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Kongo
Bürgerkrieg und Schutz der Gorillas

Im Osten des Kongos liegt das älteste Naturschutzgebiet Afrikas: der Nationalpark Virunga. Hier leben die vom Aussterben bedrohten Berggorillas. Doch Rebellengruppen und Wilderer verstecken sich in den dichten Wäldern. Ein großes Risiko für die seltenen Primaten, aber auch für Menschen, die die letzten der Gorillas schützen.

Von Simone Schlindwein | 29.12.2014
    Ein Berggorilla im kongolesischen Urwald
    Seltenes Exemplar: Einer der Berggorillas, die in der Republik Kongo leben. (picture alliance / Mika Schmidt)
    Tautropfen perlen von den Blättern der gigantischen Bäume. Es ist feucht und kühl in dem dichten Regenwald. Kaum ein Lichtstrahl dringt durch die dichten Baumkronen.
    Der Virunga-Nationalpark ist das älteste Naturschutzgebiet in Afrika. Im Dreiländereck zwischen Ruanda, Uganda und dem Ostkongo. Er ist Heimat der seltenen und vom Aussterben bedrohten Berggorillas.
    Nahe der Station der Parkverwaltung hausen in einem Freilichtgelände vier Gorilla-Babies. Normalerweise überleben Berggorillas in Gefangenschaft nicht. Doch diese sind Waisen. Ihre Mütter wurden getötet. Sie konnten nur überleben, weil die Parkwächter sie gefunden und aufgezogen haben. Ohne die tapfere Arbeit der Parkwächter wären die Gorillas im Kongo wohl schon längst dem Krieg zum Opfer gefallen. Seit 20 Jahren treiben sich Rebellen und Wilderer in dem Park herum.
    Parkwächter Gracien Muyosa hat alle Mühe, den kräftigen Bluthund festzuhalten. Dieser hat Lunte gerochen. Die Schnauze auf den Boden gerichtet, zerrt er Muyosa durch das dichte Unterholz. Er ist einer der rund Dutzend Parkwächter, die zu Hundeführern ausgebildet wurden. Hunde und Parkwächter wurden von Schweizer und deutschen Hundeführern ausgebildet. Zwei Jahre hat das Training gedauert, bis Mensch und Hund optimal als Team zusammen arbeiten. Gracien Muyosa ist einer von ihnen.
    "Diese sind eigentlich Jagdhunde. Doch sie machen hier keine Jagd auf Tiere, sondern auf Menschen. Sie helfen uns dabei, menschliche Gegenstände, Lebensmittelreste oder Ausscheidungen im Wald aufzuspüren, um dann deren Spuren zu verfolgen. Wir waren gerade mit ihnen im Einsatz. In der Savanne wurden Elefanten erschossen, um ihr Elfenbein zu verkaufen. Die Hunde haben am Tatort Spuren gewittert und uns in die Richtung geführt, aus welcher die Wilderer kommen. Wir haben vier Wilderer gefasst. Das war ein voller Erfolg."
    Ob Elfenbein, wertvolles Holz oder die Ölressourcen im Boden - der Virunga-Nationalpark birgt reiche Schätze. Schwer bewaffnete Milizen finanzieren ihren Krieg aus diesen Ressourcen, vor allem mit der Abholzung des Waldes. Allein mit dem Handel von Holzkohle, die in Afrika zum Kochen benutzt wird, erwirtschaften die Rebellen 35 Millionen Dollar pro Jahr. Ein gewaltiges Vermögen.
    Tourismus als Finanzierungsmöglichkeiten
    Umgekehrt hat Kongos Naturschutzbehörde enorme Schwierigkeiten, sich zu unterhalten. Die Parkverwaltung ist auf Spendengelder angewiesen. Auch deutsche Gelder fließen in die Parkverwaltung, um die Wächter ihr Gehalt zu bezahlen, um die Hunde zu trainieren, die Parkstation zu unterhalten. Die Frankfurter Zoologische Gesellschaft hat Gebäude finanziert. Die Stuttgarter Wilhelmina hat Fahrzeuge gespendet. Doch langfristig sucht Parkdirektor Emmanuel de Merode nach unabhängigen Finanzierungsmöglichkeiten, sagt er.
    "Wir können ohne Geld nicht überleben, aber können auch nicht für immer auf Hilfsgelder angewiesen sein. Wir haben vor wenigen Jahren mit der Europäischen Union ein Programm gestartet, den Park wieder funktionstüchtig zu machen. Langfristig setzen wir auf den Tourismus als nachhaltige Einkommensquelle. Das hat im Nachbarland Ruanda gut funktioniert. Ruanda hat auch eine vergleichbare gewaltsame Geschichte. Vor zehn Jahren gab es in Ruanda noch so gut wie keine Touristen. Zehn Jahre später erwirtschaftet Ruanda 430 Millionen Dollar jährlich aus dem Tourismus, dabei haben die Nationalparks dort viel weniger zu bieten als unserer. Kongo hat viel mehr Potenzial".
    Um Touristen anzuziehen, benötigt der Ostkongo vor allem eines: Friede und Sicherheit. Denn solange Rebellen und Wilderer durch den Urwald streunen, ist das Risiko für Touristen zu groß. Immerhin, der Park hat jetzt wieder eröffnet, nachdem er zwei Jahre wegen Unruhen geschlossen war. Mithilfe der Bluthunde kann es den Parkwächtern gelingen, die Menschen und auch die seltenen Gorillas vor Wilderern und Milizen zu schützen.