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Kohlekraftwerke
Umweltgefahren durch Kohleasche

Abgase sind nicht das einzige Problem von Kohlekraftwerken. In der Asche finden sich zahlreiche Gifte wie Arsen oder Cadmium. Nach einem Unfall in den USA sorgte die Obama-Regierung für eine bessere Überwachung der Ablagerung von Kohleasche. Jetzt könnten diese Maßnahmen wieder aufgehoben werden.

Von Dagmar Röhrlich | 23.09.2019
Steinkohlekraftwerk Kraftwerk Heyden beim Sonnenaufgang
Der CO2-Ausstoß ist nicht die einzige Umweltgefahr. Die Asche von Kohlekraftwerken enthält große Mengen an giftigen Stoffen und Schwermetallen, die im Wasser löslich sind. (www.imago-images.de / S. Ziese)
Es geschah am 22. Dezember 2008. In der Nacht brach in Kingston, Tennessee, der Damm eines Stausees, in dem das örtliche Kohlekraftwerk seine Asche gesammelt hatte. Millionen Kubikmeter einer schwarzen Flut ergossen sich über das Land. Monatelang waren rund 400 Arbeiter mit den Aufräumarbeiten beschäftigt. Zehn Jahre später waren mehr als 200 von ihnen an Krebs erkrankt, 36 bereits gestorben. Der Unfall warf ein Schlaglicht auf die Gefahren, die von den nicht abgedichteten Deponien und Staubecken für Kohleasche ausgehen. Allein in den USA gibt es mehr als 1400 von ihnen.
"Die Umweltfolgen von Kohleasche wurden lange vernachlässigt. Erst der Unfall von Tennessee hat dafür gesorgt, dass das Thema öffentliche Aufmerksamkeit erfuhr," erklärt Avner Agosh von der Duke University. Kohleasche enthält große Mengen an giftigen Stoffen und Schwermetallen, die im Wasser löslich sind. Um die Risiken abschätzen zu können, haben Avner Agosh und sein Team Methoden entwickelt, um Kohleasche in der Umwelt zu identifizieren. Denn sie bleibt anscheinend nicht dort, wo die Unternehmen sie ablagern:
"Damit konnten wir jetzt erstmals zeigen, dass Kohleasche in einen See im östlichen Teil von North Carolina gelangt ist. Die Belastung im Sediment des Sutton-Lakes ist sehr hoch, sogar höher als in dem Schlamm, der in Tennessee ausgetreten ist das Land überflutet hat."
Kohleasche - "Who's Who" der Gifte
Arsen, Selen, Antimon, Cadmium, Thallium - die Liste der gefundenen Elemente liest sich wie ein "Who is Who" der Gifte im Periodensystem. Die Forscher konnten auch beweisen, dass sich diese Stoffe aus den Seesedimenten lösen:
"Wir haben dazu die Otolithe vermessen, die - wenn man so will - Fischohrknochen, die aus Kalk bestehen. Wir messen darin Stoffe, die die Kontamination des Wassers durch die Kohleasche beweisen und zeigen, dass die Schadstoffe über das Wasser oder die Fische zum Menschen gelangen könnten."
Der Sutton-Lake ist keine künstlich angelegte Deponie, sondern ein Naherholungsgebiet. Wie also ist die Kohleasche hineingelangt?
Hurrikan-Überschwemmungen sind Teil des Problems
"Unserer Meinung nach sind dafür Hurrikans verantwortlich, besser: Die Überschwemmungen, die sie verursachen. North Carolina hat in den vergangenen zehn Jahren viele Hurrikans erlebt, und in Zukunft werden es aufgrund des Klimawandels noch mehr werden. Jedes Mal, wenn ein Hurrikan eine Überschwemmung auslöst, wird Kohleasche aus der Kraftwerksdeponie ausgewaschen und in den Teich geschwemmt."
Das Problem betrifft nicht nur den Sutton-Lake. Messungen in anderen Seen legen nahe, dass es dort ähnlich aussieht. Dagegen etwas zu unternehmen, dürfte künftig noch schwieriger werden als ohnehin schon.

"Nach der Katastrophe von Tennessee hatte die Obama-Regierung dafür gesorgt, dass die Ablagerung von Kohleasche etwas besser reguliert wird. Die Umweltschutzbehörde der Regierung Trump möchte diese Maßnahmen jedoch wieder aufheben, damit die Kraftwerke ihre Asche ohne Einschränkungen deponieren können. Am 2. Oktober soll in Washington eine Anhörung stattfinden, an der ich teilnehmen werde. Zusammen mit anderen Wissenschaftlern möchten wir deutlich machen, wie riskant das für die Umwelt ist."
Doch optimistisch, dass ihnen das gelingt, ist Avner Agosh nicht.