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Konzerne geben sich familienfreundlich

Die Bundesregierung wirbt für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Vertreter der deutschen Wirtschaft sind der Meinung, dass man in den Unternehmen hier schon einiges erreicht habe. Einen Rechtsanspruch auf Rückkehr in die Vollzeit lehnen sie ab.

Von Verena Herb | 12.03.2013
    Im Zentrum des Familiengipfels steht die Zeit – das machte auch Bundeskanzlerin Angela Merkel vor gut einer Stunde deutlich:

    "Familie und Zeit. Familienzeit, Zeit für die Familie. Das ist etwas, was ganz wesentlich den Wünschen der Familien entspricht."

    Und die Bundesregierung will dazu beitragen, dass mit dem knappen Gut Zeit familienfreundlicher umgegangen werden kann. Bereits vor zwei Jahren haben Bundesfamilienministerin Kristina Schröder, die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft und der Deutsche Gewerkschaftsbund eine Charta für familienbewusste Arbeitszeiten unterzeichnet. Und zeige schon erste Erfolge, so die Bundesfamilienministerin. Das findet auch Hans Heinrich Driftmann, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages:

    "Tatsächlich hat sich auch in den Unternehmen einiges getan. Je nachdem, in welcher Gegend sich das Geschäft abspielt. Ist auch abhängig von der jeweiligen Branche. Behaupte nicht, dass das ein einfaches Thema ist. Aber es ist ein Thema, in dem sich etwas bewegt. Und das als positive Problemstellung auch zur Kenntnis genommen wird."

    Auch Dieter Hundt, Präsident der Bundesvereinigung deutscher Arbeitgeberverbände, BDA zieht eine positive Bilanz:

    "Wir kommen auf diesem Weg deutlich voran. Und dieses nicht so sehr aufgrund von Zwängen durch die Politik. Sondern im ureigensten Interesse. Wir sind uns der Bedeutung von Familienbewussten Arbeitszeiten in den Unternehmen sehr, sehr bewusst. Weil dieses ein ganz wesentlicher Baustein dafür ist, in der Zukunft unseren zunehmenden Fachkräftebedarf ordentlich abzudecken."
    Außerdem sei familienfreundliches Arbeiten auch durchaus ein Wettbewerbsfaktor zwischen den Unternehmen im Bemühen um qualifizierte Arbeitskräfte, so Dieter Hundt. Auch wenn sich die Wirtschaft in diesem Fall einig ist mit der Politik, bei einem Thema stellen sich die Arbeitgebervertreter jedoch quer: Beim von der Bundesfamilienministerin geforderten Rechtsanspruch: Kristina Schröder:

    "Der Schritt von der Vollzeit in die Teilzeit darf keine Einbahnstraße sein. Und deshalb werde ich mich dafür einsetzen, dass es einen Rechtsanspruch gibt. Von der Teilzeit wieder in die Vollzeit zu wechseln."

    Das sehen die Vertreter der Wirtschaft, allen voran der BDA vollkommen anders: Weitere gesetzliche Reglementierungen durch einen neuen Anspruch auf Vollzeit für Teilzeitbeschäftigte seien überflüssig. Bereits heute hätten Teilzeitbeschäftigte das Recht, am Ende der Elternzeit wieder in Vollzeit zu wechseln. Nach Erhebungen des BDA wolle zudem nur jeder fünfte Teilzeitbeschäftigte tatsächlich länger arbeiten. Der häufigste Grund, dies nicht zu tun seien zudem die fehlenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung. Da müsse weiterhin angesetzt werden.
    Ein Argument, das die Politik sicherlich nicht abstreitet. Dennoch plädieren Politiker auch über Parteigrenzen hinweg für einen Rechtsanspruch auf Rückkehr in einen Vollzeitjob: SPD, Grüne und Vertreter von CDU-CSU sind dafür. Allein die Liberalen lehnen ihn strikt ab und sind auf Linie mit den Wirtschaftsverbänden. Die Konsequenz liegt auf der Hand: In dieser Legislaturperiode wird Familienministerin Schröder das Vorhaben gegen ihren Koalitionspartner nicht mehr umsetzen.

    Wohl auch deshalb gilt der Familiengipfel für die Opposition als reine Showveranstaltung. So erklärte Manuela Schwesig, SPD-Arbeitsministerin aus Mecklenburg-Vorpommern heute morgen im Deutschlandfunk:

    "Jahrelang hat die Kanzlerin die Familien allein gelassen und nichts getan um ihre Situation zu verbessern. Im Gegenteil. Es wurde ja zum Beispiel gekürzt, beim Elterngeld und jetzt – ein paar Monate vor der Wahl – hält Frau Merkel plötzlich Grundsatzreden über Dinge, um die sie sich bislang nicht geschert hat. Das ist unglaubwürdig."

    Aber es ist eben Wahlkampf. Und für die bürgerliche Mitte, um die die großen Parteien buhlen, da spielt die Vereinbarkeit von Familie und Beruf eben eine große Rolle.