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Konfliktmanagement für Professoren

Primär ist eine Hochschule für Forschung und Lehre gedacht, doch auch hier lenken Konflikte um Geld Professoren von ihrem eigentlichen Arbeitsbereich ab. Jeder muss hart um den jährlichen Etat für sein Institut kämpfen, persönliche Anfeidungen bleiben da nicht aus. Abhilfe sollen Seminare des Deutschen Hochschulverbandes schaffen.

Von Martin Koch | 22.02.2008
    "Sie können einen Konflikt nur lösen, wenn die Parteien darin übereinkommen, dass es einen Konflikt gibt, der gelöst werden muss. Wenn das nicht der Fall ist, brauchen Sie eine Machtinstanz, die die Parteien dazu bringt, dass sie den Konflikt lösen. Das ist Aufgabe der Hierarchie."

    So beschreibt Seminarleiter Rainer Osterhorn die ideale Konfliktbewältigung. Der Diplom-Psychologe weiß allerdings aus langjähriger Erfahrung, dass zwischen Theorie und Praxis ein großer Unterschied besteht - gerade an den Universitäten:

    "Es herrscht oft Intransparenz über Ziel und Vorgehen, und es gibt eine gewisse Neigung an Hochschulen hinter verschlossenen Türen, ich sag mal salopp, Dinge auszukungeln."

    Hinzu kommt, dass solche Auseinandersetzungen eine bedrohliche Eigendynamik entwickeln können, beklagt Seminarteilnehmer Holger Kersten, Professor für Anglistik an der Uni Magdeburg:

    "Konflikte, die auf einer organisatorischen oder institutionellen Ebene entstehen, tragen sich häufig zwischen Personen aus. Und diese Verkettung zu lösen, ist, glaube ich, nicht möglich, weil die Universität als Rahmengeber in dieser Hinsicht kein Ansprechpartner ist."

    Jeder Wissenschaftler versucht, so viel wie möglich vom Etat für sein Institut, für seine Fakultät einzuheimsen. Die eigene Forschungsleistung wird in den Vordergrund gestellt, um den Anspruch auf Sachmittel und Stellen zu untermauern. So war es schon immer - und so ist es grundsätzlich auch in Ordnung, sagt Rainer Osterhorn:

    "Es ist kein Problem, so lange Sie klare Regeln haben und Fairness herrscht. Der Bessere möge gewinnen. Wenn aber dieser Wettbewerb, beispielsweise der Ideenwettbewerb, der Wettbewerb um die besseren Konzepte und die bessere Forschung, wenn der mit Machtmitteln verhindert wird - dann haben wir ein Problem."

    Und dieses Problem tritt im verschärften Wettbewerb der Universitäten und Hochschulen immer häufiger auf. Die zwölf Professorinnen und Professoren aus Deutschland, Österreich und der Schweiz üben in dem Seminar in Bonn, wie sie Konflikte rechtzeitig erkennen und durch eigenes Verhalten positiv beeinflussen können. Nach Rollenspielen, Analysen und Gesprächen fühlt sich Marianne Betz, Musikwissenschaftlerin und Rektorin der Anton-Bruckner-Universität in Linz, gut gewappnet für die Rückkehr an ihre Hochschule:

    "Ich nehme zum einen mehr strategisches Wissen über den Umgang mit Konflikten und Konfliktsituationen mit, ich glaube, auch eine bessere Reflexion meiner eigenen Person, und insofern ich Teil von Konfliktbewältigungsmaßnahmen bin, in welcher Rolle auch immer, ist das natürlich ganz wichtig, dass ich mir über meine eigenen Mechanismen im klaren bin, über das, was gerade bei mir reagiert und irgendwas auslöst, und was dann das Gespräch mit Mitarbeitern und Kollegen in der einen oder anderen Richtung beeinflussen kann."

    Für Holger Kersten ist bei den Rollenspielen und Gesprächen ein anderer Aspekt in den Vordergrund gerückt:

    "Dass man sich zum Beispiel davon lösen kann, dass mit einer einfachen Schuldzuweisung ein Konflikt erklärt werden kann. Sondern dass eine Analyse der Hintergründe, der Zusammenhänge der beteiligten Personen und der diversen Fragestellungen eingehen muss in eine Art Konfliktlösungsgespräch."

    Den passenden Vorsatz dafür hat er gleich mit ins Reisegepäck genommen:

    "Ich möchte mir vornehmen, das offene Gespräch noch mehr zu suchen, als ich das bisher getan habe."

    Das ist ganz im Sinne seines Seminarleiters. Denn egal, ob an der Uni oder im normalen Leben: Wirklich falsch machen kann man beim Umgang mit Konflikten eigentlich nur eins, sagt Rainer Osterhorn:

    "Der größte Fehler ist, sie zu verhindern statt sie konstruktiv auszutragen."