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Kommunalwahl in Frankfurt/Main
Überraschender Aufwind für die SPD

In Hessens größter Stadt, Frankfurt am Main, könnte die SPD bei der Kommunalwahl am 06. März die stärkste Fraktion im künftigen Stadtparlament stellen. Das sagen aktuelle Prognosen. Der Grund dafür ist ein sehr kommunales Thema.

Von Ludger Fittkau |
    Skyline von Frankfurt, im Vordergrund der Hauptbahnhof, hinten das Bahnkenviertel.
    Der Frankfurter Hauptbahnhof mit dem Bankenviertel im Hintergrund. (imago/Westend61)
    Die Fußgängerzone im Frankfurter Stadtteil Höchst ist an diesem Morgen sehr belebt. Es ist kalt, doch die späte Wintersonne wärmt so, dass viele Tische der Straßencafés draußen besetzt sind. Der Höchster SPD-Ortsverein hat seinen Infostand so platziert, dass sich auch die Wahlkämpfer immer mal wieder in der Sonne aufwärmen können. Der Jungsozialist Julien Chambuntel drückt einem Sechzehnjährigen, der noch nichts von der Kommunalwahl am sechsten März gehört hat, einen Flyer in die Hand. Dass der Jugendliche keine Ahnung von der Wahl hat, überrascht Julien Chambuntel nicht:
    "Wir machen ja auch Hauswahlkampf, gehen auch in die Sozialbauwohnungen und da ist es öfters so. Da fragen die dich: Was, Kommunalwahl? Und dann erzählen wir: Das ist das Parlament der Stadt und dann verstehen die auch, was das ist."
    Frankfurt ist eine bunte Stadt
    Frankfurt-Höchst ist ein Multikultiviertel mit einem Ausländeranteil bei 40 Prozent. Dass bei der Kommunalwahl am sechsten März der 33 Jahre alte Spitzenkandidat der Frankfurter SPD aus einer syrischen Flüchtlingsfamilie stammt, motiviere ihn zusätzlich, erklärt Juso Chambuntel, der am SPD-Stand in Höchst Wahlwerbung verteilt:
    "Ja klar, das inspiriert einen tatsächlich, weil man denkt: Jeder hier in Frankfurt kann es schaffen, auch junge Leute, auch Migranten. Ich selbst bin Franzose, das ist auch ein Migrationshintergrund. Deswegen bin ich umso motivierter, Wahlkampf zu machen."
    Julien Chambuntel lebt seit seinem vierten Lebensjahr in Frankfurt-Höchst. Die Wahlplakate aus dem ultrarechten Lager, die an den Straßenlaternen hängen, empfindet der Jungsozialist als einen Angriff auf sich höchstpersönlich.
    "Die Plakate – das frustriert einen auch, wenn da steht: Wird es ihnen langsam zu bunt? Da fühlt man sich persönlich angegriffen. Ich glaube, diese Personen verstehen auch Frankfurt nicht, weil Frankfurt eine sehr bunte Stadt ist. Wenn sie hier in die Straßen sehen, sehen sie Menschen mit verschiedenen Hautfarben und Nationalitäten. Das ist es was, Frankfurt ausmacht."
    SPD hat gute Chancen stärkste Partei zu werden
    Die örtliche SPD hat laut aktuellen Umfragen gute Chancen, nach langer Zeit einmal wieder stärkste Partei zu werden und sich an der Stadtregierung zu beteiligen. Die Macht in der Mainmetropole ist zurzeit geteilt: Bisher stellt eine schwarz-grüne Mehrheit im Lokalparlament die Dezernenten der Verwaltung, während bei der letzten Oberbürgermeister-Wahl bereits überraschend der Sozialdemokrat Peter Feldmann siegte. Er darf noch bis 2018 regieren.
    Am CDU-Stand in der Höchster Fußgängerzone, der nur einen Steinwurf vom SPD-Stand entfernt aufgebaut ist, kann man sich nicht so recht erklären, woran es liegt, dass der Trend für die Sozialdemokraten der Mainmetropole wieder zum Genossen geworden ist. Rainer Kowalkowski, Mitglied des CDU-Vorstandes in Frankfurt-Höchst:
    "Das kann ich nicht beantworten. An der allgemeinen Stimmung vielleicht."
    Flüchtlinge und Wohnungsnot sind Topthemen im Wahlkampf
    Die allgemeine Stimmung – damit ist vor allem die Flüchtlingsfrage gemeint. Sie ist auch das Top-Thema im hessischen Kommunalwahlkampf.
    "Es ist halt ein großes Thema. Und wie es letztendlich ausgeht, ob man das schafft, wie man es schafft, weiß natürlich im Moment keiner und das bringt die Unsicherheit."
    Auch am SPD-Stand nebenan sorgt die Flüchtlingsfrage immer wieder für Diskussionsstoff. Doch aus der Sicht der Frankfurter Sozialdemokraten ist es ein ganz anderes Thema, das für das Umfragehoch der Ortspartei sorgt – die Wohnraumnot nämlich. Sabine Jansen, ist die Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Höchst und kennt das Thema aus dem eigenen Kollegenkreis, sagt sie:
    "Ich arbeite bei einem Rentenversicherungsträger und ich habe Kollegen, die mir gesagt haben, wenn wir in Rente gehen, werden wir Frankfurt verlassen müssen. Weil wir die Mieten nicht mehr zahlen können. Und das sind keine Menschen, die von Hartz IV leben, sondern das sind Menschen, die acht Stunden arbeiten, die ein gutes Gehalt haben, aber in der Rente nicht mehr hier in Frankfurt leben können. Ja, das ist Realität."
    Einen SPD-Oberbürgermeister gibt es bereits
    Eine Realität, die der sozialdemokratische Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann seit seiner überraschenden Wahl 2012 immer wieder angeprangert hat. Das führe nun zu den hohen Umfragewerten der SPD bei der Kommunalwahl, glaubt Sabine Jansen. Auch wenn dem OB in der lokalen Öffentlichkeit immer wieder vorgeworfen wird, er mache sich zu rar:
    "Also, ich kann nur sagen, dass der OB da ist, wo er eigentlich gebraucht wird. Das heißt, er ist nicht unbedingt da, wo die CDU ihre Schwerpunkte setzt, aber er ist wirklich sehr aktiv und er ist auch unterwegs. Außerdem hat er ein kleines Kind, er ist alleinerziehender Vater, er setzt da natürlich manchmal auch andere Schwerpunkte."