Beim Gegengipfel von Rio, idyllisch am Jachthafen angesiedelt, hat die Bevölkerung das Sagen – und hier geht es bunt zu. Gruppen in traditionellen Gewändern laufen übers Gelände, singen und trommeln. Mittendrin stehen die Zelte Nummer 32 und 33, die Anlaufstellen der kirchlichen Organisationen. Und ihre Stimme findet in Brasilien durchaus Gehör. Zu Recht, sagt Jürgen Reichel, Leiter der entwicklungspolitischen Abteilung beim Evangelischen Entwicklungsdienst, EED und Mitglied der Kammer für nachhaltige Entwicklung beim Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland.
"Die Kirchen haben natürlich eine sehr lange Tradition des Maßhaltens. Also das hat ja immer zu christlichen Grundeinstellungen gehört, dass man mit Dingen des Lebens in einer verantwortungsvollen Weise umgeht. Dass man persönlich nicht das Ziel haben sollte, sich maßlos zu bereichern. Also alle diese Werte, die zu einer christlich kirchlichen Kultur mitschwingen, haben wir jetzt so den Eindruck, bekommen auf einmal eine ganz neue Strahlkraft."
Auf katholischer Seite wird das ganz ähnlich gesehen. Zum Beispiel von Bernd Nilles, Generalsekretär von CIDSE, einem Zusammenschluss von 16 katholischen Nichtregierungsorganisationen aus Europa und den USA und mit Partnerorganisationen in vielen Entwicklungsländern.
"In meiner langjährigen Arbeit in katholischen Hilfswerken ist mir sehr deutlich geworden, dass das Mandat, das wir in der Bibel bis zu der katholischen Soziallehre haben, ein wahnsinnig starkes ist. Also dass es nicht letztendlich eine freiwillige Frage ist, wo wir einfach nur entscheiden können, ändern wir unser Konsumverhalten, verbrauchen wir weniger CO2 – all diese großen Fragen, die hier in Rio eine Rolle spielen – sondern es ist eine Verpflichtung. Weil es um Menschen geht und um ihre Möglichkeiten, in Würde zu leben."
Inhaltlich, so betonen evangelische und katholische Vertreter unisono, vertrete man auf der Konferenz in Rio die gleichen Positionen. Schon im Vorfeld hatten die Deutsche Bischofskonferenz und der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland eine gemeinsame Erklärung verabschiedet, in der sie ihre Sorge über den Klimawandel und das Artensterben ausdrücken und zu einer "globalen Trendwende" aufrufen, mit besonderer Verantwortung seitens der Industrieländer. Und auch in der deutschen Regierungsdelegation in Rio sind je ein Vertreter der katholischen und evangelischen Kirche mit an Bord. Jürgen Reichel:
"Es zeigt sich doch offensichtlich, dass gerade diese christlichen Grundwerte, die bei allen Kirchen herrschen, uns auch dazu führt, jetzt die Rio-Konferenz ähnlich zu beurteilen."
Ein wichtiges Thema, dem sich kirchliche Organisationen in Rio widmen, ist die Ernährungssicherheit. Denn während in den Industrieländern täglich tonnenweise Nahrung weggeworfen wird, hungern schätzungsweise eine Milliarde Menschen weltweit. Nicht immer mehr Lebensmittelproduktion, sondern eine anderer Umgang mit Nahrung und eine nachhaltigere Landwirtschaft, würden diese Situation maßgeblich verbessern helfen. Bernd Nilles von CIDSE; der Allianz der katholischen Organisationen:
"Große Agrarkonzerne als auch Regierungen sind dafür verantwortlich, dass die Bedingungen von Bauern weltweit schlecht sind. Selbst in Deutschland ist die Situation von vielen Bauern nicht einfach geworden, gerade kleinbäuerliche Landwirtschaft werden an den Rand gedrängt. Und das Gleiche passiert in den Entwicklungsländern."
Wie dagegen kleinbäuerliche Strukturen gestärkt werden können, zeigt ein Beispiel aus Südafrika. Dort ist Qureisha Nagdee als Beraterin im Auftrag der katholischen Dreikönigsaktion DKA aus Österreich tätig.
Die Menschen dort können genau beschreiben, wie sich das Wetter und die Ernten verändert haben und welche Probleme das mit sich bringt, sagt Nagdee, nicht aber, woher das kommt und was man dagegen tun kann. Hilfreicher als immer neue sogenannte grüne Technologien ist nach Meinung der Expertin aus Südafrika, die Bauern über globale Zusammenhänge aufzuklären und Netzwerke zu bilden, damit sie ihre Anliegen politisch durchsetzen und ein Gegengewicht zu den Agrokonzernen bilden können. So hat Nagdee in der Eastern Cape Provinz eine Gruppe von Bäuerinnen gefördert, die sich nun mit dem Thema Klimawandel intensiv auseinandersetzen und von der Lokalregierung Land für nachhaltige Bewirtschaftung bekommen haben. Das zeige, wie wichtig solche Bewegungen sind:
Wichtig ist aber auch, dass die Menschen vor Ort ihre Essgewohnheiten und Anbaumethoden ändern – weg von umweltschädlichen Monokulturen, hin zu mehr Sortenvielfalt. Der katholische Bischof Theotonius Gomes aus Bangladesch macht das am Beispiel Reis deutlich: Der sei zwar nach wie vor ein wichtiges Nahrungsmittel, doch verbrauche sein Anbau auch viel Wasser. Deshalb sei es gut, wenn sich die Menschen auf andere Nahrungsmittel, etwa Gemüse, besinnen. Insgesamt müsste bei Bauern, Konsumenten und Politikern weltweit Landwirtschaft und Ernährung wieder einen ganz neuen Stellenwert bekommen, sagt der Bischof. Denn:
"Essen braucht man nun einmal. Doch heute ist es oft so, dass die Leute andere Dinge konsumieren – auf Kosten der Nahrung."
Weiterführende Links zum Thema:
Themenportal Rio+20
Die UN-Konferenz Rio+20
"Die Kirchen haben natürlich eine sehr lange Tradition des Maßhaltens. Also das hat ja immer zu christlichen Grundeinstellungen gehört, dass man mit Dingen des Lebens in einer verantwortungsvollen Weise umgeht. Dass man persönlich nicht das Ziel haben sollte, sich maßlos zu bereichern. Also alle diese Werte, die zu einer christlich kirchlichen Kultur mitschwingen, haben wir jetzt so den Eindruck, bekommen auf einmal eine ganz neue Strahlkraft."
Auf katholischer Seite wird das ganz ähnlich gesehen. Zum Beispiel von Bernd Nilles, Generalsekretär von CIDSE, einem Zusammenschluss von 16 katholischen Nichtregierungsorganisationen aus Europa und den USA und mit Partnerorganisationen in vielen Entwicklungsländern.
"In meiner langjährigen Arbeit in katholischen Hilfswerken ist mir sehr deutlich geworden, dass das Mandat, das wir in der Bibel bis zu der katholischen Soziallehre haben, ein wahnsinnig starkes ist. Also dass es nicht letztendlich eine freiwillige Frage ist, wo wir einfach nur entscheiden können, ändern wir unser Konsumverhalten, verbrauchen wir weniger CO2 – all diese großen Fragen, die hier in Rio eine Rolle spielen – sondern es ist eine Verpflichtung. Weil es um Menschen geht und um ihre Möglichkeiten, in Würde zu leben."
Inhaltlich, so betonen evangelische und katholische Vertreter unisono, vertrete man auf der Konferenz in Rio die gleichen Positionen. Schon im Vorfeld hatten die Deutsche Bischofskonferenz und der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland eine gemeinsame Erklärung verabschiedet, in der sie ihre Sorge über den Klimawandel und das Artensterben ausdrücken und zu einer "globalen Trendwende" aufrufen, mit besonderer Verantwortung seitens der Industrieländer. Und auch in der deutschen Regierungsdelegation in Rio sind je ein Vertreter der katholischen und evangelischen Kirche mit an Bord. Jürgen Reichel:
"Es zeigt sich doch offensichtlich, dass gerade diese christlichen Grundwerte, die bei allen Kirchen herrschen, uns auch dazu führt, jetzt die Rio-Konferenz ähnlich zu beurteilen."
Ein wichtiges Thema, dem sich kirchliche Organisationen in Rio widmen, ist die Ernährungssicherheit. Denn während in den Industrieländern täglich tonnenweise Nahrung weggeworfen wird, hungern schätzungsweise eine Milliarde Menschen weltweit. Nicht immer mehr Lebensmittelproduktion, sondern eine anderer Umgang mit Nahrung und eine nachhaltigere Landwirtschaft, würden diese Situation maßgeblich verbessern helfen. Bernd Nilles von CIDSE; der Allianz der katholischen Organisationen:
"Große Agrarkonzerne als auch Regierungen sind dafür verantwortlich, dass die Bedingungen von Bauern weltweit schlecht sind. Selbst in Deutschland ist die Situation von vielen Bauern nicht einfach geworden, gerade kleinbäuerliche Landwirtschaft werden an den Rand gedrängt. Und das Gleiche passiert in den Entwicklungsländern."
Wie dagegen kleinbäuerliche Strukturen gestärkt werden können, zeigt ein Beispiel aus Südafrika. Dort ist Qureisha Nagdee als Beraterin im Auftrag der katholischen Dreikönigsaktion DKA aus Österreich tätig.
Die Menschen dort können genau beschreiben, wie sich das Wetter und die Ernten verändert haben und welche Probleme das mit sich bringt, sagt Nagdee, nicht aber, woher das kommt und was man dagegen tun kann. Hilfreicher als immer neue sogenannte grüne Technologien ist nach Meinung der Expertin aus Südafrika, die Bauern über globale Zusammenhänge aufzuklären und Netzwerke zu bilden, damit sie ihre Anliegen politisch durchsetzen und ein Gegengewicht zu den Agrokonzernen bilden können. So hat Nagdee in der Eastern Cape Provinz eine Gruppe von Bäuerinnen gefördert, die sich nun mit dem Thema Klimawandel intensiv auseinandersetzen und von der Lokalregierung Land für nachhaltige Bewirtschaftung bekommen haben. Das zeige, wie wichtig solche Bewegungen sind:
Wichtig ist aber auch, dass die Menschen vor Ort ihre Essgewohnheiten und Anbaumethoden ändern – weg von umweltschädlichen Monokulturen, hin zu mehr Sortenvielfalt. Der katholische Bischof Theotonius Gomes aus Bangladesch macht das am Beispiel Reis deutlich: Der sei zwar nach wie vor ein wichtiges Nahrungsmittel, doch verbrauche sein Anbau auch viel Wasser. Deshalb sei es gut, wenn sich die Menschen auf andere Nahrungsmittel, etwa Gemüse, besinnen. Insgesamt müsste bei Bauern, Konsumenten und Politikern weltweit Landwirtschaft und Ernährung wieder einen ganz neuen Stellenwert bekommen, sagt der Bischof. Denn:
"Essen braucht man nun einmal. Doch heute ist es oft so, dass die Leute andere Dinge konsumieren – auf Kosten der Nahrung."
Weiterführende Links zum Thema:
Themenportal Rio+20
Die UN-Konferenz Rio+20