes Gebäude freistehend erleben zu können.
Schock-Werner: Genau das. Kann man sich heute kaum mehr vorstellen, dass zum Beispiel, im Westen vor dem Dom war eine ganz enge Gasse und in wenigen Metern Entfernung standen Häuser. Und das empfand man als störend, kaufte diese Grundstücke, entschädigte die Mitbesitzer, riss das alles ab und schuf so ein sehr schönes Umfeld. Ich glaube, die schönste Situation war so vor dem Ersten Weltkrieg, da war das ein wunderbarer Platz, teilweise Grünanlagensituation.
Schmitz: Und wie kann es sein, dass die Stadt Köln trotz dieser Verträge in den 60er-, 70er-, 80er-Jahren so massiv baute und auch der Dombauverein auf der anderen Seite sich nicht dagegen zur Wehr setzte aufgrund der ja nun vorhandenen Verträge, die man ja nachlesen kann in den Archiven?
Schock-Werner: Das kann man heute kaum noch nachvollziehen. Offenbar war es den damals Verantwortlichen des Vereins entweder nicht so wichtig oder sie glaubten tatsächlich den Versprechungen der Stadt Köln, dass die Domumgebung dadurch schöner würde.
Schmitz: Welche Konsequenzen ziehen Sie denn daraus, zieht der zentrale Dombau-Verein? Muss abgerissen werden, Museum Ludwig, Römisch-Germanisches Museum, die Domplatte?
Schock-Werner: Nein, so weit gehen die Forderungen nicht, obwohl natürlich sozusagen langfristig, sagt Herr Hofmann, irgendwann wird dieses Museumsgebäude auch mal wieder zur Disposition stehen, dann müsste man darüber nachdenken, ob es wiedererrichtet wird. Aber das Nahziel ist ein ganz anderes, und das steht unter dem Motto: dem Dom eine würdige Umgebung zu erhalten. Und die würdige Umgebung sieht man in der Gegenwart durch Gestaltung und vor allem Nutzung des Roncalliplatzes, Stichwort Dauer-Demonstrationsplatz, Stichwort Skater, Stichwort Bimmelbahn und so weiter. Und vor allem auch die Ostseite ist ja völlig unwürdig, um das Baptisterium herum, das ist ja eine der grauslichsten Stellen in der Stadt. Und da ist die Stadt in der Platznutzung und in dem Umbau der Ostseite jetzt wirklich in Zugzwang nach diesem Buch.
Schmitz: Haben Sie schon die Forderungen gestellt gegenüber der Stadt?
Schock-Werner: Ja, natürlich, das tun wir seit Jahren. Und im Moment sieht es so aus, dass zumindest die Umplanung der Domostseite langsam angegangen wird. Wir werden den Druck nicht wieder rausnehmen.
Barbara Schock-Werner: Das ist richtig. Weder die beiden Museen noch - und das ist ganz wichtig - die Domplatte an sich hätte je so gebaut werden dürfen, wenn die Stadt Köln sich an die von ihr selbst geschlossenen Verträge gehalten hätte.
Schmitz: Erklären Sie unseren Hörern noch, was ist die Domplatte.
Schock-Werner: Ja, das ist die in den späten 60er-Jahren gebaute Domumgebung, die auf der einen Seite die Tiefgarage unter dem Roncalliplatz vorsah, auf der anderen Seite die Trankgasse überbaute und das Ganze sozusagen mit der damals populären Schwellenniederlegung verbunden hat. Denn bis dahin hatten alle drei großen Eingänge des Domes Treppenanlagen vor sich, und auf der West- und auf der Nordseite wurden die niedergelegt beziehungsweise das Niveau so hochgezogen, dass die Treppen verschwunden waren, sodass man heute sozusagen mit dem Rollbrett oder mit dem Fahrrad in den Dom fahren kann und diese ganze unglaublich hässliche Umgebung so entstanden ist.
Schmitz: Was sagen denn die Verträge genau zur Domumgebung, zur Freilegung?
Schock-Werner: Sie sagen ganz genau, dass sie geschlossen wurden, um dem Dom ein würdiges Umfeld zu geben und zu erhalten, und dass sie nur dem Verkehr und der Erholung dienen durften, die übereigneten Grundstücke. Dass sie nicht bebaut werden dürfen, steht da drin. Sie wurden ja gekauft und geschenkt, um die darauf stehenden Häuser niederzulegen und eben sozusagen ein würdiges Domumfeld zu schaffen. Und das ist ja bis heute nicht erreicht.
Schmitz: Und gebaut wurde ja auch kräftig. Wer hat denn diese Verträge mit wem geschlossen?
Schock-Werner: Der Zentral-Dombau-Verein, der ja die Vollendung des Domes zu einem großen Teil neben der preußischen Regierung finanzierte, wollte nicht nur den Dom vollenden, sondern er wollte auch ein, nach den städtebaulichen Vorstellungen des 19. Jahrhunderts angemessenes Domumfeld haben und hat dazu große Geldmittel aufgewendet. Da aber natürlich die Baufluchtlinien und auch die teilweise verbundenen Enteignungen nur die Stadt Köln sozusagen durchführen durfte, wurden die Grundstücke der Stadt Köln übereignet im Einzelvertrag. Es sind ganz viele aufeinanderfolgende Verträge eben mit diesen Auflagen, dadurch ein würdiges Domumfeld zu erhalten.
Schmitz: Das heißt, die Stadt Köln hat sich 1880 dazu verpflichtet, nicht mehr zu bebauen, nachdem die Gebäude um den Dom herum geschleift worden waren, um den Dom als neu errichtetes Gebäude freistehend erleben zu können.
Schock-Werner: Genau das. Kann man sich heute kaum mehr vorstellen, dass zum Beispiel, im Westen vor dem Dom war eine ganz enge Gasse und in wenigen Metern Entfernung standen Häuser. Und das empfand man als störend, kaufte diese Grundstücke, entschädigte die Mitbesitzer, riss das alles ab und schuf so ein sehr schönes Umfeld. Ich glaube, die schönste Situation war so vor dem Ersten Weltkrieg, da war das ein wunderbarer Platz, teilweise Grünanlagensituation.
Schmitz: Und wie kann es sein, dass die Stadt Köln trotz dieser Verträge in den 60er-, 70er-, 80er-Jahren so massiv baute und auch der Dombauverein auf der anderen Seite sich nicht dagegen zur Wehr setzte aufgrund der ja nun vorhandenen Verträge, die man ja nachlesen kann in den Archiven?
Schock-Werner: Das kann man heute kaum noch nachvollziehen. Offenbar war es den damals Verantwortlichen des Vereins entweder nicht so wichtig oder sie glaubten tatsächlich den Versprechungen der Stadt Köln, dass die Domumgebung dadurch schöner würde.
Schmitz: Welche Konsequenzen ziehen Sie denn daraus, zieht der zentrale Dombau-Verein? Muss abgerissen werden, Museum Ludwig, Römisch-Germanisches Museum, die Domplatte?
Schock-Werner: Nein, so weit gehen die Forderungen nicht, obwohl natürlich sozusagen langfristig, sagt Herr Hofmann, irgendwann wird dieses Museumsgebäude auch mal wieder zur Disposition stehen, dann müsste man darüber nachdenken, ob es wiedererrichtet wird. Aber das Nahziel ist ein ganz anderes, und das steht unter dem Motto: dem Dom eine würdige Umgebung zu erhalten. Und die würdige Umgebung sieht man in der Gegenwart durch Gestaltung und vor allem Nutzung des Roncalliplatzes, Stichwort Dauer-Demonstrationsplatz, Stichwort Skater, Stichwort Bimmelbahn und so weiter. Und vor allem auch die Ostseite ist ja völlig unwürdig, um das Baptisterium herum, das ist ja eine der grauslichsten Stellen in der Stadt. Und da ist die Stadt in der Platznutzung und in dem Umbau der Ostseite jetzt wirklich in Zugzwang nach diesem Buch.
Schmitz: Haben Sie schon die Forderungen gestellt gegenüber der Stadt?
Schock-Werner: Ja, natürlich, das tun wir seit Jahren. Und im Moment sieht es so aus, dass zumindest die Umplanung der Domostseite langsam angegangen wird. Wir werden den Druck nicht wieder rausnehmen.