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Konkurrenz lähmt das Geschäft

In ihrem Buch "Jeder gegen jeden" beschreibt die Unternehmensberaterin Svenja Hofert einen zunehmend gnadenlosen Konkurrenzkampf zwischen Arbeitnehmern. Schuld daran seien nicht zuletzt die Unternehmen selbst, die mit ihren Mitarbeitern in der Vergangenheit unfair umgesprungen seien und ihnen so gezeigt hätten: Du bist auf dich allein gestellt. Das rauer gewordene Betriebsklima schade langfristig aber den Firmen selbst, warnt Hofert.

Moderation: Lothar Guckeisen | 06.12.2006
    Lothar Guckeisen: Jeder muss sich an seinem Arbeitsplatz behaupten. Dagegen ist sicher nichts zu sagen, doch angeblich tobt in deutschen Unternehmen ein gnadenloser Konkurrenzkampf. Es wird gehauen und gestochen, die Büros sind angeblich übervölkert von "Chef-Tretern", "Beuteziehern" und üblen Tricksern. So steht es in einem neuen Sachbuch mit dem bezeichnenden Titel "Jeder gegen jeden - Der neue Klassenkampf in den Unternehmen". Svenja Hofert, Unternehmens- und Karriereberaterin, Sie haben das Buch geschrieben. Wie kommen Sie zu diesen drastischen Einschätzungen.

    Svenja Hofert: Ich habe eine Karriereberatung in Hamburg und Köln und arbeite von daher täglich zusammen mit Menschen, die in Unternehmen arbeiten, arbeite auch für Firmen und habe auch letztendlich selber für einen Konzern gearbeitet und auch für andere Unternehmen und von daher weiß ich es letztendlich auch aus eigener Anschauung. Und ich habe auch ganz normal recherchiert, also ich habe quasi Menschen angesprochen, die interviewt und bin da auch hinter Zustände in speziellen Firmen gekommen.

    Guckeisen: Wenn Sie aber sagen "Hauen und Stechen", was war denn so ein krasses Beispiel, mit welchen Bandagen wird denn da gekämpft in den Büros?

    Hofert: Gerade wenn die Nachricht kommt, jetzt müssen wir abbauen - wir haben einige Beispiele aus diesem und aus dem letzten Jahr, wo diese Nachricht in den Zeitungen auch publiziert worden ist, dass es gerade in dieser Situation es plötzlich in den Unternehmen rumort. Jeder guckt, was muss ich machen, wie kann ich mich möglichst gut darstellen und den Kollegen möglichst schlecht. Ein konkretes Beispiel, seit einigen Jahren geht die Zahl der E-Mails mit CC, also Carbon Copy, in die Höhe, und zwar sind das E-Mails, die gerade in Krisensituationen sehr gerne von karriereorientierten Mitarbeitern an die nächst höhere Hierarchieebene geschickt werden. Der Punkt ist, es fängt dort an gefährlich zu werden, wo man anderen das Wasser abgräbt und wo es nicht mehr darum geht, den Erfolg eines Unternehmens zu stützen, sondern nur noch den eigenen. Denunziantentum ist eben auch vor diesem Hintergrund sehr, sehr verbreitet.

    Guckeisen: Das kann man beklagen, aber ist das vielleicht nicht auch eine verständliche, vielleicht sogar in der Situation eine sinnvolle Reaktion?

    Hofert: Das ist die Frage, wo Sie da die Grenze ziehen. Verständlich ist es auf jeden Fall, dass eine Angst um den eigenen Arbeitsplatz besteht, absolut verständlich. Doch muss ich mich deswegen mittreiben lassen, muss ich deswegen eigene Werte aufgeben, muss ich mich deswegen direkt unfair verhalten? Ich glaube nicht.

    Guckeisen: Würden Sie denn allgemein sagen, dass das Klima in den Büros schlechter geworden ist im Verlauf der letzten Jahre?

    Hofert: Auf jeden Fall, dafür gibt es auch ganz konkrete Daten und Indizien, beispielsweise Umfragen im Internet, wo deutlich zu sehen ist, unter der Frage: "Hat sich das Arbeitsklima in ihrem Unternehmen in den letzten Jahren verschlechtert?", wo über 500 gesagt haben, zu 85 Prozent oder gar 86 Prozent, "Ja, auf jeden Fall, das ist deutlich spürbar". Das Gallop-Institut hat es auch untersucht und ist für 2006 zu der Erkenntnis gekommen, dass nur noch 13 Prozent der Mitarbeiter sich überhaupt nur noch irgendwie mit dem Unternehmen identifizieren. Das Fazit ist bei denen mehr, also die sich nicht identifizieren, also der großen Masse: Das ist mir egal, Hauptsache ich kriege mein Geld, Hauptsache ich behalte meinen Arbeitsplatz. Und so führt das natürlich zu einem erhöhten Konkurrenzkampf und Druck.

    Guckeisen: Haben Sie denn eine Erklärung für diese schlechte Einstellung der Mitarbeiter gegenüber ihrem Unternehmen?

    Hofert: Die Unternehmen waren in den letzten Jahren nicht fair zu den Mitarbeitern. Das sind die Abbauphasen der letzten Jahre, die jetzt sehr deutlich spürbar sind, die letztendlich gerade auch in der Wachstumsphase, gerade auch in der Zeit, wo Arbeitslosigkeit jetzt abgebaut wird, noch zu katastrophalen Folgen führen, weil die Mitarbeiter haben gelernt, das Unternehmen interessiert sich nicht für mich, die sind sowieso unfair. Man kann sich nicht drauf verlassen, was sie sagen, heute so, morgen so. Das heißt, das sind Konsequenzen, die die Unternehmen auch gerade jetzt auch ausbaden müssen.

    Guckeisen: Sie beschreiben in Ihrem Buch ja auch gute Unternehmen, in denen das Betriebsklima stimmt. Was läuft dort anders? Warum ist die Luft für die Mitarbeiter dort nicht so dünn?

    Hofert: Ein ganz, ganz wichtiger Punkt ist eben die angesprochene Fairness. Zu Fairness gehört auch ganz klar, dass man ehrlich mit den Mitarbeitern umgeht, dass man keine falschen Versprechungen gibt und das fängt schon damit an, dass man nicht sagt, der Arbeitsplatz ist für die nächsten 30 Jahre sicher, weil der ist nicht sicher. Also bei der Ehrlichkeit fängt es an. Fairness ist auch ein weiterer Punkt in dem Bereich, dass gekuckt wird, ist es gerecht, was mit den Mitarbeitern passiert. Werden Sie unter klar definierten Richtlinien befördert, ist es letztendlich ja auch das Können, die Kompetenz, die Führungsqualität eines Mitarbeiters, der ihn auf den Führungssessel bringt und ist es nicht die Seilschaft, die Lobby, die Fähigkeit Erfolgsgeschichten gekonnt zu publizieren.