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Kohlenmonoxid
Tödliche Gefahr aus der Therme

Farblos, geschmacklos, geruchlos: Ein plötzlicher Kohlenmonoxid-Anstieg in der Raumluft ist kaum feststellbar und kann im schlimmsten Fall tödlich enden. Jede zehnte Gasheizungsanlage in Wohnungen ist schadhaft, warnen die Schornsteinfeger. Und ausgerechnet Wärmedämmungen oder neue Fenster können die Gefahr der Vergiftung sogar noch erhöhen.

Von Ludger Fittkau | 31.03.2015
    Jemand dreht an einem Thermostat eines Heizkörpers.
    Jemand dreht an einem Thermostat eines Heizkörpers. (picture alliance / dpa / Foto: Sven Hoppe)
    "Am vorletzten Sonntag wachte ich auf - vormittags. Hatte Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit. Es wurde mir immer duseliger. Und ab einem bestimmten Punkt habe ich dann gemeint, jetzt wäre mal der Notarzt fällig. Und das war auch keine Minute zu früh, als der Notarzt kam, war ich schon bewusstlos. Also fast bewusstlos. Ich habe es wie durch einen Schleier noch mitbekommen, das da Getrappel auf der Treppe war und so weiter."
    Der Notarzt stellte fest: Christina Wojciechowski aus Frankfurt am Main litt unter einer lebensgefährlichen Kohlenmonoxid-Vergiftung. Mit dem Hubschrauber wurde sie nach Wiesbaden geflogen und in einer speziellen Druckkammer behandelt. Damit wurde ihre CO-Konzentration im Blut möglichst schnell wieder gesenkt und die des Sauerstoffs erhöht. Heute geht es Christina Wojciechowski wieder gut.
    "Im Nachhinein stellte sich raus, dass der Wärmetauscher in der Gas-Etagenheizung, ich habe hier in der Wohnung eine Gastherme, dass der Wärmetauscher defekt war. Obwohl regelmäßig gewartet wird und obwohl regelmäßig der Schornsteinfeger kommt, ist das offensichtlich keinem aufgefallen."
    Kein Einzelfall
    In der Regel einmal im Jahr überprüft der Schornsteinfeger Gas-Etagenheizungen. Wenn in der Zwischenzeit etwas passiert, kann es gefährlich werden. Die Erfahrung, die Christina Wojciechowski machte, ist kein Einzelfall. Das sagt Ralf Hirschel, der technische Innungswart der Schornsteinfegerinnung Darmstadt:
    "Es ist eigentlich unser tägliches Brot. Ich habe gerade heute Morgen noch mal geguckt. Wir haben im Innungsbereich Darmstadt 180 Kollegen und ungefähr 20.000 Feuerstätten dieser Art, die von uns auch regelmäßig geprüft werden. Davon sind beanstandete Anlagen so 2.500 bis 2.800 Anlagen, wo der Wert an Kohlenmonoxid im Abgas schon sehr gefährlich ist wo dann auch unter Umständen eine Anlage von uns stillgelegt wird."
    Das Hauptproblem bei Gas-Etagenheizungen oder offenem Kaminfeuer ist die Frischluftzufuhr. Die ist nötig, damit Erdgas oder Holz ohne Bildung von Kohlenmonoxid verbrannt werden kann. Gerade Energiesparmaßnahmen sind zurzeit häufig die Ursache dafür, dass nicht mehr genug Luft in die Wohnung kommt, beobachtet Schornsteinfeger-Innungsexperte Ralf Hirschel:
    "Was heute ganz extrem ist, wenn Fenster ausgetauscht werden, Fassaden werden gedämmt, der Lüftungsverbund ist einfach nicht mehr da. Ich kann einfach nicht mehr genügend Luft nachführen zu der Heizungsanlage, dann kommt es zu den Unfällen."
    Kaum erkennbare Warnzeichen
    Besonders tückisch am plötzlich steigenden Kohlenmonoxid-Anteil in der Raumluft ist, dass es vorher kaum Warnzeichen gibt. Christina Wojciechowski hat das am eigenen Leib erfahren:
    "Das ist ein Teufelszeug, das ist geruchlos, farblos, geschmacklos. Man kommt jedenfalls von den Symptomen her, die man entwickelt, im Leben nicht auf die Idee, dass das von außerhalb eines selbst kommen könnte. Also man denkt an eine Virusinfektion. Schlimmstenfalls an einen Hirntumor, aber auf keinen Fall daran, dass das mit Gas oder mit Abgasen zu tun haben könnte."
    Christina Wojciechowski hat Glück gehabt, dass der Notarzt so schnell da war. Vor wenigen Tagen hat sie nun einen Kohlenmonoxid-Warnmelder in ihrer Wohnung installieren lassen. Eine gute Idee, findet Schornsteinfeger Ralf Hirschel:
    "Ich selbst habe einen, berufe mich da eigentlich auch ein bisschen drauf. Weil gewisse Werte im Wohnraum, die man so nicht so richtig spür - gerade das Kohlenmonoxid ja geschmacklos und geruchslos ist."
    Ab 30 Euro sind solche Warnmelder bereits erhältlich. Ralf Hirschel empfiehlt jedoch, nicht das billigste Signalgerät in der Wohnung anbringen zu lassen:
    "Kostenfaktor für ein Sieben-Jahres-Gerät schätzungsweise zwischen 60 und 100 Euro."
    Christina Wojciechowski regt nun nach ihrer eignen Vergiftungserfahrung und angesichts von mehreren tausend Vergiftungsfällen pro Jahr an, bei Gasetagenheizungen in Altbauten diese Warnmelder gesetzlich verpflichtend zu machen – ähnlich wie bei den Rauchmeldern:
    "Es ist keine große Sache, hätte aber eine große Wirkung."