Über die Wende in der Agrarpolitik hin zu einer ökologischen Landwirtschaft wurde auf dem Internationalen Agrarseminar in Husum heftig diskutiert. Eine Diskussion, die die österreichischen Vertreter nicht nachvollziehen konnten. Die Frage, mehr biologische Landwirtschaft oder nicht, stellte sich dort nicht erst seit BSE. In Österreich sei die Biolandwirtschaft mit derzeit 10 Prozent aller Betriebe ein wichtiger Aspekt der allgemeinen Agrarpolitik, aber nicht der einzige, betonte Dr. Markus Rosinger, Landesgeschäftsführer des Bauernbundes von Oberösterreich:
U.a. gibt es das größte Umweltprogramm der Europäischen Union in Österreich. Das sogenannte ÖPUL, das österreichische Programm für eine umweltgerechte Landwirtschaft, das in Summe ziemlich genau soviel Mittel in die Landwirtschaft bringt wie die gesamten Marktordnungen der Europäischen Union, sprich Tier- und Flächenprämien zusammen.
Darüber herrscht in Österreich ein Konsens, den sich die Vertreter einer deutschen Agrarwende wünschen würden. Doch dieser besteht noch nicht einmal unter den Mitgliedern des Ausschusses für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft des Deutschen Bundestages. Vorsitzender Peter Harry Carstensen, CDU, sah in der von Bundesverbraucherschutzministerin Renate Künast verkündeten Wende vor allem eine Wettbewerbsverzerrung.
Alles, was hier im letzten Jahr bei uns passiert ist, ist sich selbst Auflagen zu machen. D.h. die Wettbewerbsvorteile der Importwaren werden dadurch größer. Und das ist das, was wir im Moment erleben.
Sein Kollege Ulrich Heinrich, Agrarpolitischer Sprecher der FDP, war der Auffassung, daß der Regulierungsbedarf in der Landwirtschaft sogar noch größer geworden ist.
Die Agrarwende ist für mich eigentlich ein Beispiel der Einmischung des Staates in wirtschaftliche Abläufe, wie ich sie eigentlich nicht haben möchte.
Heinrich ging sogar soweit, den Abbau der Agrarbürokratie zu fordern. Die Abschaffung sämtlicher Hilfen ist jedoch für Ausschußmitglied Ulrike Höfgen von den Grünen kein gangbarer Weg. Sie plädierte für eine Umschichtung der Subventionen auf Flächenprämien, gebunden an die sogenannte Modulation, die Verknüpfung von Prämienleistngen und Umweltauflagen. Um dem Verbraucher mehr Sicherheit zu geben, begrüßte sie die am 1.1. per Erlaß begonnene Einrichtung neuer Bundesinstitute für Riskobewertung und Lebensmittelsicherheit.
Daß das nötig ist, und daß gerade die Kommunikation mit den Bundesländern nötig ist. Das zeigen gerade die BSE-Testskandale jetzt. Da muß man einfach sehen, wie nötig es ist, daß Rot-Grün wie ein Höllenhund darüber wacht, daß sich nicht die alten Praktiken einschleichen. Das darf nicht sein, deshalb wird auch diese Neustruktierung mit Nachdruck vorangetrieben weiter.
Da weiß sich Ulrike Höfgen allerdings im Einklang mit der EU, die ebenfalls zu Jahresbeginn eine Verordnung für die Einrichtung einer Behörde für Lebensmittelsicherheit erlassen hat. Nach den Negativerfahrungen mit dem Ständigen Veterinärausschuß in der BSE-Krise soll diese Behörde eine Unabhängigkeit haben, die sich mit der des Europäischen Gerichtshofes vergleichen läßt, erläutert Professor Arpad Somogyi von der Generaldirektion für Gesundheit und Verbraucherschutz der EU Kommission in Brüssel:
Sehr wichtig, daß wir jetzt die wissenschaftliche Beratung, von der Entscheidung trennen. D.h. es wird nicht mehr die leiseste Versuchung bestehen können - auch wenn sowas wäre - daß in die wissenschaftliche Wahrheitsfindungen eingegriffen werden könnte. Und wir werden die Regelungen auf diesen Ratschlägen aufbauen.
Die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit will sich dabei durchaus auf die Partnerinstitute in den einzelnen Mitgliedsländern stützen. Für die beitrittswilligen Länder Osteuropas wird dies sogar zur Voraussetzung für den Beitritt gemacht, erläutert. Dr. Ferenc Bainter von der Europaabteilung des ungarischen Landwirtschaftsministeriums:
Ich kann es mit Ihnen großer Freude sagen, daß diese Gesundheitsbehörde bei uns schon gegründet wurde. Wir haben schon die entsprechende Leitung und die entsprechende Regelung in Ungarn, was wir auch nach Brüssel dann eingeleitet haben.