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Kontroversen um den Fiskalpakt

Im Streit über den Euro-Fiskalpakt nimmt der Druck auf die Bundeskanzlerin zu. Im linken SPD-Flügel wurden Forderungen laut, das Abkommen zur strikten Haushaltskonsolidierung noch einmal zu öffnen. Merkel kündigte Gespräche mit der Opposition an, betonte aber, der Fiskalpakt stehe nicht zur Disposition.

Von Theo Geers | 07.05.2012
    Klartext redete heute in Berlin vor allem Klaus Regling. Dabei wollte der Chef des Eurorettungsschirms EFSF eigentlich nicht spekulieren. Doch gefragt, was passiere, sollte nach den gestrigen Wahlen eine neue Regierung Griechenland irgendwann doch aus der Eurozone herausführen, malte Regling vor dem Haushaltsausschuss dieses Szenario aus:

    "Griechenland käme in eine katastrophale politische und wirtschaftliche Lage, die Banken müssen geschlossen werden, es würde einen Bank-Run geben, es würde Kapitalverkehrskontrollen geben. Falls eine neue griechische Währung eingeführt wird, müsste diese massiv abgewertet werden, das würde bedeuten, dass Griechenland seine Schulden nicht mehr bedienen kann."
    Anders die Stimmung bei Steffen Kampeter, dem parlamentarischen Staatssekretär im Bundesfinanzministerium. Bei ihm sind die Sorgen seit gestern nicht gewachsen:

    "Wir gehen davon aus, dass jedem in der griechischen und europäischen Politik bewusst ist, dass es zu Fortsetzung der Konsolidierungspolitik keine von den Märkten und den Realitäten akzeptierte Alternative gibt."

    Die Bundesregierung will deshalb an ihrer Antikrisenstrategie festhalten. Das heißt: Der Rettungsfonds ESM und der Fiskalpakt sollen unverändert noch vor dem Sommerpause vom Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden – und das müsse auch die Opposition mittragen, deren Stimmen die Bundesregierung in diesem Fall braucht.

    "Wer jetzt nein zum Fiskalpakt sagt, sagt ja zu mehr Schulden in allen europäischen Ländern,"

    so Steffen Kampeter an die Adresse von SPD und Grünen.

    Im Haushaltsausschuss hatten beide Parteien darauf verwiesen, dass die Auswirkungen des Fiskalvertrages auf Deutschland völlig unklar seien. Außerdem mache es nach dem Wahlsieg Hollandes, der den Fiskalpakt nach verhandeln möchte, kaum noch Sinn, hier in Deutschland die Verabschiedung des ESM und des Fiskalpakts im Bundestag weiter voran zu treiben. Doch auch das ließ Kampeter nicht gelten:

    "Wenn wir Zweifel am Fiskalpakt aufkommen lassen, dann klatschen sich doch Schuldenmacher in ganz Europa auf die Schenkel, und das kann nicht im nationalen Interesse und der Steuerzahler sein."

    Der Fiskalpakt stehe deshalb nicht zur Disposition, betont auch Kanzlerin Angela Merkel. Bestärkt fühlt sich die Bundesregierung auch durch die Mehrheit der Sachverständigen, die heute vom Haushaltsausschuss geladen waren. Bis auf der Wirtschaftsweisen Peter Bofinger, der Merkels Krisenstrategie für gescheitert hält, wollte im Kern niemand an dem Doppelpack aus ESM und Fiskalpakt rütteln. Auch Klaus Regling warnte vor Verzögerungen bei der Ratifizierung. Diese würden negativ auf die Märkte wirken, mit dem Maßnahmenbündel werde die Währungsunion hingegen besser funktionieren als vor der Krise.