Redmond O'Hanlon begibt sich in Lebensgefahr, kämpft mit Schlafproblemen, Tropengeschwüren, Kopfschmerzen und einem "rätselhaften Jucken". Die Dschungelmahlzeiten bestehen aus verschimmeltem Affengulasch, Elefantennase und Maniokbrei, der schmeckt "wie ein in Desinfektionsmittel getauchter Gipsverband". Und an den allabendlichen romantischen Lagerfeuern fachsimpelt O'Hanlon über Primär- und Sekundärängste: Was ist schlimmer, Ebola-Virus, Aids, Malaria oder ein tödlicher Biß der Gabun-Viper?
Warum nimmt jemand solche Qualen auf sich? Sucht er, André Gide zitierend, "das Höchstmaß alles Menschlichen in sich aufzunehmen"? Nach dem Ziel seiner Wahnsinnsexpedition befragt, antwortet der Ich-Erzähler des Romans, O'Hanlon selbst: "‘Ich habe vor, eine große Reise zu machen’, begann ich, und schon allein der Klang der Worte gefiel mir, ‘im Einbaum zum Oberlauf des Motaba, wo wir die Boote zurücklassen werden, dann ostwärts durch die Sumpfwälder und über die Wasserscheide zum Ibenga, wo wir hoffen, ein Boot zu finden, und dann, wenn wir Glück haben, flußaufwärts zum Likouala-aux-Herbes und von dort zu Fuß zum verborgenen See, Lac Télé, wo Mokélé-mbembé, der Kongo-Dinosaurier, gesichtet worden sein soll.’"
O'Hanlon weiß, daß er sich mit den "direkten Nachfahren der großen Reptilien" begnügen muß, "mit den fliegenden Dinosauriern - den Vögeln". Dinko, Dino oder Mokélé-mbembé ist ein mythisches Ziel, das nicht erreicht werden kann, und damit lebt der Mythos weiter. Und so nähert sich O'Hanlon nach seiner Rückkehr in England dem eigentlichen Ziel seiner Reise: Der Ausarbeitung einer literarischen Schilderung. Sechs Jahre hat Redmond O'Hanlon an "Kongofieber" geschrieben — immer wieder von Malaria-Anfällen unterbrochen. Und, um die englische Tageszeitung "The Observer" zu zitieren, ihm ist dabei ein Meisterwerk gelungen. Das Buch ist eine Mischung aus Abenteuerroman und Forschungsgeschichte, aus Naturkunde und literarischer Glanzleistung. Beobachtungen der Fauna und Flora führen ihn zu Überlegungen über Natur allgemein, regen ihn zu geistigen Exkursionen über Religion und Aufklärung, über Freiheit und das menschliche Schicksal an. Diese halbwissenschaftlichen Spekulationen des Literaturwissenschaftlers begeistern. Sie eröffnen eine phantastische Welt, in die die Märchen zurückkehren. O'Hanlon verschönert nicht und ufert nicht in Schwärmereien aus. Er selbst ist ein träumerischer Anti-Held, der auf dem Weg durch den Dschungel in ein Fettnäpfchen nach dem anderen tritt, als trete er in die Fußspuren eines Elefanten. Ein satirischer politischer Unterton durchzieht den Roman. Immer wieder läßt O'Hanlon den Tierschützer Marcellin Agnagna zu Wort kommen, seinen schwarzafrikanischen Dschungelführer, der in Frankreich Zoologie studiert hat und seine Dissertation über das Crocodylus Cataphractus schrieb. "Wenn schon kolonisiert, dann von Franzosen. Sie mochten uns so, wie wir waren. Sie haben unsere Frauen geheiratet. Sie hatten schwarze Geliebte, jede Menge von Geliebten. Sie haben keine Kricket-Clubs und ähnlichen snobistischen Kram gegründet. Sie haben uns gesagt, wir wären französische Bürger, und das war schon was wert, auch, wenn sie es nicht so meinten."
Von globaler Kultur keine Rede. Während die Afrikaner einst für ihre Unabhängigkeit kämpften, so begegnet O'Hanlon in seinem Roman jetzt vielen verzweifelten Afrikanern, die sich verlassen fühlen. "‘Vergeßt es nicht’, rief uns der alte Bague nach. ‘Sagt es dem Präsidenten! dem Präsidenten von ganz Frankreich! Xavier Bague läßt ausrichten, die Franzosen, sie sollen zurückkommen!’ Sein Geschrei verebbte hinter uns in den Bäumen, den Lianen und dem Schilf, das uns nun umschloß."
Um so weiter Redmond O'Hanlon in den Dschungel vordringt, um so lebendiger tauchen die Erinnerungen seiner Kindheit vor ihm auf, vermischen sich die eigenen Erfahrungen mit angelesenem Wissen, mit wissenschaftlichen Hypothesen und blühender Phantasie: zehn Minuten, zehn Tage, 50 Jahre, Jahrmillionen. O'Hanlon kreist um die Zeit seiner Geburt, und nähert sich gleichzeitig dem Entstehungsort des homo sapiens vor etwa 100 000 Jahren. Und die teilnehmende Beobachtung an dem Zwergschimpansen Max führen ihn weitere 4,3 Millionen Jahre zurück. "Unsere Zwergschimpansenureltern wurden in Regenwäldern isoliert, die keinen Regen mehr bekamen, weil die neuen Berge im Westen ihn abfingen. Also verkümmerten die Wälder zu Buschwerk und Savannen. Max' Leuten südlich des Zaire-Flusses ging es gut wie immer, und sie ahnten nicht, daß ihre Verwandten im Norden so übel dran waren. Wir haben nicht die Wälder verlassen, die Wälder haben uns verlassen. Also setzte Max im Dschungel seine eigene Entwicklung fort, selbst im stabilsten Teil des stabilsten Kontinents der Erde. Oder vielleicht haben sie sich gar nicht weiterentwickelt, vielleicht war ihre Kultur schon immer so, vielleicht war es auch einmal unsere Kultur."
Redmond durchlebt einen "1000 Volt Dauerkulturschock" und versucht, sich dem Leben und den Geistern der Bambuti-Pygmäen anzupassen. Er greift zur haschischartigen Ganja-Pfeiffe und kauft bei einem Häuptling einen Fetisch: einen kleinen abgegriffenen Beutel aus Antilopenfell, in den ein Kinderfinger eingenäht ist. Der Geist dieses Kindes soll ihm jugendliche Kraft verleihen. O'Hanlon glaubt an diesen Fetisch ebenso wie der handfeste Lary Shaffer an die Kraft seines Eherings. Fünf Monate dauert der exotische Thriller oder auch 656 Seiten, auf denen der Leser durchgeschüttelt wird wie auf einer groß angelegten afrikanischen Geisterbahn. Dem Buch liegt ein Antiklimax zugrunde. Der Expeditionstrupp wird immer kleiner, der Exzentriker Redmond O'Hanlon von seinen Begleitern immer weniger ernst genommen. Lary Shaffer kehrt frühzeitig in die Zivilisation zurück, und der verrückte Autor kämpft sich fast alleine weiter und tiefer in das Dickicht von Dschungel, Vergangenheit und Entstehungsgeschichte hinein. Den Gefahren begegnet er dabei mit zunehmender Gelassenheit und unerschrockener Heiterkeit: "Sieh mal, wenn ich nicht weiß, was ich tun soll, gehe ich schlafen. Joseph Conrad hat eine Bezeichnung dafür: Heroismus des Nichthandelns."
Magie, Wissenschaft und Religion — O'Hanlon behandelt diese Dinge mit derselben Wichtigkeit, für ihn sind es doch nur unterschiedliche Formen der anthropologischen Universalie, Mythen zu produzieren. O'Hanlon ist ein fast surrealistisch anmutender Erzähler, und nach dem frühen Tod von Bruce Chatwin könnte er ohne weiteres dessen Nachfolge antreten. Für den bebrillten Literaturprofessor aus Oxford wird der Abstecher in die traumatischen Tropen auch eine Reise ins eigene Ich, ins Reich der Ängste, ins Herz der Finsternis. Doch im Gegensatz zu Joseph Conrads berühmter Erzählung ist das Fundament von "Kongofieber" O'Hanlons schwarzer englischer Humor, mit dem er sich hauptsächlich über seinen Protagonisten lustig macht, nämlich über sich selbst. Am Lac Télé angekommen, weiß er, am richtigen Ort gewesen zu sein, doch "leider 17 Millionen Jahre zu spät". Und so bringt er anstelle von Dinosaurierfotos ein Gorilla-Baby mit.