Das verdirbt dem Verbraucher glatt den gewohnten Heißhunger auf Schwarzwälder Kirschtorte, Bienenstich und Puddingteilchen: In vielen Fällen sind creme- oder sahnehaltige Backwaren so stark mit Krankheitskeimen belastet, dass sie zum Verzehr eigentlich nicht mehr empfohlen werden können. Offenbar nehmen es Bäckereien und Konditoreien mit der Hygiene oft nicht so genau. Das zeigen aktuelle Ergebnisse von Stichproben-Untersuchungen.
Der Lebensmittelchemiker Hasan Taschan vom Staatlichen Untersuchungsamt Hessen stellte sie jetzt in Münster vor:
Die Beanstandungen sind also bis zu 50 Prozent. Das ist viel, gerade wo es um die Gesundheit geht. Also, diese Beanstandungen sind zu hoch.
Knapp 200 Proben nahm Taschans Arbeitsgruppe in den letzten Jahren. Alle stammten aus Betrieben in Mittelhessen. In den leicht verderblichen Backwaren entdeckten die Lebensmittel-Analytiker Bakterien der verschiedensten Sorte, darunter Lactobazillen, Pseudomonaden, Salmonellen und auch bestimmte Fäkalkeime. Und das allzu oft in nicht mehr vertretbarer Menge:
Diese Keime sind natürlich sehr relevant für den Verbraucher, das heißt diese Keime verursachen also Erkrankungen. Von Durchfallerkrankungen bis also Bauchschmerzen, Kopfschmerzen - bis zum Tod also kann das gehen.
Das ist keineswegs übertrieben. Tatsächlich besteht ein solches Risiko zum Beispiel für ältere Menschen und solche mit geschwächtem Immunsystem. Man denke nur an die immer wieder auftretenden Todesfälle durch Salmonellen-verseuchte Nahrungsmittel. Allein daran sterben jedes Jahr im Schnitt mehr als 60 Bundesbürger, wie Taschan in Münster schilderte. Und auch andere Bakterien in verdorbenen Lebensmitteln können durchaus tödliche Darminfektionen auslösen.
Keimbelastete Bäckerei- und Konditorware hat daran offensichtlich ihren heimlichen Anteil.
Es gibt Veröffentlichungen, wonach etwa 20 Prozent der lebensmittelbedingten Erkrankungen auf Feine Backwaren zurückzuführen sind.
Taschans Messergebnisse spiegeln zwar strenggenommen nur das Bild in Hessen. Doch seine Berufskollegen in anderen Bundesländern machen ganz ähnliche Erfahrungen:
Wenn ich ‘mal die Jahresberichte von den Untersuchungsämtern durchblättere oder wenn ich die Publikationen ‘mal lese, dann geh’ ich davon aus, dass die Situation insgesamt in der ganzen Bundesrepublik so ist. Es gibt verschiedene Gründe. Erst ‘mal das fehlende Hygiene-Bewusstsein und Nachlässigkeit des Herstellers. Zweitens die Lagerung und Handhabung der leicht verderblichen Lebensmittel. Drittens gibt es also bestimmte Probleme in den Filialen von den Bäckereien.
Eines der wesentlichen Versäumnisse: Torten und Teilchen werden nicht ausreichend gekühlt. Dann vermehren sich Mikroben rapide in den Creme-Füllungen und Sahne-Auflagen; aus ein paar Keimen wird schnell eine ganze Heerschar, die beim Verzehr der Backware dann unter Umständen schwer auf den Magen schlägt.
Ein Kleinbetrieb kann auch einwandfrei hygienisch arbeiten. Diese Fälle haben wir ja auch. Ich möchte jetzt wirklich nicht sagen, dass alle Bäcker unhygienisch arbeiten. Das heißt: Die Hygiene ist eine Sache der Einstellung und nicht eine Sache der Technik.
Es gibt zwar mittlerweile eine Lebensmittel-Hygieneverordnung. Doch das hat sich wohl noch nicht bei allen Bäckern und Konditoren herumgesprochen. Ein anderes Dilemma: Es fehlen gesetzliche Grenzwerte für die Verkeimung von Feinen Backwaren. Die Deutsche Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie hat zwar einst tolerierbare Höchstmengen vorgeschlagen für Salmonellen, Bazillen und wie sie alle heißen. Doch in geltendes Recht umgesetzt wurden sie nie.
Lebensmittelchemiker wie Taschan bedauern das. Nachholbedarf sehen sie aber auch bei den Bäcker-Innungen:
Dies kann man ändern, indem man einfach die Bäcker oder die verantwortlichen Personen ‘mal lehrt, also schult. Schulung, Schulung, Schulung!