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Kontakt unnötig

Funktechnologie. - Das Portemonnaie des modernen Mitteleuropäers ist gut gefüllt - und zwar mit Chipkarten. Deren Hersteller treffen sich zurzeit auf dem dreitägigen Fachkongress "Omnicard" in Berlin, wo sie schon an den Nachfolgern der erfolgreichen Goldplatinen tüfteln. Ein neue, bis jetzt erst wenig bekannte und genutzte Technologie ist die sogenannte Nahfeld-Kommunikation.

Von Wolfgang Noelke |
    Die in einigen Bahnhöfen montierten kleinen blauen Tafeln, mit der Aufschrift "Touch Point" sollen kürzlich im Berliner Hauptbahnhof für Aufregung unter Personenschützern gesorgt haben, witzeln Kongressteilnehmer. Obwohl der Feldversuch der Bahn schon seit einem Jahr gestattet, eine virtuelle Fahrkarte durch einfaches Berühren dieser Tafel auf Mobiltelefone zu laden, sei NFC-Technik noch unbekannt.

    Es existieren nur wenige Mobiltelefone mit integrierten Chip, der Nahfeld-Kommunikation ermöglicht. Das Nahfeld hat eine Reichweite von nur zehn Zentimetern und gestattet eine Kommunikation im Frequenzbereich von 13 MHz. Die Gegenstelle, beispielsweise die sogenannten "Touch Points" in den Bahnhöfen, übermittelt ihre gespeicherten Informationen - und das ist das Besondere, ohne dass sie an ein digitales Netzwerk angeschlossen sein müssen oder per Kabel einer ständigen Energieversorgung benötigen:

    "Die NFC-Technik hat den großen Vorteil, wie das auch bei der Kontaktlostechnik ist - die sind sehr artverwandt, dass nur eines der Geräte die Energie liefert und der andere Teil der Kommunikation kann vollkommen batteriefrei sein der bekommt die Energie von dem zweiten Gerät und damit kann eine Kommunikation erreicht werden."

    Michael Hegenbarth von der Bundesdruckerei leitet die, mittlerweile 150 Mitglieder starke internationale Forschungs- und Entwicklungsgruppe für kontaktlose Technologie, in der er weitaus mehr Möglichkeiten sieht, als nur die Übermittlung einer fälschungssicheren digitalen Fahrkarte, die am Abfahrtsort per Funk aktiviert - und am Zielort - wieder durch Berühren des sogenannten Touch Points mit Handy, deaktiviert und abgerechnet wird. Hegenbarth:

    "Das ist eine der Möglichkeiten von NFC. Ich kann ein Plakat vor mir haben und dann gibt es einen Punkt auf dem Plakat, der darauf hinweist, ich kann mit meinem Mobiltelefon, welches NFC-fähig ist einfach herangehen, in die Nähe dieses Punktes und dann kann ich einen Coupon zum Beispiel elektronisch laden - über die Luft geht das - und mit diesem Coupon kann ich bestimmte Nutznießungen erreichen, zum Beispiel, dass ich einen bestimmten Rabatt bekomme, in den Kinos, wenn es zum Beispiel ein Filmplakat ist oder Theater. Auf dem Display des Handys ist auch die Bestätigung zu sehen. Also jetzt ist dieser Coupon auf dem Gerät geladen, mit vielleicht zusätzlichen Erläuterungen: Bitte, dieser Coupon ist nur zwei Wochen gültig - gehen Sie doch einfach nur in das nächste Kino, das diesen Film bringt und dann bekommen Sie entsprechend Rabatt."

    Jenseits neuer Werbeformen soll Nahfeld-Kommunikation aber auch eine zeitsparende und trotzdem sichere Identifizierung ermöglichen - besonders für Inhaber des künftigen digitalen Personalausweises:

    "Ich meine, dass aufgrund der Fragen, die auch heute auf der Omnicard gekommen sind, es sinnvoll ist, dass man einen künftigen Personalausweis, aber auch Dienstausweise, die kontaktlos arbeiten, dass die in der Lage sein werden, mit einem solchen NFC-Gerät gelesen werden zu können. Denn man stelle sich vor: Man braucht ja dann nicht unbedingt einen Kontaktlos-Leser mit dem PC verbunden zu haben, sondern es kann genauso gut ein Mobiltelefon sein, welches über Bluetooth die normale Verbindung hat und mit der Verbindung vom Ausweis zum Mobiltelefon, nämlich über NFC ist die Brücke geschlossen und ich kann auch Internet-Anwendungen machen, über diese Möglichkeit."

    Die internationale Standard Organisation ISO hat unter dem Begriff 14443 zwar schon einen weltweiten Standard für den Pässe, aber keinen für NFC:

    "Wichtig ist erstmal, dass die Basis funktioniert, dass wenigstens die grundlegende Datenkommunikation stattfinden kann. Das basiert natürlich auf Normen und wenn die Normen nicht zusammenarbeiten können, dann haben wir ein Problem: Momentan ist es so, dass NFC keinen Garant dafür liefert, dass es 14443-kompatibel ist. 14443 ist der Basisstandard für die elektronischen Ausweise. Und mein Ziel wäre hier aufgrund auch meiner internationalen Rolle als Chairman dieser Arbeitsgruppe im Kontaktlos-Bereich, dass hier eine Harmonisierung zwischen NFC und diesem 14443 Standard stattfindet. Die politischen Weichenstellungen sind getan. Jetzt kommt es darauf an, dass die Industrie mitzieht, speziell das NFC-Forum und diese Harmonisierung noch durchführt."