Sie versuchen, ihren alltäglichen Geschäften nachzugehen. Doch das ist für viele Bewohner in Thailands tiefem Süden schwer geworden. Denn jeden Moment kann die trügerische Ruhe unterbrochen werden. Durch Schüsse, Bombenattentate, Enthauptungen.
Jeder ist heute eine mögliche Zielscheibe der Gewalt. Es spielt keine Rolle, ob es sich um Buddhisten oder Muslime handelt, um Erwachsene oder Kinder.
Die hiesigen Muslime sind eine Minderheit im überwiegend buddhistischen Thailand. Die moderaten Bewohner wehren sich dagegen, mit militanten Separatisten gleichgesetzt zu werden. Was sie wollen, ist die Anerkennung ihrer Kultur, ihres Dialektes, ihrer Gefühle:
Zu oft hatten die von Bangkok eingesetzten Sicherheitskräfte Unschuldige verhaftet, denen man vorwarf, gegen den Staat zu rebellieren. Die Armee führte "Schwarze Listen", auf denen die Namen mutmaßlicher Verdächtiger standen. Die Folge: Menschen verschwanden spurlos.
Inwieweit Thailands Separatisten Hilfe von ausländischen Islamisten bekommen, wird weiterhin untersucht. Fest steht: Eine solche Gewalt habe er noch nie erlebt, sagt der aus dem Süden stammende Sicherheitsexperte Dr. Panitan Wattanayagorn. Die Bewohner seien misstrauisch und voller Angst:
"Sie vertrauen weder dem Rechtssystem, noch den militanten Kämpfern noch Polizei oder Militär, sie vertrauen nicht uns, sie vertrauen niemandem. Wenn wir einen Blick auf all die Brutalitäten werfen, müssen wir zugeben, dass dies nicht die Situation ist, die wir kannten. Ich bin in den 1960er Jahren aufgewachsen, ich habe niemals eine solche Gewalt erlebt. Dieses Ausmaß an Brutalität, das vielleicht von irgendwoher übernommen wurde, ist alarmierend für uns."
Thailands Übergangsregierung scheint hilflos. Zwar hatte sich Interims-Premier Surayud Chulanont öffentlich für die Menschenrechtsverletzungen der gestürzten Vorgänger-Regierung unter Thaksin Shinawatra entschuldigt. Doch Worte bewirken nichts - vor allem dann nicht, wenn die Taten von Sicherheitskräften das Gegenteil beweisen.
Massiv in der Kritik stehen Militärs, paramilitärische Gruppen und so genannte "freiwillige Sicherheitskräfte". Manche glaubten sich durch Muslime provoziert und schossen wahllos in Menschenmengen oder auf Fahrzeuge. Unter den Toten der vergangenen Wochen waren Schüler und Studenten.
Die Stimmung ist zunehmend aufgeheizt. Sicherheitskräfte waren für Massaker verantwortlich, die auch international Schlagzeilen machten. Eines davon war im April 2004 an der Krue Se Moschee verübt worden, einem berühmten Gebetshaus in der Provinz Pattani.
Damals hatte Thailands Armee mehr als 100 junge Muslime getötet. Bewaffnet mit Macheten und Messern hatten sie Polizei- und Militärposten in der Provinz überfallen wollen. Doch die Sicherheitskräfte waren zuvor gewarnt gewesen, eine Kommission rügte später das harte Durchgreifen des Militärs. Juristisch belangt wurde von den Befehlshabern keiner.
Die Muslimin Pareedah hatte bei dem Massaker an der Krue Se Moschee, in der sich ein Teil der jungen Angreifer verschanzt hatte, ihren Schwiegervater verloren. Dieser sei versehentlich in die Auseinandersetzungen geraten.
"Nachdem der Vater meines Mannes gestorben war, hatte meine Schwiegermutter viel zu erleiden. Sie musste unter anderem die Arbeit mit der Aufzucht von Kautschukbäumen allein erledigen. Außerdem sind viele hier besorgt um die Sicherheit meines Mannes. Die Leute raten ihm, vorsichtig zu sein. Sie sagen, dass ihn jetzt viele kennen würden, auch das Militär. Nichts ist mehr, wie es war, es gibt kein Vertrauen und keine Sicherheit mehr."
Angst, Hass und Misstrauen im tiefen Süden wachsen. Diese Stimmung heizen militante Gruppen nur noch stärker an: Mitte März überfielen bewaffnete Männer einen Kleinbus und richteten - außer dem Fahrer - alle anderen neun Insassen mit gezielten Schüssen hin. Und nur wenige Tage später wurden in einer Islamschule drei Schüler erschossen. Dann wieder werden Menschen verbrannt - teils bei lebendigem Leib.
Eine, die sich bemüht, den Opfern der Gewalt und deren Angehörigen zu ihrem Recht zu verhelfen, ist Angkhana Neelaphaijit. Sie ist selbst eine Betroffene. Ihr Mann Somchai, ein in Thailand angesehener, kritischer Muslim-Anwalt, war vor mehr als drei Jahren in Bangkok entführt worden.
Von ihm fehlt seitdem jede Spur. Den Ermittlungsbehörden wird halbherzige und schlampige Arbeit vorgeworfen. Somchai hatte öffentlich angeprangert, dass einige seiner Klienten in Polizeigewahrsam gefoltert worden waren.
Seine Frau Angkhana forscht vor allem nach dem Schicksal der Verschwundenen. Wie bewertet sie die Chance auf eine Lösung des Konflikts?
"Die Schwierigkeiten, dem Süden Frieden zu bringen, hängen unter anderem mit der Straffreiheit für die Autoritäten zusammen. Diese kommen anscheinend davon mit dem, was bisher geschehen ist. Bei all diesen Fällen von Verschwundenen im Süden, von denen bekannt ist, dass sie den Hass und auch den Ärger der Menschen gegenüber den Autoritäten verursacht haben, hat es nie Versuche gegeben, diese aufzuklären."
Kritiker monieren, dass die jetzige Übergangsregierung zwar die Menschenrechtsverletzungen der damaligen Thaksin-Administration anprangere, aber gleichzeitig die anhaltende Mittäterschaft von Militärs und Sicherheitskräften herunter spiele. Für militante Gruppen ist dies eine willkommene Rechtfertigung dafür, Vergeltungsanschläge auszuführen - auch und vor allem gegen unschuldige Zivilisten. Nicola Glass berichtet aus Bangkok.
Allein bekommt Thailand den blutigen Konflikt nicht in den Griff. Mit dem überwiegend muslimisch geprägten Nachbarn Malaysia will man nun gemeinsam nach einer Lösung suchen. Doch es wird schwer werden, Thailands Muslime mit den staatlichen Autoritäten zu versöhnen.
Bei seinen Bemühungen sollte Thailand konsequent sein, sagt der malaysische Politiker und frühere Vizepremier Anwar Ibrahim:
"Wenn die Militärregierung den an Gewaltexzessen beteiligten Militär-Generälen eine Amnestie gewährt, warum nicht auch den Aufständischen? Das sind Fragen, die geklärt werden müssen."
Für den Sicherheitsexperten Panitan Wattanayagorn ist es jedenfalls noch nicht zu spät, um über einen Frieden zu verhandeln:
"Der Premierminister hat sich bereits öffentlich entschuldigt und zur Versöhnung aufgerufen. Lasst uns über alles sprechen - außer über eine Abspaltung des Südens. Es ist ein guter Zeitpunkt, um den Leuten eine neue Plattform anzubieten. Man darf den lokalen Kriegsfürsten nicht erlauben, sich Ämter anzueignen und die Menschen in dieser Region zu terrorisieren."
Ob solche Verhandlungen dazu beitragen könnten, die Region zu befrieden, ist fraglich. Die militanten Separatisten haben daran nämlich kein Interesse. Der Konflikt hat außerdem zu viele Wunden aufgerissen. Es kann Jahre dauern, bis sich die Lage im Süden beruhigt.
Jeder ist heute eine mögliche Zielscheibe der Gewalt. Es spielt keine Rolle, ob es sich um Buddhisten oder Muslime handelt, um Erwachsene oder Kinder.
Die hiesigen Muslime sind eine Minderheit im überwiegend buddhistischen Thailand. Die moderaten Bewohner wehren sich dagegen, mit militanten Separatisten gleichgesetzt zu werden. Was sie wollen, ist die Anerkennung ihrer Kultur, ihres Dialektes, ihrer Gefühle:
Zu oft hatten die von Bangkok eingesetzten Sicherheitskräfte Unschuldige verhaftet, denen man vorwarf, gegen den Staat zu rebellieren. Die Armee führte "Schwarze Listen", auf denen die Namen mutmaßlicher Verdächtiger standen. Die Folge: Menschen verschwanden spurlos.
Inwieweit Thailands Separatisten Hilfe von ausländischen Islamisten bekommen, wird weiterhin untersucht. Fest steht: Eine solche Gewalt habe er noch nie erlebt, sagt der aus dem Süden stammende Sicherheitsexperte Dr. Panitan Wattanayagorn. Die Bewohner seien misstrauisch und voller Angst:
"Sie vertrauen weder dem Rechtssystem, noch den militanten Kämpfern noch Polizei oder Militär, sie vertrauen nicht uns, sie vertrauen niemandem. Wenn wir einen Blick auf all die Brutalitäten werfen, müssen wir zugeben, dass dies nicht die Situation ist, die wir kannten. Ich bin in den 1960er Jahren aufgewachsen, ich habe niemals eine solche Gewalt erlebt. Dieses Ausmaß an Brutalität, das vielleicht von irgendwoher übernommen wurde, ist alarmierend für uns."
Thailands Übergangsregierung scheint hilflos. Zwar hatte sich Interims-Premier Surayud Chulanont öffentlich für die Menschenrechtsverletzungen der gestürzten Vorgänger-Regierung unter Thaksin Shinawatra entschuldigt. Doch Worte bewirken nichts - vor allem dann nicht, wenn die Taten von Sicherheitskräften das Gegenteil beweisen.
Massiv in der Kritik stehen Militärs, paramilitärische Gruppen und so genannte "freiwillige Sicherheitskräfte". Manche glaubten sich durch Muslime provoziert und schossen wahllos in Menschenmengen oder auf Fahrzeuge. Unter den Toten der vergangenen Wochen waren Schüler und Studenten.
Die Stimmung ist zunehmend aufgeheizt. Sicherheitskräfte waren für Massaker verantwortlich, die auch international Schlagzeilen machten. Eines davon war im April 2004 an der Krue Se Moschee verübt worden, einem berühmten Gebetshaus in der Provinz Pattani.
Damals hatte Thailands Armee mehr als 100 junge Muslime getötet. Bewaffnet mit Macheten und Messern hatten sie Polizei- und Militärposten in der Provinz überfallen wollen. Doch die Sicherheitskräfte waren zuvor gewarnt gewesen, eine Kommission rügte später das harte Durchgreifen des Militärs. Juristisch belangt wurde von den Befehlshabern keiner.
Die Muslimin Pareedah hatte bei dem Massaker an der Krue Se Moschee, in der sich ein Teil der jungen Angreifer verschanzt hatte, ihren Schwiegervater verloren. Dieser sei versehentlich in die Auseinandersetzungen geraten.
"Nachdem der Vater meines Mannes gestorben war, hatte meine Schwiegermutter viel zu erleiden. Sie musste unter anderem die Arbeit mit der Aufzucht von Kautschukbäumen allein erledigen. Außerdem sind viele hier besorgt um die Sicherheit meines Mannes. Die Leute raten ihm, vorsichtig zu sein. Sie sagen, dass ihn jetzt viele kennen würden, auch das Militär. Nichts ist mehr, wie es war, es gibt kein Vertrauen und keine Sicherheit mehr."
Angst, Hass und Misstrauen im tiefen Süden wachsen. Diese Stimmung heizen militante Gruppen nur noch stärker an: Mitte März überfielen bewaffnete Männer einen Kleinbus und richteten - außer dem Fahrer - alle anderen neun Insassen mit gezielten Schüssen hin. Und nur wenige Tage später wurden in einer Islamschule drei Schüler erschossen. Dann wieder werden Menschen verbrannt - teils bei lebendigem Leib.
Eine, die sich bemüht, den Opfern der Gewalt und deren Angehörigen zu ihrem Recht zu verhelfen, ist Angkhana Neelaphaijit. Sie ist selbst eine Betroffene. Ihr Mann Somchai, ein in Thailand angesehener, kritischer Muslim-Anwalt, war vor mehr als drei Jahren in Bangkok entführt worden.
Von ihm fehlt seitdem jede Spur. Den Ermittlungsbehörden wird halbherzige und schlampige Arbeit vorgeworfen. Somchai hatte öffentlich angeprangert, dass einige seiner Klienten in Polizeigewahrsam gefoltert worden waren.
Seine Frau Angkhana forscht vor allem nach dem Schicksal der Verschwundenen. Wie bewertet sie die Chance auf eine Lösung des Konflikts?
"Die Schwierigkeiten, dem Süden Frieden zu bringen, hängen unter anderem mit der Straffreiheit für die Autoritäten zusammen. Diese kommen anscheinend davon mit dem, was bisher geschehen ist. Bei all diesen Fällen von Verschwundenen im Süden, von denen bekannt ist, dass sie den Hass und auch den Ärger der Menschen gegenüber den Autoritäten verursacht haben, hat es nie Versuche gegeben, diese aufzuklären."
Kritiker monieren, dass die jetzige Übergangsregierung zwar die Menschenrechtsverletzungen der damaligen Thaksin-Administration anprangere, aber gleichzeitig die anhaltende Mittäterschaft von Militärs und Sicherheitskräften herunter spiele. Für militante Gruppen ist dies eine willkommene Rechtfertigung dafür, Vergeltungsanschläge auszuführen - auch und vor allem gegen unschuldige Zivilisten. Nicola Glass berichtet aus Bangkok.
Allein bekommt Thailand den blutigen Konflikt nicht in den Griff. Mit dem überwiegend muslimisch geprägten Nachbarn Malaysia will man nun gemeinsam nach einer Lösung suchen. Doch es wird schwer werden, Thailands Muslime mit den staatlichen Autoritäten zu versöhnen.
Bei seinen Bemühungen sollte Thailand konsequent sein, sagt der malaysische Politiker und frühere Vizepremier Anwar Ibrahim:
"Wenn die Militärregierung den an Gewaltexzessen beteiligten Militär-Generälen eine Amnestie gewährt, warum nicht auch den Aufständischen? Das sind Fragen, die geklärt werden müssen."
Für den Sicherheitsexperten Panitan Wattanayagorn ist es jedenfalls noch nicht zu spät, um über einen Frieden zu verhandeln:
"Der Premierminister hat sich bereits öffentlich entschuldigt und zur Versöhnung aufgerufen. Lasst uns über alles sprechen - außer über eine Abspaltung des Südens. Es ist ein guter Zeitpunkt, um den Leuten eine neue Plattform anzubieten. Man darf den lokalen Kriegsfürsten nicht erlauben, sich Ämter anzueignen und die Menschen in dieser Region zu terrorisieren."
Ob solche Verhandlungen dazu beitragen könnten, die Region zu befrieden, ist fraglich. Die militanten Separatisten haben daran nämlich kein Interesse. Der Konflikt hat außerdem zu viele Wunden aufgerissen. Es kann Jahre dauern, bis sich die Lage im Süden beruhigt.