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Kometen interessanter als Asteroiden
Rosettas wissenschaftliche Bilanz nach zwei Jahren am Kometen

Im August 2014 näherte sich das erste Mal eine Raumsonde einem Kometen, um ihn über längere Zeit zu umkreisen. Die Mission von Rosetta weist mehrere glanzvolle Erstlingsleistungen auf, darunter das erste Absetzen eines Landers auf der Oberfläche eines Kometen. Die wissenschaftliche Aufarbeitung der Daten der reich mit Instrumenten bestückten Muttersonde aber ist längst noch nicht abgeschlossen.

Von Karl Urban | 28.09.2016
    Die Raumsonde Rosetta im Weltraum (Zeichnung)
    Die Raumsonde Rosetta im Weltraum (Zeichnung) (ESA/Carreau)
    Als sich Rosetta vor über zwei Jahren Tschurjumow-Gerasimenko näherte, waren die Fragen zahlreich. Nie zuvor hatte eine Raumsonde einen Kometen umkreist.
    Ekkehard Kührt: "Kometen sind sehr eigenwillige Himmelskörper, die wir erstens nicht kennen und das, was wir gemessen haben, zum großen Teil auch noch nicht verstehen."
    Und bei der Mission Rosetta, versprachen die Forscher, ginge es ums Eingemachte.
    Eberhard Grün: "Wie ist das Ausgangsmaterial, aus dem sich das Sonnensystem gebildet hat?"
    Gerhard Schwehm: "Egal was wir bei einem Kometen messen, wir können nur neue Dinge lernen."
    Kometen sind Überbleibsel aus den Jugendtagen unseres Planetensystems, als die Sonne noch von einer Scheibe aus Staub und Gas umgeben war. Die Forscher haben daher zunächst versucht zu verstehen, wie der Kometkern selbst mit seinem ausgeprägten Rumpf und einem schmalen Kopf entstanden sein könnte. Eine Antwort lieferten metergroße Brocken, aus denen der gesamte Kometenkörper aufgebaut zu sein scheint.
    "Wir glauben, diese Brocken sind die ursprünglichen Bausteine des Kometen. Die verklumpten mit der Zeit zu größeren Aggregaten, die sich ihrerseits zu dem heutigen Kometen vereinigt haben. Das illustriert die heutige entenartige Form ganz gut."
    Die Planetologen um Rosettas Projektwissenschaftler Matt Taylor wollten dazu herausfinden, wie ein Komet mit seinem gigantischen Schweif genau funktioniert, wenn sie wie Tschuri nah an der Sonne vorbeifliegen. Denn ihre Oberfläche ist pechschwarz, ziemlich hart und fast frei von Eis. Trotzdem geben sie viel Wasserdampf ins All ab, der Millionen Kilometer in das Sonnensystem geschleudert wird.
    "Wir waren in der Lage, diese Ausbrüche zu ihrem Ursprungsort an der Oberfläche zurückzuverfolgen. Wie sie genau entstehen, versuchen wir gerade noch herauszufinden. Aber sie scheinen von Löchern mit steilen Felsflanken auszugehen. Als wir uns die näher angesehen haben, fanden wir etwas, das aussah wie Risse. Immer wieder fällt ein Teil des Kometenmaterials in sich zusammen und gibt mehr von einem eisartigen Material frei."
    Dieses Eis kann im Sonnenlicht nicht bestehen und verdampft. Die größte Frage der Mission aber ist noch immer nur unbefriedigend beantwortet: Woher erhielten Planeten wie die Erde ihr Wasser – und auf welchem Weg kamen die chemischen Bausteine des Lebens einmal zu uns? Zumindest Kometen der Jupiterfamilie, zu der Tschurjumow-Gerasimenko gehört, waren wohl nur seltene Lieferanten. Darauf deutet eine Isotopensignatur im Wasserdampf des Kometen hin.
    "Das heißt aber nicht, dass Kometen gar kein Wasser zur Erde geliefert haben. Es war nur nicht ganz so viel. Das meiste Wasser kam von den Asteroiden, aber Kometen könnten stattdessen flüchtige Stoffe geliefert haben, darunter die Bestandteile des Lebens, die wir mit Rosetta entdeckt haben. Dazu gehört Glycin, einer der Grundbausteine für das Leben und die DNA."
    Ob Kometen diese Aminosäure wirklich zur Erde lieferten, bleibt weiter spekulativ. Die Arbeit für Matt Taylor endet aber ohnehin nicht mit dem kontrollierten Absturz der Sonde. Er schätzt, dass Forscher noch Jahrzehnte brauchen dürften, die Daten der letzten zwei Jahre auszuwerten. Eine erste Bilanz zieht er aber schon jetzt.
    "Kometen sind viel interessanter als Asteroiden."