Ortstermin im Tagebau in Coal Valley: Immer wieder wird die Erde von Explosionen erschüttert, schwere Gesteinsbrocken werden hoch in den blauen Himmel geschleudert. Bo Webb steht vor dem Haus, in dem er geboren wurde und aufgewachsen ist. Seine Familie blickt auf eine lange Bergbautradition zurück, trotzdem gründete er vor fünf Jahren Mountain Justice, eine kleine Umweltorganisation, die den Protest gegen die Kohleunternehmen organisiert. Mit ausladenden Handbewegungen beschreibt er den Raubbau an der Natur.
"Gleich neben meinem Haus wird jetzt der Berg in die Luft gesprengt. Der Tagebergbau frisst sich jeden Tag näher an mein Grundstück. Felsbrocken landen regelmäßig in meinem Garten, der Staub der Sprengungen rieselt auf meinen Tisch. Mann sollte sie verklagen."
Diese besonders kostengünstige Form des Tagebergbaus ist das sogenannte "Mountain Top Removal": Dabei werden ganze Berggipfel einfach in die Luft gesprengt. Danach tragen riesige Bagger das Erdreich ab, um so möglichst schnell und mit wenig Aufwand an die kohlehaltigen Flöze zu gelangen. In den USA wurden so bis Ende 2010 1,4 Millionen Hektar ursprüngliche Mischwälder von der Kohleindustrie umgepflügt, Wälder, die bis vor kurzem CO2 speicherten.
"Aus den unberührten Mischwäldern, den sanften Hügeln, wird innerhalb weniger Tage eine Mondlandschaft. Die Bäume werden einfach verbrannt. Hier wird lange Zeit nichts mehr wachsen, weil die fruchtbare Humussicht abgetragen wurde."
Trotz dieser immensen Landschaftszerstörung werden die Aktivitäten der Umweltorganisationen, wie Mountain Justice, von den Bewohnern in Coal Valley nicht gerne gesehen. Schließlich ist das Kohleunternehmen Massey Energy der größte Arbeitgeber in der strukturschwachen Region, und in Zeiten der Krise fürchten die Menschen um ihre letzten Arbeitsplätze. Die Stimmung ist inzwischen so aufgeheizt, dass es bereits zu Morddrohungen und Prügeleien kam. Bo Webb trägt in Landkarten ein, wie schnell sich die haushohen Bagger von Massey Energy in die Berglandschaft fressen - eine schwierige Aufgabe. Um nicht in Konflikt mit dem bewaffneten Werkschutz zu kommen, kann er die Sprengungen nur von öffentlich zugänglichen Orten beobachten:
Niemand kann mir den Besuch des Friedhofs verwehren, wie er augenzwinkernd erklärt.
"Hier, gleich neben diesem kleinen Friedhof, beginnt die Howlbelt Mine. Sie ist mit über 20 Meilen die größte in West Virginia. Mit der Friedhofsruhe ist es hier vorbei- das ist doch respektlos."
Wieder im Auto erzählt er, dass man in der ganzen Region nicht fischen darf, da die Grenzwerte für Quecksilber um das 23-fache überschritten werden. Auch das Grundwasser wird von den Abwässern der Kohleaufbereitung kontaminiert. Bo Webb hält seinen Wagen erneut an. Nur einen Steinwurf von der chemischen Kohleaufbereitungsanlage entfernt liegt die Grundschule. Immer wieder treibt der Wind schwarze Staubwolken über den verwahrlosten Schulhof.
"Da, schauen Sie sich meine Hände an, sie sind ganz schwarz vom Kohlestaub, der hier am Luftschacht des Schulgebäudes klebt. Die Klimaanlage saugt hier die staubige Luft ein und pumpt sie dann in die Klassenräume."
Schon seit Jahren weiß die Gesundheitsbehörde von der gefährlichen Situation.
"Ein 17-jähriges Mädchen, das die Schule bis zur 8. Klasse besuchte, starb an Nierenkrebs, zwei Mitschüler folgten ihr. Dann der ehemalige Schuldirektor, zwei weitere Lehrer und der Hausmeister. Alle starben an Krebs. Seit 2006 sind an dieser Schule zehn Menschen daran gestorben. Kann das Zufall sein? Ein Richter ordnete deshalb an, den Staub wissenschaftlich zu untersuchen. Dabei wurde festgestellt, dass die Kinder tagtäglich einen gefährlichen chemischen "Staubcocktail" aus Schwermetallen einatmen. Das ist drei Jahre her - und nichts ist passiert."
Die Marsh Fork Elementary School ist ein trauriges Symbol der Gedankenlosigkeit. 100 Meter über der Grundschule tickt eine weitere Zeitbombe: Die chemischen Abwässer der Kohleanlage werden dort in ein gigantisches Bassin gepumpt, erklärt mir Bo Webb. Nur ein simpler Felsdamm soll die Kloake davon abhalten sich ins Tal zu ergießen. Bergbauingenieure warnen seit Langem, dass es nur eine Frage der Zeit sei, bis dieser Damm bricht. Bo Webb fragt sich kopfschüttelnd, ob erst eine große Umweltkatastrophe passieren muss, bevor die Politiker in West Virginia und Washington wachgerüttelt werden.
"Ich schäme mich für Amerika. Allein hier im Coal Valley werden von Massey Energy jährlich um drei bis vier Milliarden Dollar Gewinnen eingefahren. Aber wer zahlt die Zeche dieser Zerstörung? Wir, die Bürger – und die Regierung schaut weiter tatenlos zu."
"Gleich neben meinem Haus wird jetzt der Berg in die Luft gesprengt. Der Tagebergbau frisst sich jeden Tag näher an mein Grundstück. Felsbrocken landen regelmäßig in meinem Garten, der Staub der Sprengungen rieselt auf meinen Tisch. Mann sollte sie verklagen."
Diese besonders kostengünstige Form des Tagebergbaus ist das sogenannte "Mountain Top Removal": Dabei werden ganze Berggipfel einfach in die Luft gesprengt. Danach tragen riesige Bagger das Erdreich ab, um so möglichst schnell und mit wenig Aufwand an die kohlehaltigen Flöze zu gelangen. In den USA wurden so bis Ende 2010 1,4 Millionen Hektar ursprüngliche Mischwälder von der Kohleindustrie umgepflügt, Wälder, die bis vor kurzem CO2 speicherten.
"Aus den unberührten Mischwäldern, den sanften Hügeln, wird innerhalb weniger Tage eine Mondlandschaft. Die Bäume werden einfach verbrannt. Hier wird lange Zeit nichts mehr wachsen, weil die fruchtbare Humussicht abgetragen wurde."
Trotz dieser immensen Landschaftszerstörung werden die Aktivitäten der Umweltorganisationen, wie Mountain Justice, von den Bewohnern in Coal Valley nicht gerne gesehen. Schließlich ist das Kohleunternehmen Massey Energy der größte Arbeitgeber in der strukturschwachen Region, und in Zeiten der Krise fürchten die Menschen um ihre letzten Arbeitsplätze. Die Stimmung ist inzwischen so aufgeheizt, dass es bereits zu Morddrohungen und Prügeleien kam. Bo Webb trägt in Landkarten ein, wie schnell sich die haushohen Bagger von Massey Energy in die Berglandschaft fressen - eine schwierige Aufgabe. Um nicht in Konflikt mit dem bewaffneten Werkschutz zu kommen, kann er die Sprengungen nur von öffentlich zugänglichen Orten beobachten:
Niemand kann mir den Besuch des Friedhofs verwehren, wie er augenzwinkernd erklärt.
"Hier, gleich neben diesem kleinen Friedhof, beginnt die Howlbelt Mine. Sie ist mit über 20 Meilen die größte in West Virginia. Mit der Friedhofsruhe ist es hier vorbei- das ist doch respektlos."
Wieder im Auto erzählt er, dass man in der ganzen Region nicht fischen darf, da die Grenzwerte für Quecksilber um das 23-fache überschritten werden. Auch das Grundwasser wird von den Abwässern der Kohleaufbereitung kontaminiert. Bo Webb hält seinen Wagen erneut an. Nur einen Steinwurf von der chemischen Kohleaufbereitungsanlage entfernt liegt die Grundschule. Immer wieder treibt der Wind schwarze Staubwolken über den verwahrlosten Schulhof.
"Da, schauen Sie sich meine Hände an, sie sind ganz schwarz vom Kohlestaub, der hier am Luftschacht des Schulgebäudes klebt. Die Klimaanlage saugt hier die staubige Luft ein und pumpt sie dann in die Klassenräume."
Schon seit Jahren weiß die Gesundheitsbehörde von der gefährlichen Situation.
"Ein 17-jähriges Mädchen, das die Schule bis zur 8. Klasse besuchte, starb an Nierenkrebs, zwei Mitschüler folgten ihr. Dann der ehemalige Schuldirektor, zwei weitere Lehrer und der Hausmeister. Alle starben an Krebs. Seit 2006 sind an dieser Schule zehn Menschen daran gestorben. Kann das Zufall sein? Ein Richter ordnete deshalb an, den Staub wissenschaftlich zu untersuchen. Dabei wurde festgestellt, dass die Kinder tagtäglich einen gefährlichen chemischen "Staubcocktail" aus Schwermetallen einatmen. Das ist drei Jahre her - und nichts ist passiert."
Die Marsh Fork Elementary School ist ein trauriges Symbol der Gedankenlosigkeit. 100 Meter über der Grundschule tickt eine weitere Zeitbombe: Die chemischen Abwässer der Kohleanlage werden dort in ein gigantisches Bassin gepumpt, erklärt mir Bo Webb. Nur ein simpler Felsdamm soll die Kloake davon abhalten sich ins Tal zu ergießen. Bergbauingenieure warnen seit Langem, dass es nur eine Frage der Zeit sei, bis dieser Damm bricht. Bo Webb fragt sich kopfschüttelnd, ob erst eine große Umweltkatastrophe passieren muss, bevor die Politiker in West Virginia und Washington wachgerüttelt werden.
"Ich schäme mich für Amerika. Allein hier im Coal Valley werden von Massey Energy jährlich um drei bis vier Milliarden Dollar Gewinnen eingefahren. Aber wer zahlt die Zeche dieser Zerstörung? Wir, die Bürger – und die Regierung schaut weiter tatenlos zu."