Ursula Gather: Ich denke, dass eine grundsätzliche Änderung des Hochschulgesetzes überhaupt nicht nötig ist. Deswegen verstehen die Hochschulen diesen neuen Gesetzesentwurf, das neue Eckpunktepapier nicht so recht, hat sich doch unter dem derzeitigen Hochschulgesetz die Universitäts- und Hochschullandschaft in Nordrhein-Westfalen besonders gut entwickelt.
Ulrike Burgwinkel: Tja, das sagte die Vorsitzender der Nordrhein-westfälischen Landesrektorenkonferenz, Ursula Gather, gestern bei uns zu dem Eckpunktepapier der Wissenschaftsministerin Svenja Schulze. Sie will aus dem schwarz-gelben Hochschulfreiheitsgesetz von 2007 ein Hochschulzukunftsgesetz werden lassen. Warum eigentlich? Das frage ich die verantwortliche Ministerin Svenja Schulze. Guten Tag nach Berlin, Frau Schulze!
Svenja Schulze: Ja, guten Tag! Also, warum wollen wir ein neues Hochschulzukunftsgesetz? Es gibt einfach die Notwendigkeit, dass wir mehr Transparenz schaffen. Das Land gibt jedes Jahr über vier Milliarden Euro für die Hochschulen und die Universitätskliniken aus, und es muss möglich sein, dass das Parlament, dass aber auch das Ministerium genauere Kennzahlen bekommen. Das ist der Hauptpunkt. Und es funktioniert heute nicht automatisch.
Burgwinkel: Transparenz bedeutet auch Kontrolle?
Schulze: Transparenz bedeutet erst mal, dass das Land seine Verantwortung wahrnimmt, auch wirklich für das Land ein Angebot für Wissenschaft und Forschung dann zu haben, ein Angebot für die Lehre zu haben. Die Summe von 37 Hochschulen ist nicht automatisch das Landesinteresse, darüber muss es eine Koordination geben. Man sieht es im Moment. Wir haben zum Beispiel viel zu wenig Berufsschullehrer. Für jede einzelne Hochschule ist es nicht attraktiv, um diese Lehrerinnen und Lehrer zu werben. Für das Land ist es aber sehr attraktiv, aber wir brauchen diese Lehrerinnen und Lehrer. Das heißt, man muss auch ein übergeordnetes Interesse wahrnehmen, und deswegen wollen wir auch einen Landeshochschulentwicklungsplan mit dem Landtag vereinbaren und das dann auch wieder mit den Hochschulen umsetzen.
Burgwinkel: Das heißt, sie wollen auch gezielt steuern, welche Studiengänge an welchem Standort und welchem Personal durchgeführt werden?
Schulze: Ich stelle mir eher eine Steuerung vor auf der Ebene zum Beispiel zu sagen, wir wollen mehr Studierende an den Fachhochschulen haben und zugunsten der Fachhochschulen umstrukturieren, weil diese Studiengänge sind sehr stark nachgefragt. Es gibt offensichtlich noch mehr Bedarf, an Fachhochschulen zu studieren. Das wird aber innerhalb des Systems nur möglich sein, wenn wir dann eben langfristig gesehen von den Universitäten zu den Fachhochschulen verlagern.
Burgwinkel: Also, Sie gehen davon aus, dass das Land schon besser weiß, was die einzelnen Hochschulen machen sollen als die Hochschulen selber?
Schulze: Nein, ich gehe davon aus, dass 37 Hochschulen sich einfach nicht organisch miteinander koordinieren können, sondern dass so eine Koordinierung auch von einem Land gewährleistet werden muss. Das ist einfach die Aufgabe desjenigen, der das Geld dann auch für die Hochschulen gibt.
Burgwinkel: Welche Funktionen würden denn in Ihrem Hochschulzukunftsgesetz die Hochschulräte haben? Besonders beliebt waren sie eigentlich nicht, andererseits, viele Hochschulen fanden das aber auch ganz gut so.
Schulze: Also, ich möchte, dass die Hochschulräte weiterhin eine starke Stellung haben. Es gibt allerdings ein Verfassungsgerichtsurteil, was uns in der Zukunft verbietet, dass das Rektorat alleine im Hochschulrat gewählt wird. Deswegen werden wir ein neues System finden müssen, dass eben Hochschulrat und Senat gemeinsam das Rektorat bestimmen. Ich werde den Senat anders besetzen. Ich möchte, dass dieser viertelparitätisch besetzt ist, das heißt, dass neben den Professoren auch die Studierenden, die Wissenschaftler und die Nichtwissenschaftler, die an der Hochschule sind, dort eben Einfluss bekommen. Und ich werde oder mein Vorschlag ist, die Dienstvorgesetztenfunktion nicht mehr bei den Hochschulräten zu haben.
Burgwinkel: Also die Dienstaufsicht liegt dann wieder komplett in der Hand des Landes, also in Ihren?
Schulze: Die Dienstvorgesetztenfunktion würde beim Land bleiben, aber sozusagen die Aufsicht und die Beratung würde weiterhin beim Hochschulrat bleiben – bei einem gestärkten Senat.
Burgwinkel: Und die Studierenden, wie würden sie tangiert werden vom Hochschulzukunftsgesetz?
Schulze: Für die Studierenden verändert sich erst einmal was beim Senat. Also, wir hätten ja dann eine stärkere Rolle auch im Senat, trotzdem werden die Verantwortlichkeiten weiterhin klar bleiben. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir starke Hochschul- und Fachbereichsleitungen brauchen – trotzdem, Studierende werden in diesem Gesetz gestärkt. Wir wollen zum Beispiel auf der Fachbereichsebene, dass die Studierenden stärker auch bei Prüfungsordnungen kontrollieren, ist dieses Studium so eigentlich kontrollierbar.
Burgwinkel: Rechnen Sie eigentlich mit Gegenwind?
Schulze: Ja, klar! So eine Veränderung führt immer zu Gegenwind. Das haben wir allerdings auch in zwei Wahlkämpfen jetzt angekündigt, dass wir am Hochschulgesetz etwas verändern wollen. Schon dort wurde es kontrovers diskutiert. Das ist aber immer so, und deswegen nehme ich mir für dieses Gesetz auch Zeit. Wir haben jetzt schon ein Jahr Prozess hinter uns, wo wir intensive Gespräche mit den Experten aus den Hochschulen geführt haben, wir werden uns jetzt noch weiter Zeit nehmen, auch noch mal wissenschaftlichen Sachverstand mit hinzuziehen, einen großen Kongress machen, Onlinebeteiligungsverfahren. Und das Ziel ist, dass das Gesetz nach dem ersten Jahr des doppelten Abiturjahrgangs, also im Wintersemester 14/15 dann in Kraft treten kann.
Burgwinkel: Svenja Schulze, Nordrhein-Westfalens Wissenschaftsministerin, über die Eckpunkte für ein neues Hochschulzukunftsgesetz.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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Svenja Schulze: Ja, guten Tag! Also, warum wollen wir ein neues Hochschulzukunftsgesetz? Es gibt einfach die Notwendigkeit, dass wir mehr Transparenz schaffen. Das Land gibt jedes Jahr über vier Milliarden Euro für die Hochschulen und die Universitätskliniken aus, und es muss möglich sein, dass das Parlament, dass aber auch das Ministerium genauere Kennzahlen bekommen. Das ist der Hauptpunkt. Und es funktioniert heute nicht automatisch.
Burgwinkel: Transparenz bedeutet auch Kontrolle?
Schulze: Transparenz bedeutet erst mal, dass das Land seine Verantwortung wahrnimmt, auch wirklich für das Land ein Angebot für Wissenschaft und Forschung dann zu haben, ein Angebot für die Lehre zu haben. Die Summe von 37 Hochschulen ist nicht automatisch das Landesinteresse, darüber muss es eine Koordination geben. Man sieht es im Moment. Wir haben zum Beispiel viel zu wenig Berufsschullehrer. Für jede einzelne Hochschule ist es nicht attraktiv, um diese Lehrerinnen und Lehrer zu werben. Für das Land ist es aber sehr attraktiv, aber wir brauchen diese Lehrerinnen und Lehrer. Das heißt, man muss auch ein übergeordnetes Interesse wahrnehmen, und deswegen wollen wir auch einen Landeshochschulentwicklungsplan mit dem Landtag vereinbaren und das dann auch wieder mit den Hochschulen umsetzen.
Burgwinkel: Das heißt, sie wollen auch gezielt steuern, welche Studiengänge an welchem Standort und welchem Personal durchgeführt werden?
Schulze: Ich stelle mir eher eine Steuerung vor auf der Ebene zum Beispiel zu sagen, wir wollen mehr Studierende an den Fachhochschulen haben und zugunsten der Fachhochschulen umstrukturieren, weil diese Studiengänge sind sehr stark nachgefragt. Es gibt offensichtlich noch mehr Bedarf, an Fachhochschulen zu studieren. Das wird aber innerhalb des Systems nur möglich sein, wenn wir dann eben langfristig gesehen von den Universitäten zu den Fachhochschulen verlagern.
Burgwinkel: Also, Sie gehen davon aus, dass das Land schon besser weiß, was die einzelnen Hochschulen machen sollen als die Hochschulen selber?
Schulze: Nein, ich gehe davon aus, dass 37 Hochschulen sich einfach nicht organisch miteinander koordinieren können, sondern dass so eine Koordinierung auch von einem Land gewährleistet werden muss. Das ist einfach die Aufgabe desjenigen, der das Geld dann auch für die Hochschulen gibt.
Burgwinkel: Welche Funktionen würden denn in Ihrem Hochschulzukunftsgesetz die Hochschulräte haben? Besonders beliebt waren sie eigentlich nicht, andererseits, viele Hochschulen fanden das aber auch ganz gut so.
Schulze: Also, ich möchte, dass die Hochschulräte weiterhin eine starke Stellung haben. Es gibt allerdings ein Verfassungsgerichtsurteil, was uns in der Zukunft verbietet, dass das Rektorat alleine im Hochschulrat gewählt wird. Deswegen werden wir ein neues System finden müssen, dass eben Hochschulrat und Senat gemeinsam das Rektorat bestimmen. Ich werde den Senat anders besetzen. Ich möchte, dass dieser viertelparitätisch besetzt ist, das heißt, dass neben den Professoren auch die Studierenden, die Wissenschaftler und die Nichtwissenschaftler, die an der Hochschule sind, dort eben Einfluss bekommen. Und ich werde oder mein Vorschlag ist, die Dienstvorgesetztenfunktion nicht mehr bei den Hochschulräten zu haben.
Burgwinkel: Also die Dienstaufsicht liegt dann wieder komplett in der Hand des Landes, also in Ihren?
Schulze: Die Dienstvorgesetztenfunktion würde beim Land bleiben, aber sozusagen die Aufsicht und die Beratung würde weiterhin beim Hochschulrat bleiben – bei einem gestärkten Senat.
Burgwinkel: Und die Studierenden, wie würden sie tangiert werden vom Hochschulzukunftsgesetz?
Schulze: Für die Studierenden verändert sich erst einmal was beim Senat. Also, wir hätten ja dann eine stärkere Rolle auch im Senat, trotzdem werden die Verantwortlichkeiten weiterhin klar bleiben. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir starke Hochschul- und Fachbereichsleitungen brauchen – trotzdem, Studierende werden in diesem Gesetz gestärkt. Wir wollen zum Beispiel auf der Fachbereichsebene, dass die Studierenden stärker auch bei Prüfungsordnungen kontrollieren, ist dieses Studium so eigentlich kontrollierbar.
Burgwinkel: Rechnen Sie eigentlich mit Gegenwind?
Schulze: Ja, klar! So eine Veränderung führt immer zu Gegenwind. Das haben wir allerdings auch in zwei Wahlkämpfen jetzt angekündigt, dass wir am Hochschulgesetz etwas verändern wollen. Schon dort wurde es kontrovers diskutiert. Das ist aber immer so, und deswegen nehme ich mir für dieses Gesetz auch Zeit. Wir haben jetzt schon ein Jahr Prozess hinter uns, wo wir intensive Gespräche mit den Experten aus den Hochschulen geführt haben, wir werden uns jetzt noch weiter Zeit nehmen, auch noch mal wissenschaftlichen Sachverstand mit hinzuziehen, einen großen Kongress machen, Onlinebeteiligungsverfahren. Und das Ziel ist, dass das Gesetz nach dem ersten Jahr des doppelten Abiturjahrgangs, also im Wintersemester 14/15 dann in Kraft treten kann.
Burgwinkel: Svenja Schulze, Nordrhein-Westfalens Wissenschaftsministerin, über die Eckpunkte für ein neues Hochschulzukunftsgesetz.
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