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Kommt nach Europa!

Ich verdanke meiner Studienzeit hier in Deutschland sehr, sehr viel. Erstens nun meine Karriere beziehungsweise meinen Beruf. Ich bin hier zur Zeit als Diplomatin tätig. Ich kann als Brücke zwischen Korea und Deutschland agieren. Zweitens habe ich in dieser Zeit sehr viele Freunde kennen gelernt, nicht nur in Deutschland, sondern in aller Welt. Ich habe mit diesen Freunden immer noch sehr guten Kontakt, und schließlich habe ich in dieser Zeit auch meinen Ehemann kennen gelernt, der damals als DAAD-Stipendiat an der Universität Köln im Fach Philosophie promovierte. Jetzt ist er Professor in Boston.

Von Kate Maleike |
    Dr. Young-Hee Kim erinnert sich gern an ihr Studium in Deutschland zurück. Als die heutige Gesandte der koreanischen Botschaft in Berlin Ende der 70er, Anfang der 80er in Köln Philosophie studierte, promovierte und anschließend lehrte, waren es etwa 5000 Studierende aus Korea, die sich für den Studienstandort Deutschland entschieden hatten. Damals, sagt Kim, war Deutschland bei ihren Landsleuten das zweitbeliebteste Studienland, heute liege es nur noch auf Platz zehn hinter den USA ,China, Großbritannien und Frankreich.
    Die Gründe hierfür seien vielschichtig:

    Erstens vielleicht die Dauer des Studiums in Deutschland. Die Studiendauer ist viel zu lang, und wenn die koreanischen Studenten - und die meisten kommen mit dem Ziel der Promotion - und wenn sie hier promoviert haben, dann sind die meisten zu alt für den koreanischen Arbeitsmarkt. Zweitens würde ich sagen: Die Aufenthaltsgenehmigung für die ausländischen Studierenden ist nicht so einfach. Es hängt vom Bundesland ab, das variiert sehr. Als drittes würde ich die Möglichkeit nennen, nach dem Studienabschluss eventuell eine Berufserfahrungsmöglichkeit zu bekommen. Das ist ja bekanntlich in Deutschland nicht möglich. Fast alle ausländische Studenten müssen Deutschland nach dem Abschluss des Studiums verlassen. Zuletzt würde ich vielleicht erwähnen, dass die zunehmende Globalisierung dazu beiträgt, dass die englische Sprache immer wichtiger wird als andere Sprache.

    Um künftig wieder mehr junge Leute für ein Studium in Europa und damit auch in Deutschland zu begeistern, hat die Europäische Union das neue Hochschulprogramm Erasmus Mundus aufgelegt, das jetzt in Deutschland gestartet wurde. Mit insgesamt 230 Millionen Euro will man hiermit bis zum Jahr 2008 die internationale Hochschulzusammenarbeit fördern und die Mobilität von Studierenden und Wissenschaftlern unterstützen. Kern von Erasmus Mundus sind rund 100 Masterstudiengänge, die von mindestens drei Hochschulen aus drei europäischen Ländern gemeinsam angeboten werden und mindestens mit einem Doppeldiplom abschließen. Die Hochschulen müssen sich um die Teilnahme bewerben. Dr. Siegbert Wuttig, Leiter der Arbeitsstelle EU im Deutschen Akademischen Austauschdienst in Bonn:

    Das Ziel von Erasmus Mundus ist, hoch qualifizierte Master-Studierende aus aller Welt nach Europa zu locken, das heißt also mit guten Produkten dafür zu werben, dass Europa attraktiver wird zum Beispiel gegenüber den USA und auch Australien. Die Stipendien, die vergeben werden, sind für alle Länder gleich, sie betragen 1600 Euro pro Monat, und zusätzlich erhalten die Studierenden einmalig pro Jahr eine Pauschalsumme von 5000 Euro pro Jahr, mit dem sie vielleicht Studiengebühren, Reisekosten oder dergleichen begleichen können.

    Ob das Programm die hohen Erwartungen aber auch tatsächlich - etwa hier in Deutschland - erfüllen kann, sagt Siegbert Wuttig, das hänge von mehreren Faktoren ab:

    Das eine ist, dass sich tatsächlich bewahrheitet, dass das Angebot breit angenommen wird von den Hochschulen und dass es die Hochschulen auch nicht überfordert und dass dann tatsächlich Hochqualitätsprodukte erzeugt werden, die dann in der Welt dem Wettbewerb standhalten können. Die Situation ist im Moment tatsächlich die, dass die Hochschulen mit vielen anderen Dingen - nur als ein Stichwort: Umsetzung der Bologna-Reform oder finanzielle Sparzwänge -, also da muss man schon wirklich hoffen, dass das Programm unter diesen Rahmenbedingungen voll akzeptiert und angenommen werden kann.

    Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn dagegen erwartet von deutschen Hochschulen sogar, dass sie bei Erasmus Mundus nicht nur mitmachen, sondern sogar vorangehen:

    Mit Erasmus Mundus müssten - jedenfalls, wenn ich von dem Potenzial ausgehe, das wir hier so haben, müssten wir zwischen 25 Prozent und 30 Prozent erreichen. Ob uns das gelingt, weiß ich nicht. Aber eigentlich müssten wir das erreichen können. Wichtig ist einfach, dass die Hochschulen selber auf andere europäische Partner zugehen, auch hier die Initiative ergreifen, Kooperationen suchen und sich dann gemeinsam an diesem Wettbewerb beteiligen. Das ist ja Voraussetzung, dass sich mehrere Hochschulen aus unterschiedlichen Ländern zusammenschließen, als Konsortium dann auch international auftreten und damit diesen großen Vorteil von Europa auch weltweit erkennbar machen und deutlich machen, dass man hier in eine ungeheuer interessante, große Region kommt mit ganz vielen vielfältigen kulturellen Angeboten, wo Wissenschaft immer eine große Rolle gespielt hat, seit Jahrhunderten und immer noch eine gewichtige Rolle spielt. Dass uns das gelingt, hoffe ich, da bin ich durchaus optimistisch.

    Dass Erasmus Mundus den Hochschulraum Europa international attraktiver machen wird, das hofft auch die koreanische Diplomatin Young-Hee Kim:

    Das Stipendium ist sehr gut, und dann werden sich bestimmt einige gute Studenten überlegen, nach Europa zu kommen, zumal sie sich den Studienort selbst wählen können. Das wäre schon attraktiv.