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Kommunikative Deckenbeleuchtung

Internet. - Schon in Wohnhäusern sind die WLAN- Frequenzen fast so stark ausgelastet, wie in größeren Bürohochhäusern. An einem Ausweg experimentieren Wissenschaftler des Fraunhofer Heinrich Hertz- Instituts in Berlin. Die Information soll nicht über Funk, sondern über Licht ausgetauscht werden.

Von Wolfgang Noelke | 06.08.2011
    Für Fernbedienungen, mit denen man durchs TV-Programm zappt reicht der Infrarotbereich aus, in dem naturgemäß auch Wärmequellen und von Lampen ausgehende Störsignale schwingen. Davor kapitulieren selbst professionelle Infrarot-Konferenzsysteme und senden Knacken und Rauschen in die Kopfhörer. Daten im Infrarotbereich müssen außerhalb geschützter Glasfaserleitungen langsamer übertragen werden. Zu langsam für ein lichtbasiertes WLAN, das den Vorteil habe, keine der begrenzten Funkfrequenzen mit anderen Nutzern teilen zu müssen, sagt Kai Habel vom Heinrich-Hertz-Institut in Berlin. Auch weißes Licht sei zu träge, um ein Funk-WLAN-Modem mit der heute üblichen Datenrate von 54 Megabit pro Sekunde zu ersetzen, erklärt Kai Habel anhand der Besonderheiten, des weißen Lichts einer LED, dessen warmer Anteil der drei Grundfarben mit Hilfe phosphorisierender Schichten entsteht:

    "Prinzipiell ist es so, dass LEDs sich schnell modulieren lassen. Allerdings, bei diesen phosphorisierenden LEDs haben wir das Problem, dass diese Schicht etwas nachleuchtet und sich nicht so schnell modulieren lässt. Daher verwenden wir auch auf der Empfangsseite ein Filter, um diesen gelben Anteil aus dem Licht herauszufiltern, den störenden Anteil. Und für die Datenübertragung wird nur der blaue Anteil des Lichts verwendet."

    Das aus den drei Grundfarben, Rot, Grün und Blau bestehende weiße Licht strahlt aus einer handelsüblichen Deckenlampe von einem zwei Meter hohen Stativ auf Kai Habels Labortisch. Auf dem Tisch liegt ein schwarzer Kasten, etwa so groß, wie ein Kofferradio. Auffällig daran ist ein kleines rundes Fenster, in dessen Glasscheibe das blaue Licht deutlich sichtbar ist. Hinter diesem Filter empfängt ein photosensibles Element nur diesen blauen Lichtanteil. Wird jede Grundfarbe von einer separaten LED produziert, kann man das zu übertragende Signal auf drei Farben verteilen und im Empfänger dieselbe Technik verwenden, wie in handelsüblichen DSL-Modems. DMT, 'Discrete Multitone Modulation' sammelt den Datenstrom drei verschiedener Frequenzbereiche:

    "Wir verwenden die DMT-Technik. Mit der kann man mehrere hundert Megabit erreichen. Bei einer Weißlicht-LED ist unser aktueller Rekord bei 500 Megabit pro Sekunde. Verwendet man LEDs mit drei Farben, also die RGB-LEDs und moduliert jede LED einzeln, so haben wir als aktuellen Rekord 800 Megabit (pro sec) erreicht."

    Zur Zeit funktioniert die Übertragung nur von der modulierten Deckenlampe zum PC. Kai Habel demonstriert dies an einem Videosignal, mit dem ein PC die Deckenlampe moduliert. Ein zweiter PC empfängt das Signal über den kofferradiogroßen Empfänger:

    "Ja, wir halten jetzt mal die Hand davor. Das Video friert ein. Ich nehme die Hand wieder raus und jetzt kommen wieder Datenpakete an und dann baut sich das aktuelle Bild des Videostreams wieder auf. Wir können das nochmal wiederholen. So, es friert ein. Ich nehme die Hand weg – und das Bild baut sich langsam wieder auf."

    Im Versuchsaufbau funktioniert die Übertragung noch einseitig. Module für eine Rückleitung liegen aber auch schon auf dem Labortisch:

    "Nur muss man jetzt aufpassen, dass man dann eine andere Lichtfarbe verwendet. Nun verwenden wir beim Downstream das weiße Licht. Das heißt, für die Rückrichtung würde sich dann Infrarotlicht anbieten."

    Das reiche aber aus, zum Beispiel eine Website aufzurufen. Zur Zeit suchen die Wissenschaftler noch typische Störquellen, deren Palette von Neonlampen bis hin zum Elektrosmog billiger Netzteile reicht. So vielfältig die Störquellen, so einfach deren Filterung: Typische Störfrequenzen bleiben frei. Ein lichtbasiertes kabelloses Datennetz könne aus jedem Raum eine von außen abhörsichere WLAN- Insel machen oder riesige Flughafen-Hallen zur gemeinsamen Datenquelle, sagt Kai Habel. Selbst unter Wasser gestatte Licht einen bisher unerreicht schnellen Datentransfer:

    "Dort kann man nur mit sehr großen Wellenlängen Daten übertragen und auch keine großen Informationsmengen, aber im Wasser kann man Licht mit blauer oder grüner Farbe gut übertragen und dort eine Datenübertragung über einige zehn bis 100 Meter realisieren."