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Komfort in der Kabine

Fluggäste sollen sich im Flieger wohl fühlen. Doch oft ist es in den Kabinen zu heiß, zu kalt oder auch zugig. Weil die Klima- und damit Komfort-Verhältnisse in Flugzeugen noch kaum verstanden sind, bauen Wissenschaftler am Deutschen Zentrum für Luft und Raumfahrt in Göttingen ganze Kabinenteile im Labor nach, um darin Luftströmungen und Temperatur zu studieren.

Von Björn Schwentker |
    " So, jetzt müssen wir hier vorsichtig eintreten. "

    Claus Wagner zwängt sich durch einen kleine Öffnung ins Innere der Kabine. Hier ist alles schwarz angemalt. Nur diffuses Licht scheint von einer Lampe in die Kammer. Während sich die Augen an die Dunkelheit gewöhnen, sind schemenhaft die Umrisse einer Flugzeugeinrichtung zu erkennen: Sitzreihen, zwei Gänge, Gepäckfächer.

    Aus einem Schlauch an der Decke strömen feine Seifenbläschen in die Kammer. Sie schweben in der Luft, kratzen beim Einatmen im Hals und machen den Boden schmierig und glitschig. Auf den Sitzen rundherum scheinen im Halbdunkel lauter dunkle Gestalten zu lauern. Wagner beruhigt:

    " Das sieht im Wesentlichen aus, als wenn hier 36 Terroristen sitzen, schwarz gekleidet, allerdings sind die natürlich ungefährlich."

    Die "Terroristen" sind Passagier-Attrappen, Aluminium-Puppen in schwarzen Anzügen. Sie sind ein Teil der künstlichen Flugzeugkabine aus Holz, die die Forscher am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR hier in Göttingen aufgestellt haben. Auch die Klimaanlage haben sie eingebaut. Denn um deren Wirkung geht es.

    " Das Ziel ist zu untersuchen, wie sich die Temperaturen in der Kabine verändern, wo komfortable Bedingungen herrschen, und wie dann die Strömung diese Dinge beeinflusst."

    Denn noch immer fühlen sich viele an Bord von Flugzeugen unwohl. In einer Ecke ist die Kabine zu kalt, in einer andern zu warm, wieder anderswo zieht es. Die Luftzirkulation im Flugzeuginneren haben die Ingenieure noch kaum verstanden. Um sie zu erforschen, braucht man auch die schwarzen Puppen. Sie sind beheizt und geben so viel Wärme ab, wie ein Mensch: ungefähr 100 Watt.

    " Wenn die Menschen Wärme abgeben, steigt die Luft nach oben, und gleichzeitig kommt oben aus den Luftschlitzen Luft raus, und diese Wechselwirkung zwischen diesen beiden Strömungswirkungen, die ist sehr kompliziert. "

    Und weil man sie deshalb bisher kaum berechnen kann, wollen die DLR-Forscher die Strömung in ihrer schwarzen Kabine sichtbar machen. Claus Wagner verlässt die schwarze Kammer. Ihre Vorderwand ist eine große Glasscheibe, durch die man hineinsehen kann.

    " Johannes, können wir da irgendwie was laufen lassen, oder so was, ja? ... Was, mit Laser, oder ohne Laser? "

    Johannes Bosbach, wie Claus Wagner Forscher am DLR, setzt sich an den Kontrolltisch:

    " Gut, dann schalten wir jetzt mal das Gebläse ein."

    Und die Klimaanlage läuft. In der Kabine wirbelt es die Seifenbläschen durcheinander, die jetzt von einem grünem Laser angeleuchtet werden. Sein aufgespreizter Strahl steht in der schwarzen Kammer wie eine grüne Wand aus Licht. Darin leuchten die Seifenbläschen vor dem dunklen Hintergrund als helle Punkte. Zwei Digitalkameras machen fortwährend Aufnahmen von den Bläschenwolken, immer zwei Bilder kurz nacheinander. Johannes Bosbach zeigt es am Computer:

    " So! Ich habe jetzt die Auswertesoftware gestartet, und das sieht man jetzt hier sehr schön angedeutet, dass die Partikel sich bereits zwischen den beiden Aufnahmen weiterbewegt haben."

    Auf dem Monitor erscheint dies als ein Bild mit lauter bunten Pfeilen - der Luftströmung.

    " Nach dem Einblasen in die Kabine legen sich die Zuluftstrahlen an die Gepäckfachkonturen, sie folgen diesen Konturen, bis sie an einem bestimmten Punkt ablösen."

    Stößt die Luft an der falschen Stelle in die Kabine hinein, wird es unangenehm. Die Passagiere bekommen einen kalten Kopf oder kalte Füße. Um das zu verhindern, müssen Kabinenform und Luftströmung aufeinander abgestimmt sein, sagt Claus Wagner:

    " Jede Fluglinie will ihre eigene Kabine haben. Die ändern die Sitze, die ändern die Gepäckfächer, wollen eine Bar einbauen, und bei jeder Änderung muss man im Wesentlichen sicherstellen, dass der Komfort nach wie vor gegeben ist."

    Mit ihren Erfahrungen aus der schwarzen Kabine wollen die Forscher darum auch Computermodelle für das Innenraum-Klima verbessern. Ob mit Bar, Spielecke oder Schlaf-Abteil, die Bauanweisungen für die Komfort-Kabinen der Zukunft kämen dann ganz einfach aus dem Rechner.