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Kollege mit begrenzter Haltbarkeit

Unter Zeitarbeit stellt man sich zunächst schlecht bezahlte Jobs mit niedrigem Anspruch vor. Doch das Image wandelt sich langsam: Vor allem hochqualifizierte Ingenieure und Informatiker suchen die Abwechslung und wollen gerne an verschiedenen Projekten arbeiten.

29.04.2002
    Ganz anders als in unseren Nachbarländern hat Zeitarbeit in Deutschland oft noch etwas Anrüchiges. Das merkt auch der Software-Spezialist Detlev Köster aus Dortmund, wenn er mit Freunden über seinen Beruf bei einer Zeitarbeitsfirma redet: "Viele Leute haben eher die Vorstellung, da werde ich mal angestellt, und wenn mal nichts zu tun ist, habe ich keinen Job. - Wir haben feste Arbeitsverträge, auch wenn wir keinen Einsatz haben, kriegen wir unser Gehalt weiter."

    Zur Zeit arbeitet Köster bei einem Telekommunikations-Unternehmen. Erst mal für ein Jahr, vielleicht auch länger. Das Arbeitsklima ist gut, seinen Kollegen sei es egal, ob der Schreibtischnachbar fest angestellt sei, meint Köster. Sein Arbeitgeber ist die Zeitarbeitsfirma. Sie schickt ihn zu verschiedenen Kunden, die nur für kurze Zeit einen Spezialisten benötigen. Für Detlev Köster immer eine neue Herausforderung: "Man muss nicht mehr können, aber man muss flexibler sein. Man muss sich auf viele Situationen in kurzer Zeit neu einstellen."

    Bei unseren europäischen Nachbarn ist Zeitarbeit schon längst etabliert. In Schweden leihen sich Krankenhäuser mittlerweile schon Ärzte für ein paar Monate aus, um kurzfristig Personalengpässe auszugleichen. Als Vorreiter gelten die Niederlande, berichtet Helga Schwarz-Schumann von der IG Metall: "Dort sind vier Prozent in Zeitarbeit beschäftigt, in Deutschland sind es etwa 0,4 Prozent. Von daher ist hier ein deutlicher Wachstumsmarkt zu sehen." Die Gewerkschafterin sieht bei der Zeitarbeit Vor- und Nachteile. Sie biete für junge Leute eine Chance für den Einstieg ins Berufsleben mit der Möglichkeit sich zu orientieren. Jedoch hat die IG Metall mit Zeitarbeitsfirmen kaum Tarifverträge abgeschlossen. Bewerber sollten sich also genau informieren, bevor sie unterschreiben. Besonders wichtig: Was passiert, wenn sich nach Abschluss einer Tätigkeit nicht sofort eine neue findet? Dann muss man sich darauf verlassen können, dass trotzdem bezahlt wird.

    Wer bei einer Zeitarbeitsfirma anfangen will, muss vor allem flexibel sein und Spaß an neuen Aufgaben haben. Viel Berufserfahrung in kurzer Zeit macht sich auch gut im Lebenslauf. Wer allerdings seinen Arbeitsplatz immer im gleichen Büro in der gleichen Stadt haben will, sollte sich lieber anderswo umsehen.