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Komplettumstieg auf erneuerbare Energie

Der Sachverständigenrat für Umweltfragen in Berlin plädiert für einen Umbau der Stromversorgung in Deutschland. Statt auf einen Energiemix soll ausschließlich auf erneuerbare Energie gesetzt werden. Dies bedeutet eine Absage an die konventionelle Energiegewinnung wie beispielsweise Kohle und Kernkraft.

Von Dieter Nürnberger |
    Der Sachverständigenrat für Umweltfragen positioniert sich klar und deutlich - und man plädiert dafür, die künftige Stromversorgung in Deutschland radikal umzustellen und die Weichen für diesen Umbau heute schon zu stellen und sich nicht mit unnützen und kostspieligen Zwischenlösungen aufzuhalten. Das ist der Tenor.

    Im Detail sieht es so aus, dass der Sachverständigenrat den Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland den Vorrang einräumt. Nur so könne den Herausforderungen des Klimawandels begegnet werden. Das heißt, die Treibhausgasemissionen der Industrieländer bis 2050 um 80 Prozent zu reduzieren. Langfristig könne es also unter ökologischen Gesichtspunkten nur eine Antwort geben: Den massiven Ausbau der erneuerbaren Energien. Olav Hohmeyer ist Professor für Energie- und Ressourcenwirtschaft an der Universität Flensburg.

    "Wir haben mittlerweile alle Technologien, die wir benötigen, um komplett umzustellen, zur Verfügung. Wir müssen es nur wollen. Wir müssen jetzt die Entscheidungen treffen - und diese heißt: Entweder wählen wir den langfristig tragbaren Weg, regenerative Energiequellen einzusetzen und bauen dies weiter massiv aus. Oder wir glauben der Industrie, die schon heute große Kraftwerke betreibt, und gehen diesen Weg der Grundlast-Kraftwerke weiter. Mit letzterem Weg landen wir aber an der Wand."

    Diese eindeutige Stellungnahme ist somit zugleich eine Absage an all jene, die beispielsweise auch in Zukunft neue Kohlekraftwerke bauen wollen oder auch den einst von Rot-Grün beschlossenen Ausstieg aus der Atomenergie wieder rückgängig machen wollen.

    Die Begründung: Wenn man sich einmal für den Ausbau der erneuerbaren Energien entschieden habe, dann müsse auch das Stromnetz so aus- und umgebaut werden, dass es mit diesen Strukturen zurechtkomme. Wind- und Sonnenenergie haben ja einen sehr hohen Anteil an fluktuierender Einspeisung, weil der Wind ja nicht gleichermaßen immer und überall weht. Doch für eine solche neue flexible Struktur mit den Erneuerbaren als Basis seien Kernkraft und Kohle viel zu träge und auch teuer, sagt Hohmeyer.

    "Es geht zukünftig darum, kleinere Einheiten zu nutzen. Das werden überwiegend auch kleinere, auf Gas basierte Einheiten sein. Da müssen wir einen Weg finden, diese zusammen mit den erneuerbaren Energien einzusetzen. Und hierbei wird es wohl vor allem die Wind- und Sonnenenergie sein - sozusagen die Hauptstützpfeiler."

    Der Sachverständigenrat hält also nicht viel von Diskussionen, die in den vergangenen Monaten für Aufruhr sorgten. Man befürchtet somit keine Stromlücke in Deutschland in den nächsten Jahren. Und man macht sogar der großen Koalition hier in der Hauptstadt den Vorwurf, oft an der Sache vorbei zu diskutieren. Eine deutliche Absage an die Lobbyisten der Kern- und Kohlekraftwerke. Noch einmal Olav Hohmeyer.

    "Aus Sicht des Rates gehen solche Diskussionen völlig an der Sache vorbei. Wir tun lediglich den Leuten einen Gefallen, die heute Kernkraftwerke betreiben. Die wollen diese natürlich so lange wie möglich betreiben, weil sie auch Geld damit verdienen. Nur darum geht. Es geht nicht um Klimaschutz, es geht nicht um eine langfristige Stromversorgung. Es geht um Einzelinteressen. Ähnlich bei der Kohle: Auch hier geht es darum, möglichst lange die Kohle zu verfeuern, die man sozusagen im Keller hat."

    Also eine eindeutige Positionierung des Sachverständigenrates für Umweltfragen. Ein Umbau des Stromnetzes in Deutschland werde zwar sehr viele Milliarden Euro kosten, aber eine nachhaltige und sichere Versorgung sei machbar. Auch ohne Kernkraft und Kohle.