Sichtlich angegriffen, mit tiefen Augenringen, fahler Gesichtsfarbe und belegter Stimme, trat Michael Cohen vor den Ausschuss – vor dem er schon einmal einen Eid abgelegt hatte. Damals, um ihn zu belügen, weil er den Präsidenten schützen wollte. Jetzt, um die Wahrheit ans Licht zu bringen, wie er sagte. Er schäme sich für sein Verhalten damals, für seine Schwäche und die falsch verstandene Loyalität gegenüber Donald Trump.
Für seine Lügen muss Michael Cohen im Mai eine dreijährige Haftstrafe antreten. Für die Wahrheit hofft er noch irgendwie auf Milde: Deshalb greift er den Präsidenten scharf an, nennt ihn einen Rassisten, Hochstapler und Betrüger.
Cohen belastet Donald Trump schwer – in heiklen Sachverhalten, die Donald Trump rundweg abgestritten, weit von sich gewiesen und verleugnet hatte. Den geplanten Bau eines Trump-Towers in Moskau zum Beispiel. Tatsächlich noch Verhandlungsgegenstand im Juni 2016, als Trump bereits Spitzenkandidat für die Republikaner war. Trump habe nie mit einem Wahlsieg gerechnet, seine Prominenz aber rücksichtslos ausgenutzt, um mit Russland ins Geschäft zu kommen, sagte Cohen.
Wusste Trump von Clintons gehackten Mails?
Beispiel zwei: Die gehackten E-Mails von Hillary Clinton, die von Wikileaks weiter verbreitet wurden – Trump gab sich stets ahnungslos. Cohen berichtete, wie Wahlkampfgehilfe Roger Stone Trump am Telefon berichtete, Wikileaks-Chef Assange habe ihm gegenüber weitere Veröffentlichungen angekündigt, die Clinton schwer belasten sollten. Trump antwortete laut Cohen: Das wäre doch großartig.
Beispiel drei: Das Schweigegeld für zwei Models, mit denen Trump angeblich Affären hatte. Weder die Affären, noch das Schweigegeld soll es nach den Worten Trumps jemals gegeben haben. Cohen legte einen persönlich von Trump unterzeichneten Scheck vor mit einer Rückzahlungsrate für das Schweigegeld. Übergeben zu einem Zeitpunkt, als Trump bereits Präsident war.
Beispiel vier: Das ominöse Treffen zwischen Donald Trump Junior und einer russischen Anwältin, die "Schmutz über Hillary" angekündigt hatte. Donald Trump Senior will davon keine Ahnung gehabt haben. Cohen schilderte, wie Sohn Donald Vater Donald kurz vor dem Treffen ins Ohr flüsterte: Alles geregelt. Vater Trump: Halt mich auf dem Laufenden.
Aggressiver Ton während der Verhandlung
Die Republikaner versuchten während der Anhörung, die Glaubwürdigkeit Michael Cohens massiv in Zweifel zu ziehen. Je länger die Sitzung dauerte, desto aggressiver wurde der Ton. Offenbar realisierten sie, wie gefährlich die Aussagen Cohens dem Präsidenten noch werden können. Der Abgeordnete Mark Meadows aus North Carolina schrie Cohen an und musste zur Ordnung gerufen werden.
Cohen ließ sich indes nicht beirren – er bleibe bei der Wahrheit, sagte er. Schließlich deutete er an, dass es noch weitere strafrechtliche Vorwürfe gegen den Präsidenten gebe, die noch nicht an die Öffentlichkeit gedrungen seien und über die er nicht reden dürfe.
Am Donnerstag steht Michael Cohen erneut einem Ausschuss Rede und Antwort: Dieses Mal dem Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses - und hinter verschlossenen Türen.