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`Kontrolle bei der Arbeitsvermittlung durch einen Dritten ist nötig`

    Engels: Wie effizient werden in Deutschland Arbeitsplätze vermittelt? Diese Frage wird seit der Stichprobe des Bundesrechnungshofes heiß diskutiert. Die Prüfer hatten in fünf Arbeitsämtern festgestellt, dass diese nicht wie behauptet jeden zweiten, sondern nur jeden fünften Arbeitslosen vermittelten. Wir wollen nun jemanden fragen, der Erfahrungen im Vergleich zwischen privaten Jobvermittlern und den Arbeitsämtern gemacht hat. Am Telefon begrüße ich Helmut Hartmann. Er ist Geschäftsführer der Firma Consult, die unter anderem Arbeits- und Sozialämter berät, um deren Vermittlung zu verbessern. Guten Tag Herr Hartmann.

    Harmann: Schönen guten Tag.

    Engels: Herr Hartman, wie sind denn Ihre Erfahrungen mit den Vermittlungsleistungen der Arbeitsämter?

    Harmann: Ich denke, man muss zwischen Vermittlung und Vermittlung unterscheiden: Es ist ein Unterschied, ob ich eine freie Stelle in einer Datenbank habe, und ein Arbeitsloser findet diese freie Stelle, bewirbt sich und bekommt den Job, oder ob jemand einen Langzeitarbeitslosen intensiv berät, betreut, qualifiziert, mit zum Weg zum Arbeitsplatz begleitet und vielleicht später dem Arbeitsgeber noch mit Serviceleistungen zur Verfügung steht. Das sind zwei unterschiedliche Qualitäten, und die muss man auseinander halten, wenn man von Vermittlung spricht.

    Engels: Wenn man von Vermittlung spricht, dann ist das bis jetzt ja nur eine Begrifflichkeit, d.h. man könnte diesen Begriff neu definieren. Schauen wir aber weiter: Mit dieser Stichprobe sind ja offenbar jetzt doch erhebliche Mängel zu Tag getreten. Was können die Arbeitsämter leisten und was nicht?

    Harmann: Eine Tatsache ist, dass in der Regel in den Arbeitsämtern ein Vermittler 700 bis 800 oder manchmal auch noch mehr Arbeitslose in seiner Kartei hat. Die kann er nicht mehr persönlich kennen. Hier kann er nicht mehr persönlich auf die Schwierigkeiten und Probleme und Bedürfnisse eingehen, d.h. er ist gezwungen, diese zum großen Teil praktisch nur zu verwalten. Private Arbeitsvermittler arbeiten mit anderen Quoten und anderen Relationen und kümmern sich intensiver um die Fälle. Das ist ein Unterschied, den man berücksichtigen muss.

    Engels: Von den Kritikern der privaten Vermittler wird ja bemängelt, dass solche Firmen sich nur um hochqualifizierte kümmern würden und die schwer Vermittelbaren den Arbeitsämtern überlassen würden. Deckt sich das mit Ihren Erfahrungen?

    Harmann: Das ist völlig unverständlich, weil die privaten Arbeitsvermittler ja nur von Arbeits- oder Sozialämtern Arbeitslose bekommen können. Wenn Sie oder ich arbeitslos sind und wir wollen einen privaten Vermittler einschalten und den auch selber bezahlen, das ist in Deutschland gesetzlich verboten und darf überhaupt nicht sein. Das heißt also, jedes Mal wenn ein privater Arbeitsvermittler, insbesondere im Bereich der Langzeitarbeitslosen einen Vermittlungsauftrag bekommt, dann ist dieser Arbeitslose vorher von den Ämtern ausgesucht und dort hingeschickt worden. Man hört von einigen privaten Arbeitsvermittlern die Kritik, dass manche Arbeitsämter gerade die besonders schwierigen Fälle oder manchmal auch hoffnungslosen Fälle zu den privaten Vermittlern schicken und die leichten Fälle bei sich behalten, weil das einfacher und für die Statistik besser ist. Der Vorwurf ist schwer beweisbar, aber es zeigt natürlich hier auch einen Interessenkonflikt, an den man sehr grundsätzlich herangeht.

    Engels: Gehen wir auf mögliche Reformkonzepte ein: Die Arbeitgeber haben ja u.a. vorgeschlagen, dass eben die privaten Vermittler schon ab dem ersten Tag tätig sein dürfen oder eben auch die Abschaffung der Landesämter. Sind das zwei Schritte, die Sie teilen würden?

    Harmann: Ich denke, es geht in die richtige Richtung. Entscheidend ist aber, dass Arbeitsvermittler - ob das nun privat oder öffentlich ist - unter Bedingungen arbeiten, die anders sind als dass in den Arbeitsamtstrukturen derzeit möglich ist, jedenfalls wenn es um Langzeitarbeitslose geht. Wohlgemerkt geht es wieder um den anderen Begriff von Vermittlung. Ich spreche von den schwierigen Fällen, von denjenigen, die länger arbeitslos sind und viel Unterstützung brauchen. Außerdem denke ich, dass es ganz wichtig ist, dass eine andere Instanz als derjenige, der selbst vermittelt, die auch kontrolliert. Das heißt, ein Arbeitsamt, das vermittelt und selbst auch kontrolliert - das hat der Vorfall der letzten Woche ja gezeigt - das kann nicht gut gehen. Wir brauchen hier sozusagen eine Kontrolle durch einen Dritten, d.h. eine Trennung zwischen demjenigen, der kontrolliert und demjenigen, der die Vermittlung ausführt.

    Engels: Was halten Sie von dem Vorschlag, generell die staatliche Arbeitsvermittlung abzuschaffen?

    Harmann: Was ja schon abgeschafft ist, ist ein staatliches Monopol. Wenn das so ist und wenn wir schon private Vermittler haben - die Bundesanstalt hat selber auch ein Programm für private Arbeitsvermittler schon vor ein paar Jahren gestartet -, dann brauchen wir einen ordentlich organisierten Wettbewerb. Nur derjenige Arbeitsvermittler darf auf dem Markt bleiben - ob öffentlich oder privat ist eigentlich egal -, der wirklich gute Qualität mit guten Ergebnissen verbindet. Diese Ergebnisse müssen dann durch einen Dritten kontrolliert werden. Das muss das Prinzip sein und damit brauchen wir auf jeden Fall Wettbewerbsstrukturen und nicht behördliche Strukturen.

    Engels: Haben Sie Zahlen, die möglicherweise einen Vergleich zwischen privaten und öffentlichen Vermittlern handfest belegen könnten?

    Harmann: Das ist eben sehr schwierig, weil, wie wir ja wissen, die Arbeitsämtervermittlung anders zählen - auch notgedrungen, das ist kein Vorwurf und ich will jetzt gar nicht auf die statistischen Probleme im Detail eingehen - und private Arbeitsvermittler, die sich mit Langzeitarbeitslosen befassen, eine andere Form von Vermittlung vornehmen. Ich denke, das muss man trennen. Zwischen den privaten Arbeitsvermittlern gibt es genauso gut gute wie auch schlechte, und auch hier geht es darum, die besten herauszufiltern, denn die lösen unser Problem, und sich von denjenigen, die keine guten Leistungen erbringen, zu trennen. Das kann aber nur einer machen, der nicht selber die Vermittlung durchführt, also keine Interessenkollision hat und für sich selber die Rosinen herauspickt.

    Engels: Wer sollte da als Kontrollgremium tätig sein?

    Harmann: Man könnte sagen, die Bundesanstalt, also eine öffentliche Behörde, sollte Kontrollgremium sein, d.h. aber in der Konsequenz, dass sie keine Arbeitsvermittlung selbst durchführen darf, sondern nur durch Dritte, oder aber, wie das in den Niederlanden passiert, der Arbeitsvermittlungsteil der öffentlichen Arbeitsämter wird ausgelagert, heraus organisiert, also organisatorisch getrennt, was auch eine Möglichkeit ist. Es geht also nicht nur um privat oder öffentlich, sondern um die Trennung zwischen dem, der kontrolliert, und demjenigen, der die Vermittlung ausführt.

    Engels: Das war Helmut Hartmann, Geschäftsführer der Firma Consult, der in der Vermittlung oder in der Beratung von Arbeits- und Sozialämtern tätig ist. Vielen Dank für das Gespräch.